„Digitale Bildung“ soll als verbindliche Übung eingeführt und digitales Wissen der Schüler getestet werden. In den Schulen soll es bald WLAN geben. Auf Tablets heißt es doch noch warten.
Wien. Auf dem Tablet sind zwei sprechende Socken zu sehen. Sie reden Englisch – und zwar mit den Stimmen der Zweitklässlerinnen Abigail und Ruby. Die beiden Schülerinnen der Neuen Mittelschule (NMS) Koppstraße im 16. Wiener Gemeindebezirk üben so, also mithilfe der sprechenden Socken, die am Tablet zu sehen sind, englische Dialoge.
So sieht moderner Unterricht nach dem Geschmack von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ), die für Fotos hinter den beiden Mädchen posiert, aus. Nicht umsonst hat die Ministerin die NMS Koppstraße als Ort für die Präsentation ihrer Digitalisierungsstrategie Schule 4.0 gewählt. Bereits ab Herbst dieses Jahres soll sich in den Schulen einiges ändern. Ein Überblick.
► Sammelpass in Volksschule. Starten soll die Offensive in der Volksschule. Hier werden sich die Kinder (vor allem in der dritten und vierten Klasse) spielerisch mit Technik und Problemlösung beschäftigen. Das Ministerium hat einen Sammelpass erstellt. Damit sollen Lehrer die erworbenen Kompetenzen dokumentieren. Im allgemeinen Teil der Lehrpläne wurde die digitale Grundbildung bereits verankert. Das wird nun auch in den einzelnen Fächern (Deutsch, Mathematik etc.) passieren.
► Zwei bis vier Wochenstunden. In der Sekundarstufe I, also von der fünften bis zur achten Schulstufe, wird eine verbindliche Übung mit dem Namen „Digitale Grundbildung“ eingeführt. Dort sollen Grundkenntnisse der Informatik wie auch ein kritischer Umgang mit sozialen Netzwerken erlernt werden. Zwei bis vier Wochenstunden soll diese Übung umfassen. Das Vorhaben hat einen Haken. Die Schule kann selbst entscheiden, ob es dazu ein eigenes Fach einführt. Es würde auch reichen, wenn digitale Kompetenzen in den Fachunterricht integriert werden.
► Digitaler Leistungstest. Der Lernerfolg der Schüler soll überprüft werden. In der achten Schulstufe sollen die Kompetenzen mit einem sogenannten Digi-Check kontrolliert werden. Das ist aber kein österreichweit einheitlicher und verpflichtender Test, sondern eine Art Selbsttest für Schüler, den die Lehrer verwenden sollen.
► Bessere Lehrerausbildung. Pädagogen müssen auf den vermehrten Tablet- und Technikeinsatz vorbereitet werden. Ab Herbst wird sich dazu die Lehrerausbildung verändern. In den ersten drei Berufsjahren muss ein Lehrgang mit sechs ECTS-Punkten (30 ECTS entsprechen dem Aufwand eines Semesters) absolviert werden. Außerdem muss ein eigenes Digitalportfolio erstellt werden. Das Fort- und Weiterbildungsangebot soll in diesem Bereich ausgebaut werden. Im Februar wird an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich dazu ein eigenes Bundeszentrum eingerichtet. An der PH Wien wird ein Future Learning Lab eröffnen, in dem Lehrer mit digitalen Unterrichtsmaterialien experimentieren können.
► Digitale Bibliothek. Um Pädagogen genügend Lehr- und Lernmaterialien zur Verfügung zu stellen, wird eine sogenannte Eduthek, eine Art digitale Bibliothek, geschaffen. Lehrer sollen dort empfohlene Apps und Spiele finden. Anhand von Beispielen soll ihnen auch gezeigt werden, wie man diese im Unterricht einsetzt.
► WLAN in allen Räumen. Auch die Infrastruktur an den Schulen muss noch deutlich verbessert werden. Laut Ministerium ist an rund der Hälfte der Bundesschulen (AHS und BHS) in allen Räumen WLAN verfügbar. Das ist nur an 31 Prozent der Pflichtschulen der Fall. Deshalb wird das Bildungsministerium im Februar mit dem Infrastrukturressort eine Breitbandoffensive für die Pflichtschulen vorstellen.
► Noch keine Gratistablets. Etwas länger dürften die Schüler auf Gratistablets und Laptops warten. Die hat Kanzler Christian Kern (SPÖ) ja im „Plan A“ versprochen. Das müsse noch mit dem Koalitionspartner verhandelt werden, sagte gestern die Bildungsministerin.
In der NMS Koppgasse wird bis dahin weiter mit den privaten Tablets gearbeitet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2017)