Scharfe Kritik an der Pisa-Studie, die im Dezember erneut veröffentlicht wird. Die Daten würden auch nichts über die abgeprüften Kompetenzen aussagen. "Pisa ist ausgelutscht", sagt Bildungsforscher Stefan Hopmann.
Kurz vor der Veröffentlichung der nächsten Pisa-Studie zeigen sich Bildungsforscher skeptisch: So warnt der Erziehungswissenschafter Stefan Hopmann (Uni Wien) eindringlich davor, bildungspolitische Maßnahmen mit Pisa zu argumentieren. Er hat 2007 einen Sammelband mit kritischen Beiträgen von Bildungsforschern mitherausgegeben.
"Man kann Aussagen über die Qualität der Schule, der Länder oder der Lehrerbildung aus diesen Daten rein technisch einfach nicht ablesen." Schließlich ließen sich nur zehn bis 15 Prozent der Leistungsunterschiede durch Schule erklären. "Alles andere erklärt sich durch familiären Hintergrund und tausend andere Gründe - das sagen auch die Pisa-Leute selbst."
Sagt nichts über Qualität aus
Ziel der OECD sei es gewesen, bei der Pisa-Studie mit relativ geringem Aufwand möglichst schnell Daten zu publizieren und so die Bildungspolitik massiv auf die Tagesordnung zu heben. "In diesem Sinne hat Pisa geklappt, und dafür habe ich auch allen Respekt", betont Hopmann.
Die Studie, die technisch "ganz großartig gemacht" sei, sei nie als Studie konzipiert gewesen, "anhand derer ich wirklich etwas über die Qualität von Bildungssystemen sagen könnte", so Hoffmann. Dafür brauche man nicht Querschnittstudien, sondern solche, in denen etwa die Schülerlaufbahn und -karrieren erhoben werden.
Würden das die Ersteller der Studie allerdings einräumen, würde die Studie ihren politischen Zweck nicht mehr erfüllen. "Und dann würde wohl sogar Frau (Unterrichtsministerin Claudia, Anm.) Schmied (SPÖ) sagen: Wofür gebe ich so viel Geld aus, wenn ich mit den Ergebnissen gar nichts anfangen kann?"
Nur kleiner Bereich abgefragt
Laut Hopmann bleibt Pisa zudem nicht nur die Gründe für das Abschneiden der Schüler schuldig: de facto könne die Studie nicht einmal Aussagen über die Kompetenz der Schüler liefern: Schließlich könne man bei PISA nur jene winzige Schnittmenge abfragen, die übrigbleibt, wenn alle Faktoren, die die Ergebnisse verfälschen könnten - wie etwa über 60 unterschiedliche Schulsysteme, Lehrpläne, 50 Sprachen - berücksichtigt werden.
Mit Pisa könne man zwar viel über unterschiedliche Lernkulturen oder das unterschiedliche Verständnis etwa von Mathematik aussagen. "Die Ergebnisse können aber nichts drüber aussagen, wie gut die Schüler Mathematik können. Die Daten erfassen ja nur einen kleinen Ausschnitt der Mathematik."Dementsprechend könne man auch nicht die Schülerleistungen von Ländern vergleichen.
"Pisa ist ausgelutscht"
Wegen der eigentlich geringen Aussagekraft werde die Pisa-Studie wohl auch nicht mehr lange in dieser Form weiterlaufen, glaubt Hopmann. Englische oder amerikanische Kollegen, die mehr Erfahrung mit solchen Studien hätten, seien der Ansicht, dass mit solchen Testdaten zu Verbesserung des Schulsystems nichts Wesentliches beigetragen werden könne. "Unter Bildungsforschern herrscht international Einigkeit, dass Pisa ausgelutscht ist."
(APA)