Gemeinsame Schule in ÖVP denkbar

Parteichef Pröll will sich nicht festlegen – Studie: Nachholbedarf in Mathematik.

WIEN (pö).Die ÖVP verliert in ihrem Kampf gegen die Gesamtschule an Boden. Die gemeinsame Schule bis 14 solle ernsthaft überlegt werden, heißt es sogar in den eigenen Reihen. Zuletzt machten in der „Presse am Sonntag“ Oberösterreichs Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer sowie in der Montags-„Presse“ der Wirtschaftsbund dafür Stimmung – und das entgegen der offiziellen Parteilinie.

„Das ist eine Diskussion, die in der Partei läuft, und da ist sehr viel Bewegung hineingekommen. Es gibt eine größere Offenheit, und das ist gut so“, sagte dazu am Montag der Sprecher von Parteichef Josef Pröll, Daniel Kapp, gegenüber der „Presse“. Der Vizekanzler war in Luxemburg. Die jüngsten Vorstöße würden aber „nichts daran ändern, dass wir im Herbst ein abschließendes Programm vorlegen werden als Gesamtpartei“. Bis dahin würden alle Standpunkte „erst einmal diskutiert“. Inhaltlich wolle sich der Vizekanzler noch nicht festlegen, sagte Kapp.

Die Diskussion ins Rollen gebracht hat ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl, indem sie ein „Gymnasium für alle“ gefordert hatte. Die Trennung von Schülern mit zehn Jahren könnte Kinder weniger gebildeter Eltern benachteiligen. Ebenfalls positiv zu einer Gesamtschule äußerte sich der ÖVP-Vizepräsident des Wiener Stadtschulrates, Walter Strobl. „Es freut mich, wenn man die Situation immer realistischer sieht“, sagte er der „Presse“. In Wien seien die AHS-Unterstufen bereits heterogen und de facto eine „Gesamtschule“. Eine gemeinsame Schule könne aber nur mit Kursen für Hochbegabte genauso wie für besonders Schwache funktionieren. „Wir müssen uns mehr der Individualisierung widmen, dann brauchen wir keine äußere Differenzierung“, so Strobl.

Naturwissenschaften: Mäßig

Wie gut Österreichs Schüler der vierten Schulstufe sind, zeigt die „Timss“-Studie (2007): In Mathematik sind sie international Mittelmaß. Ausschlaggebend für die Einzelleistungen sind auch der soziale Status der Familie und der Migrationshintergrund. In Erdkunde sind die Österreicher eher stark, in Physik eher schwach. Am Mittwoch wird eine neue Österreich-Analyse zu „Timss“ präsentiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2010)

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