Migranten schlechter, aber nicht das eigentliche PISA-Problem

Drei von vier Risikoschülern unter den 15-/16-Jährigen sind Einheimische, Migranten der zweiten Generation holen auf.

Österreich ist in allen PISA-Disziplinen nach unten gerutscht, vor allem beim Lesen. Die Migranten sind unter den schlechten PISA-Teilnehmern, den sogenannten Risikoschülern, auch überrepräsentiert: Unter den 6500 Teilnehmern machten sie 15 Prozent aus, unter den „Risikoschülern“ – die Lesen, Mathematik und Naturwissenschaft kaum beherrschen – machten sie beim PISA-Test 2009 aber 28 Prozent aus.

Auffallend ist das unterschiedliche Abschneiden vor allem beim Lesen, dem größten „Problemfall“ unter den drei PISA-Disziplinen. Hier holten einheimische Teilnehmer im Durchschnitt 482 PISA-Punkte, Migranten der zweiten Generation holten 427 und Migranten der ersten Generation 384 Punkte. Und erstmals, so die Experten vom PISA-Österreich-verantwortlichen Institut Bifie, sei nicht nur die zweite Generation die größere der beiden Gruppen. Sondern die zweite Generation hat auch besser abgeschnitten als die erste, die bei vorangegangenen Tests noch vorne gelegen war.

Schmied: „Keine Ausländerdebatte führen“

Doch das „klassische Argument“, die Migranten hätten am PISA-Debakel Schuld, will SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied nicht gelten lassen. Denn: Die Gruppe der Risikoschüler macht hierzulande insgesamt 34 Prozent aus. Und davon sind nur die erwähnten 28 Prozent Migranten. Österreich dürfe daher nicht den Fehler machen, „nur eine Ausländerdebattte zu führen“, sagte Schmied bei der Präsentation der PISA-Studie am Dienstag in Wien.

„Rund 75 Prozent sind Einheimische“, so die Ministerin – und die hätten sehr viele Probleme. „Unsere Gruppe der Risikoschüler wird von Jahr zu Jahr größer.“

Auch der Anteil der Migranten an den PISA-Teilnehmern ist in den Vorjahren gewachsen: 2000 betrug er noch elf, 2003 und 2006 dann je 13 Prozent. Beim Test 2009, der zuletzt ausgewertet wurde, waren es 15 Prozent: fünf Prozent Migranten der ersten, zehn Prozent Migranten der zweiten Generation.

Bifie: Ausländer nicht ausschlaggebend

Das Bifie betont trotzdem: Der „Ausländereffekt“ wäre nicht der ausschlaggebende – denn auch in anderen Ländern, die teils viel besser abgeschnitten haben, gebe es zum Teil einen hohen Migrantenanteil.

Insgesamt ist Österreich beim Lese-Test – dem Schwerpunkt von PISA 2009 – von 490 auf 470 Punkte abgerutscht. Der OECD-Durchschnitt beträgt 493. Beim Lesen Spitze sind unter anderem Kanada, Neuseeland, Australien, die Niederlande, Belgien und Norwegen.

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