Schulautonomie: Was Schulen jetzt schon dürfen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Ein Mythos ist etwa die Ansicht, dass die Schule in Österreich um 8.00 Uhr beginnen muss. Auch neue Fächer dürfen die Schulen selbst einführen.

Mit dem Schulautonomie-Paket legt die Regierung am Dienstag ein weiteres Puzzlestück zur Bildungsreform vor. Bei genauerem Hinsehen dürfen Schulen durchaus jetzt schon vor allem in pädagogischen und Lehrplanangelegenheiten einiges selbst regeln - was aber wiederum durch mangelnde Budgetautonomie de facto eingeschränkt wird.

Ein Mythos ist etwa die Ansicht, dass die Schule in Österreich um 8.00 Uhr beginnen muss. Im Schulzeitgesetz ist lediglich geregelt, dass "der Unterricht im Regelfall nicht vor 08.00 Uhr beginnen darf". Einen späteren Beginn kann sich die Schule jederzeit verordnen, einen früheren dann, "wenn dies mit Rücksicht auf Fahrschüler oder aus anderen wichtigen Gründen, die durch die Stundenplangestaltung nicht beseitigt werden können, notwendig ist". Grenze ist aber 07.00 Uhr. Aufzuhören hat der Unterricht spätestens um 18.00 Uhr, ab der neunten Schulstufe um 19.00 Uhr.

Schulen können neue Fächer einführen

Bei der Verteilung der Gesamt-Unterrichtsstunden pro Woche hat der Direktor einige Gestaltungsmöglichkeiten: Er muss diese möglichst gleichmäßig auf die einzelnen Tage aufteilen, wobei in den Lehrplänen "pädagogisch zweckmäßige Blockungen und darüber hinausgehend schulautonome Gestaltungsmöglichkeiten" vorgesehen sein müssen.

Auch in Sachen Lehrplan können die Schulen einiges selbst regeln: Innerhalb eines bestimmten Rahmens können Schulen die Stundenzahlen für Unterrichtsfächer verändern, neue Pflichtgegenstände, unverbindliche Übungen oder Freigegenstände einführen sowie Förderunterricht einrichten. Je nach Schultyp beträgt das Ausmaß dieser Teil-Autonomie fünf bis zehn Prozent der Gesamtstundenzahl. Ebenfalls verändert werden können die Klassen- und Gruppengrößen durch neue Eröffnungs- und Teilungszahlen - allerdings nur unter Wahrung der Kostenneutralität.

Schulforum entscheidet über Benotung

Wenn von der "Schule" die Rede ist, heißt das im Regelfall, dass die Schulpartner - also Eltern, Lehrer und (zum Teil auch) Schüler - in Gremien wie dem Schulgemeinschaftsausschuss oder dem Schulforum die Entscheidung treffen.

Das Schulforum entscheidet auch über die Form der Leistungsbeurteilung in den ersten drei Klassen Volksschule - also ob es Ziffernnoten gibt oder alternative Beurteilungsformen. Außerdem können die Schulpartner (bei Schulen, für die kein Sprengel besteht) zusätzliche Reihungskriterien für die Aufnahme von Schülern festlegen.

Geld durch Vermietung der Turnsäle

Im Budgetbereich dürfen Bundesschulen durch die Vermietung ihrer Räumlichkeiten (etwa Turnsäle) oder durch die Einwerbung anderer Geldmittel wie Sponsoring oder Werbung Einnahmen lukrieren. Diese können sie dann für schulische Zwecke verwenden. Pflichtschulen müssen das Ausmaß ihrer Budgethoheit mit ihrem Erhalter (Gemeinde bzw. Land) vereinbaren. Kaum Autonomie gibt es dagegen im Personalbereich: Lediglich bei der Direktorenbestellung dürfen die Schulpartner zumindest eine Stellungnahme abgeben.

Die Schulen nutzen diese Möglichkeiten übrigens durchaus, zeigte zuletzt eine Aufstellung im Nationalen Bildungsbericht 2009: Über 90 Prozent der Hauptschulen, AHS und berufsbildenden Schulen setzten auf Lehrplanautonomie.

Oft wird Informatik autonom eingeführt

Meistgesetzter Schwerpunkt ist dabei der IKT-Bereich. So wurde etwa an Hauptschulen oft ein Fach Informatik oder Soziales Lernen geschaffen bzw. eine zusätzliche Fremdsprache eingeführt. An den AHS konzentrierte man sich vor allem auf den Fremdsprachen- und Naturwissenschaftsbereich.

Fast alle Bundesschulen nutzen ihre Möglichkeiten bei der finanziellen Autonomie. Gleichzeitig wirkt die eher geringe Budgetautonomie als Hemmnis bei der Umsetzung anderer Autonomieschritte: Bei der Möglichkeit der schulautonomen Festsetzung neuer Eröffnungs- oder Teilungszahlen für Klassen stehen aufgrund mangelnder Ressourcen kaum Spielräume zur Verfügung, konstatierten die Bildungsforscher.

Schulautonome Tage

In der Öffentlichkeit bekanntester Teil der Schulautonomie sind die Bestimmungen über die schulautonomen Tage: Hier können jedes Unterrichtsjahr vier (Pflichtschulen) bzw. fünf Tage "aus Anlässen des schulischen oder sonstigen öffentlichen Lebens" für schulfrei erklärt werden - wobei mittlerweile zwei dieser Tage aber bundesländerweise doch wieder zentral festgelegt werden. Diese Möglichkeit nutzen übrigens alle Schulen.

Im internationalen Vergleich ist die Autonomie der Schulen in Österreich verhältnismäßig gering ausgeprägt. Das zeigt die OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" (2012). Demnach werden hierzulande 31 Prozent der Entscheidungen im Schulwesen auf Schulebene getroffen - im OECD-Vergleich sind es 41 Prozent und in der EU 46 Prozent. Allerdings ging der Trend OECD-weit zuletzt eher in Richtung Zentralisierung, wie ein Vergleich mit den entsprechenden Daten des Jahres 2003 zeigte.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schule

Reform: Eltern, Lehrer und Schüler kündigen Widerstand an

Die Schulpartner legen nach: Das Schulautonomiepaket sei eine "Entmündigung". Mühsam erkämpfte Mitbestimmung werde nun zur Farce.
Schule

Vorerst einhellige Zustimmung aus den Ländern

Die Bundesländer sind mit dem Schulautonomiepaket zufrieden. Es komme aber auf die konkreten Gesetzestexte an.
Schule

Schulautonomie: "Die Eltern und Schüler vor Ort werden entmachtet"

Eltern, Lehrer und Schüler kritisieren, dass Schulleiter über Klassen- und Gruppengröße entscheiden sollen. Sie beklagen, dass sie die Mitsprache verlieren und fürchten ein Sparpaket.
Schule

Schule: Direktor bekommt freie Hand bei Klassengröße

Wie viele Schüler in einer Klasse sitzen, wie lang die Einheiten dauern, welche Lehrer an die Schule kommen: All das soll der Direktor entscheiden. Für bis zu acht Schulen. Bei finanzieller Autonomie tut sich nicht viel.
Leitartikel

Es braucht nun nur noch mehr lei(s)tungswillige Schuldirektoren

Schulleiter sollen künftig mehr Macht bekommen. Das braucht Managementqualitäten. Derzeit sind sie aber noch mehr Verwalter als Gestalter.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.