Wertekompass: Gesetze reflektieren statt Gedichte lernen

(c) Michaela Seidler
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An Schulen und Kindergärten in Oberösterreich werden künftig österreichische Werte vermittelt. Die Materialien stehen nun bereit, um Brauchtum und Gedichte geht es nicht.

Vor fünf Monaten verschickte Oberösterreich den Wertekompass für Schulen und Kindergärten als Orientierungsrahmen. Nun sind die Unterrichtsmaterialien fertig, mit denen hierzu gearbeitet werden kann. Der stellvertretende Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) präsentierte sie am Montag. Und betonte, dass es "nicht darum geht deutsche Gedichte auswendig zu lernen". Das hatte etwa die FPÖ in Wels intendiert, wie "Die Presse" berichtete.

Es gibt sieben Themengebiete, die in den Materialen behandelt werden: Humanistisches Menschenbild, Gleichberechtigung aller Menschen vor dem Gesetz, persönliche Freiheit und Verantwortung, Mündigkeit und Demokratie, Rechtssicherheit und Rechtsstaat, Bildungsbereitschaft und kulturelle Begegnung sowie Mensch und Natur. Die Materialien werden mit der Zeit noch ausgebaut und können online heruntergeladen werden.

Wer darf die Schaukel wann benützen?

Federführend hat der ehemalige Direktor des Linzer Peuerbach Gymnasiums, Christian Schacherreiter, die nun fertiggestellten Module ausgearbeitet. Diese wurden den jeweiligen Altersgruppen der Kinder entsprechend angepasst. Im Kindergarten soll vor allem der "offene Dialog" gefördert werden.

In der Volksschule geht es etwa beim Punkt "Gerechtigkeit für Groß und Klein" darum, den Jüngsten über Spielregeln dieses Thema näherzubringen. So sollen sie etwa gemeinsam Regeln für die Benützung von Schaukeln am Spielplatz finden.

Oder es gibt einen Bericht einer Richterin, in dem sie über ihren Beruf informiert. Und in den Sekundarstufen I und II (Unter- und Oberstufe) kommt die "geschichtliche Komponente für unseren Rechtsstaat" hinzu, erläuterte Schacherreiter. So wird verdeutlicht, dass "ein demokratischer Rechtsstaat nicht mit der Scharia in Einklang zu bringen ist".

Klassen und Gruppen immer vielfältiger

Die Notwendigkeit, diesen Leitfaden samt Unterrichtsmaterialien zur Wertevermittlung Lehrern und Kindergärtnerinnen an die Hand zu geben, erklärte Stelzer damit, dass die Klassen und Gruppen immer vielfältiger werden. Diesen unterschiedlichen Nationalitäten müsse auch im Unterricht Rechnung getragen werden. Konkret sind mit diesem Schuljahr in Oberösterreich 2150 Flüchtlingskinder in die Pflichtschulen gekommen, mit knapp 700 rechnet Stelzer im Kindergarten, dort laufen jedoch derzeit noch die Erhebungen.

Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer meinte in der Pressekonferenz, dass dieser Wertekompass "keine Einbahnstraße" sei. Er sei keineswegs nur als Integrationsmaßnahme gedacht, sondern sehr wohl auch für die österreichischen Kinder. Als Gegenstände bieten sich Geschichte, Religion/Ethik, Staatsbürgerschaftskunde oder Psychologie/Philosophie an. Allerdings bleibe es den Pädagogen überlassen, ob und wie sie die jeweiligen Module in ihren Lehrplan einarbeiten. Eine Verpflichtung gebe es nicht.

(APA/Red.)

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