Migranten: Nur Hälfte schafft Pisa-Hürde

(c) Clemens Fabry
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Schüler mit Migrationshintergrund sind in Österreich eher leistungsschwach und weniger motiviert als in anderen Ländern, wie eine Sonderauswertung zeigt.

Nur knapp die Hälfte der Schüler mit Migrationshintergrund in Österreich schafft beim Pisa-Test zumindest passable Leistungen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Damit schneiden die 15-Jährigen, die selbst oder deren Eltern beide im Ausland geboren sind, im internationalen Vergleich schwach ab: Jenen 47 Prozent, die in allen drei Disziplinen die Pisa-Hürde schaffen, stehen im OECD-Schnitt 54 Prozent gegenüber, EU-weit 55 Prozent, in Deutschland 57 Prozent – und in Kanada schaffen sogar 82Prozent der Migranten das geforderte Level. Von den einheimischen Schülern gelingt das in Österreich gut drei Vierteln. Leistungen darunter gelten als sehr schwach.

Das zeigt eine aktuelle Sonderauswertung, für die die OECD die jüngsten Pisa-Ergebnisse der Migranten aus dem Jahr 2015 extra verglichen hat. Getestet wurden dafür weltweit rund eine halbe Million Schüler; in Österreich absolvierten rund 8000 Jugendliche den Test. Abgefragt hat die OECD dabei nicht nur die Leistung, sondern auch eine ganze Reihe anderer Faktoren wie Wohlbefinden und Lernmotivation.

Am größten ist das Risiko demnach in Österreich (wie in vielen anderen Ländern) für die Migranten erster Generation, also für jene, die im Ausland geboren sind: Von ihnen gelingt es in Österreich lediglich 38 Prozent, mit 15 Jahren die Pisa-Hürde zu meistern. Bei Migranten zweiter Generation, also jenen, die in Österreich geboren sind, deren Eltern aber aus einem anderen Land stammen, sind das 52 Prozent. Im OECD-Schnitt schaffen das 48 bzw. 60 Prozent.

Einheimische noch weniger motiviert

Die Lernmotivation ist bei den Schülern mit Migrationshintergrund hierzulande relativ niedrig – es kommt freilich darauf an, mit wem sie verglichen werden. So zählen in Österreich 57Prozent der Migrantenschüler erster oder zweiter Generation zu den besonders Motivierten – im OECD-Schnitt sind es 70 Prozent, in der EU 66 Prozent und in den angloamerikanischen Ländern finden sich mit weit über 80 Prozent besonders viele motivierte Migranten. Die einheimischen Schüler sind in den meisten Ländern deutlich weniger motiviert: In Österreich zählen nur 43 Prozent zu den Motivierten.

Das passt zu einem anderen Befund, der freilich gleichzeitig etwas ernüchternd ist: In zahlreichen Ländern, so auch in Österreich, haben die jugendlichen Migranten höhere Erwartungen als einheimische Schüler, was ihre eigene Zukunft angeht – sowohl für die weitere (akademische) Bildungskarriere als auch für das Berufsleben. Gleichzeitig passt das aber nicht mit der Realität zusammen: Vielen dieser Schüler würden für genau diesen Weg die notwendigen Grundlagen fehlen, heißt es in der Pisa-Sonderauswertung.

Sprache, sozioökonomischer Status

Positiv schneidet Österreich bei den sozialen Faktoren ab: Demnach geben 67 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund an, dass sie sich in der Schule sozial zugehörig fühlen. Der OECD-Schnitt liegt bei 60 Prozent, der EU-Schnitt bei 58. Die einheimischen Schüler geben zu 71 Prozent an, dass sie sich wohlfühlen. Schüler, die zur ersten Generation gehören, seltener: 58Prozent. Etwas besser als der Durchschnitt steht Österreich auch bei der Lebenszufriedenheit der Migranten da, genauso wie bei der Angst und dem Stress, die die Schule verursacht. Migranten geben aber häufiger als einheimische Schüler an, dass sie von Lehrern unfair behandelt wurden. Zugleich stellt die OECD fest, dass Lehrer sie durchaus unterstützen – aber womöglich selbst Training brauchen.

Als Risikofaktoren für Schüler mit Migrationshintergrund identifiziert die OECD Sprachdefizite und einen niedrigen sozioökonomischen Status. Tatsächlich sind in Österreich die sozioökonomischen Unterschiede zwischen Einheimischen und Zuwanderern deutlich größer als im OECD-Schnitt. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) fühlt sich von der OECD auf seinem Weg bestätigt: Mit den Deutschklassen werde man die sprachlichen Defizite zukünftig treffsicherer angehen. Außerdem solle die Mittelverteilung künftig auch nach sozioökonomischen Kriterien an Schulen stattfinden; die Details dazu fehlen freilich noch. (APA/beba)

(APA)

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