Gewalt an Schulen: „Wir brauchen Zahlen, Daten, Fakten“

Duisburg, Deutschland, Hinweis zum Lehrerzimmer =
Duisburg, Deutschland, Hinweis zum Lehrerzimmer =Caro / picturedesk.com
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Von Beleidigungen bis zu tätlichen Angriffen reichen laut Gewerkschaft die Vorfälle an Schulen. Die Wiener ÖVP will nun Maßnahmen dagegen – und einen Bericht vom Stadtschulrat.

Wien. Eine Lehrerin, die weinend bei ihr anruft, weil sie von einem Schüler bespuckt wurde, ein Schüler, der seiner Lehrerin den Mittelhandknochen bricht oder ein Vater, der auf den Turnlehrer losgeht. Lehrerinnen, die von Schülern betatscht werden, Lehrer, deren Bilder verfremdet im Internet landen, die von Schülern beleidigt werden: Die Bandbreite von Vorfällen an Wiener Schulen, über die Gewerkschafterin Romana Deckenbacher (FCG) berichtet, ist groß. Und das seien keine Ausnahmen.

„Wir werden in der Personalvertretung täglich mit Erlebnissen von Gewalt an Schulen konfrontiert“, sagt sie. Wie oft tatsächlich etwas passiert, weiß keiner genau. Angriffe gegen Lehrer seien keine Einzelfälle, sagte der oberste Lehrervertreter, Paul Kimberger (FCG), vor wenigen Wochen zur „Presse“. Die Zahl von angeblich 1600 Strafanzeigen an Wiener Schulen, die zuletzt kursierte, konnte und kann freilich niemand bestätigen. Kimberger selbst sprach von rund 70 gravierenden Aggressionen gegen Lehrer, die im Vorjahr bei ihm landeten – solche, bei denen bereits die Behörden im Spiel waren.

Studie unter Wiener Lehrern

Die Datenlage ist denn einer der Punkte, bei denen die Wiener ÖVP, der auch Deckenbacher angehört, ansetzen will: So bereitet Karl Mahrer, ÖVP-Sicherheitssprecher im Nationalrat, eine Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vor, inwieweit Daten über Gewalt an Schulen vorhanden sind und ausgewertet werden – wobei die Kriminalitätsstatistik derartige Anzeigen nicht extra ausweist. Zudem solle der Stadtschulrat dafür sorgen, dass jegliche Vorfälle lückenlos dokumentiert werden, dass darüber Bericht erstattet wird und dass es eine anonymisierte Studie unter Wiener Lehrern gibt, was Gewalt an Schulen angeht – nicht nur, wenn sie gegen Lehrer gerichtet ist. Eine Forderung, mit der die ÖVP bereits im Wiener Gemeinderat abgeblitzt ist.

Nun also der nochmalige Vorstoß. „Wir brauchen Zahlen, Daten, Fakten“, sagt Mahrer. „Ich habe das Gefühl, dass im Schulsystem gilt: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Wiens ÖVP wirft der rot-grünen Stadtregierung mangelndes Problembewusstsein vor, was Gewalt sowie auch Radikalisierung und Islamisierung an Schulen angeht: „Hier wird zuerst geleugnet, und dann wird der Deckel auf dem Druckkochtopf draufgehalten, bis er platzt“, sagte der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch bei einem Hintergrundgespräch.

Gefordert werden nun erneut auch Möglichkeiten, um gegen aggressive Schüler vorgehen zu können. Es könne nicht sein, dass man Schüler, die etwa ein Klassenzimmer verwüsten, nicht länger in der Schule behalten dürfe, damit sie das wieder in Ordnung bringen, kritisiert ÖVP-Wien-Bildungssprecherin Sabine Schwarz. Deckenbacher will Time-out-Klassen, in die man schwierige Schüler schicken kann, die man zeitweise aus der regulären Klasse nimmt. Dafür benötige man aber mehr Personal.

Prävention für alle Schüler

Apropos Personal: Teil drei des Forderungskatalogs ist, das Unterstützungspersonal für die Schulen aufzustocken. Es gebe in Wien zu wenige Schulpsychologen und Sozialarbeiter, dabei brauche es Unterstützung für jeden Schulstandort – eine Forderung, die die ÖVP Wien freilich explizit nicht an ihren Bildungsminister, Heinz Faßmann (ÖVP), richten will, in dessen Schulbudget zuletzt ausgerechnet das aus dem Integrationstopf finanzierte Unterstützungspersonal gewackelt hat, sondern an die Stadt.

Mahrer fordert auch, dass Präventionsprogramme, die es bereits gibt, breit ausgerollt werden. Für alle Elf- bis 13-Jährigen soll eine Antigewaltschulung durch Polizisten Pflicht werden – analog zur Verkehrserziehung in Volksschulen. Dabei sollen sie sich unter anderem mit Cybermobbing oder mit rechtlichen Fragen befassen. Und würden die Zahlen und Daten zeigen, dass an manchen Schulen besonderer Bedarf bestehe, müsse die Stadt Geld für zusätzliche Programme in die Hand nehmen.

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