Kritik an "Schulverbot" für Flüchtlinge zeigt Wirkung

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit 15 Jahren ist für Flüchtlinge Schluss mit dem Besuch von Pflichtschulen.
Das Bildungsressort prüft nun eine Gesetzesänderung für außerordentliche Schüler.

Linz/Wien. Dass Flüchtlinge, die älter als 15 Jahre sind, an den Pflichtschulen kein freiwilliges zehntes Schuljahr absolvieren dürfen, sorgt für heftige Reaktionen. Mehr als 4000 E-Mails mit dem Titel „Lassen Sie jugendliche Flüchtlinge weiter in die Schule gehen, Frau Ministerin“ wurden im Rahmen einer Onlinekampagne bis gestern Nachmittag an Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) verschickt.

Viele dieser Schüler hätten sich seit Wochen vorbereitet und auf die Schule gefreut, sagte der grüne oberösterreichische Asyllandesrat Rudi Anschober. Die Volkshilfe kritisierte ein solches „Schulverbot“ als „dumm und kurzsichtig“.

Der Hintergrund: 126 jugendliche Flüchtlinge haben in Oberösterreich wenige Tage vor Schulbeginn die Nachricht bekommen, dass sie doch kein zehntes Schuljahr an Neuen Mittelschulen oder Polytechnischen Schulen absolvieren dürfen („Die Presse“ berichtete). Aus Linz hieß es, das Ministerium habe die Länder im August informiert, dass das nicht möglich sei.

Im Bildungsressort zeigt man Verständnis für die Situation der jungen Flüchtlinge – und Unverständnis für Oberösterreich. „Dass die Flüchtlinge das erst drei Tage vor Schulstart erfahren haben, ist nicht begreiflich“, heißt es aus Hammerschmids Büro. Es handle sich nicht um eine neue Regelung, sondern um eine lange bestehende Rechtsgrundlage. Laut dem Gesetz dürfen Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind, an allgemeinbildenden Pflichtschulen nicht als außerordentliche Schüler aufgenommen werden.

Ähnliches hat schon vor rund einem Dreivierteljahr für Wirbel gesorgt: Damals musste die Steiermark damit aufhören, Jugendliche über 15 Jahre an Polys aufzunehmen. Aus Oberösterreich heißt es, man sei davon ausgegangen, dass zumindest jene Jugendlichen, die als schulpflichtige Schüler schon das neunte Schuljahr an der entsprechenden Schule absolviert haben, noch ein Jahr anhängen dürften.

Die Bedingungen für das freiwillige zehnte Schuljahr würden aber in einem Erlass aus dem Jahr 2003 erläutert, heißt es aus dem Bildungsressort. Dieses Jahr diene dazu, dass die Schüler einen positiven Pflichtschulabschluss erreichen. Außerordentliche Schüler haben aber diesen Status, weil sie nicht gut genug Deutsch sprechen, um dem Unterricht zu folgen. Ein Abschluss ist also nicht sehr wahrscheinlich.

Lehrgänge ab November

Nachdem das Bildungsministerium zunächst auf die Lehrgänge verwies, die ab November für nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge starten, könnte sich jetzt doch mehr tun: Man prüfe, ob man das Gesetz ändern könne, hieß es gestern Nachmittag. Dann könnte vielleicht auch die Steiermark zu ihrer Praxis zurückkehren und nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge an Polys aufnehmen. Sei es für ein neuntes oder für ein zehntes Schuljahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2016)

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