Schulfach Werken entstand aus Wirtschaftskrisen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Gestaltung der Schule spiegelt die gesellschaftlichen Erwartungen wider, wie eine Schweizer Studie zeigt. Der wirtschaftliche Nutzen der Fächer wurde groß geschrieben.

Turnen wurde aus militärischen Gründen Bestandteil des Stundenplans, Werken wegen Wirtschaftskrisen und das Lernen von Fremdsprachen aus ökonomischen Überlegungen: Eine Schweizer Studie zeigt, dass die Gestaltung der Schule der vergangenen 150 Jahre ein Abbild gesellschaftlicher Erwartungen darstellt.

Die Schule sei eine gesellschaftliche Problemlöseagentur gewesen, die sich je nach historischem Kontext veränderte, schreibt der Schweizerische Nationalfonds (SNF), der das Projekt unterstützt hat. Im Projekt wurde erstmals die inhaltlichen Entwicklung der Schule über die Landesteile vergleichend untersucht. Dafür haben die Forschenden Inhalte von Lehrmitteln, Schulbüchern und Lehrplänen von zehn Kantonen der vergangenen 150 Jahre rekonstruiert und analysiert.

Die Analyse zeigt, dass beispielsweise der wirtschaftliche Nutzen lange das dominierende Argument für die Einführung einer Fremd- respektive Landessprache war. Erst viel später sei der nationalpolitische Gedanke dazu gekommen.

Weiter zeigt die Studie, dass das Fach Geschichte erst in den 1960er-Jahre zu einem kritisch-reflexiven Unterricht wurde, der auf politische Mündigkeit und Teilhabe zielte. Zu einem eigenständigen Schulfach hat es die politische Bildung nur im Tessin vorübergehend geschafft, wenngleich dies seit den 1870er Jahre immer wieder gefordert wurde.

Fächerliste dseit dem 19. Jahrhundert relativ stabil

Der Aufschwung der Wissenschaften im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte einen großen Einfluss darauf, welche Fächer gelehrt wurden. "Mit ihren Erkenntnissen kam im 19. und 20. Jahrhundert neues Wissen in die Schule", wird Lucien Criblez, Gesamtleiter des Projekts, in der Mitteilung zitiert.

Die Fächerliste der Volksschule blieb seit dem 19. Jahrhundert relativ stabil. Erst in den 1970er-Jahren kam es wieder zu substanziellen Veränderungen, da sich zwischen 1960 und 1980 die Bezüge zur Wissenschaft erneut verstärkt haben. Zu den Schulfächern wie Germanistik, Romanistik oder Mathematik kamen neu Sozialwissenschaften wie Erziehungswissenschaften und Psychologie hinzu.

Dadurch veränderten sich auch die Akteure, die Einfluss auf die Lehrpläne nehmen konnten: Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten Lehrerverbände, Seminardirektoren und Schulinspektoren das Sagen. Ab den 1970er-Jahre nahm der Einfluss von wissenschaftlichen Experten auf die Schulinhalte zu, wie die Studie zeigte.

An der Forschung waren rund 25 Forschende aus den Universitäten Genf und Zürich sowie den Pädagogischen Hochschulen der Fachhochschulen Nordwestschweiz, Zürich und Tessin beteiligt.

(APA/sda)

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