Klangbildung: Wiener Musikoffensive an Schulen

Klangbildung Wiener Musikoffensive Schulen
Klangbildung Wiener Musikoffensive Schulen(c) Fabry
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Wien ist beim Angebot an Musikschulen österreichweit Schlusslicht. Die Stadt will das durch Reformen ändern. Künftig soll der Musikschulunterricht zunehmend in Regelschulen abgehalten werden.

Wien. Die Vorwürfe sind – zumindest gefühlt – so alt, wie die musikalische Geschichte Wiens lang ist: In der Stadt gibt es zu wenige Plätze in Musikschulen, Kinder müssen oft Monate warten, bis sie ein Instrument erlernen können. Das könnte sich nun ändern.

Die Stadt Wien reformiert derzeit ihr Musikschulwesen. Seit Oktober 2011 diskutiert eine Arbeitsgruppe – bestehend aus den städtischen Musikschulen, dem zuständigen Magistrat (MA13), aber auch aus dem Stadtschulrat oder der Universität für Musik in Wien – einen Plan, wie das „musikalische Bildungsangebot in Wien“ in Zukunft aussehen könnte. Die ersten Ergebnisse soll es Ende des heurigen Jahres geben, die Umsetzung bereits Anfang 2013 starten, bestätigt Martina Wurzer, Bildungssprecherin der Wiener Grünen der „Presse“.

Im Detail sieht das vorläufige Konzept vor, dass der Musikschulunterricht zunehmend in Regelschulen abgehalten wird, sagt Elisabeth Pilwachs, Sprecherin der Musik- und Singschulen Wien. Schon jetzt würden Musikschulen aufgrund der steigenden Ganztagsbetreuung in Schulen ihre Stunden eher am Abend abhalten.

Schwerpunkt auf Volksschulen

Da die Stadt ja nicht über Bundesschulen entscheiden kann, setzt die Arbeitsgruppe nun einen Schwerpunkt auf Volksschulen, aber auch auf kooperative Mittelschulen, die Ländersache sind. In diesen könnten die Schüler dann ab 2013 zusätzlichen Musikunterricht bekommen, entweder „am Vormittag oder als Teil der Nachmittagsbetreuung“, sagt Pilwachs – je nachdem, welche Schwerpunkte die Schulen gesetzt haben.

Abgehalten wird der Musikunterricht von den Musikschullehrern selbst, die dafür extra in die Schulen kommen. Auch wenn das rechtlich gesehen noch nicht möglich ist: Denn Musikschullehrer sind nicht berechtigt, an Regelschulen zu unterrichten. „Da wird es sicher eine Gesetzesänderung brauchen“, sagt Pilwachs. Eine eigene Arbeitsgruppe befasst sich damit derzeit im Unterrichtsministerium („Die Presse“ berichtete).

Die vorhandenen 17Musikschulen in Wien mit einer Kapazität von 8346 Plätzen sollen trotzdem weiterhin bestehen – gegebenenfalls auch ausgebaut werden. Außerdem soll eine verstärkte Kooperation mit privaten Musikschulen oder Anbietern wie den Volkshochschulen stattfinden.

Gymnasien, die in die Bundeskompetenz fallen, sind von der Reform (noch) nicht betroffen. Und auch das Erlernen von Musikinstrumenten im Einzelunterricht wird nicht abgedeckt. „Klavierunterricht wird in Schulen schwierig abzuhalten sein. Blasinstrumente oder Blockflötenunterricht sind in der Gruppe kein Problem“, sagt Pilwachs.

Genau den Gruppenunterricht kritisiert aber VP-Bildungssprecherin Isabella Leeb. Schon jetzt fände in Musikschulen zu wenig Einzelunterricht statt. „Die Musikschulen sind aber ein Pool für zukünftige Musiktalente. In der Gruppe können sie zu wenig gefördert werden.“ Dass aber schon längst Handlungsbedarf im musikalischen Angebot in Wien besteht, darüber sind sich alle einig: „Die Nachfrage kann nicht gedeckt werden“, sagt Wurzer.

Schlusslicht Wien

Im Vergleich mit den Bundesländern schneidet Wien beim Musikunterricht generell schlecht ab. Laut Musikschulstatistik 2007 der Musikschulwerke (aktuellere Zahlen sind noch nicht vorhanden) kommt Niederösterreich auf 137 Musikschulen, Wien lediglich auf 18. Während Niederösterreich knapp 48.000 Musikschüler zählte, betreute Wien 8600.

„Wobei der Vergleich problematisch ist, weil in Wien auch viel über Volkshochschulen angeboten wird, die hier nicht berücksichtigt wurden“, sagt Gerhard Gutschik vom Burgenländischen Musikschulwerk, der die Studie koordinierte. Gutschik kritisiert, dass die Zahl der Musiklehrer in den letzten Jahren konstant geblieben ist, während der Bedarf stark gewachsen ist. „Trotz Geburtenrückgangs hat sich die Nachfrage verdreifacht, mit privaten Anbietern vervierfacht.“ Wien sei besonders säumig. „Da fehlte zumindest in den vergangenen Jahren politischer Wille. Hoffentlich gibt es den jetzt.“

Auf einen Blick

Musikalische Offensive. Wien ist österreichweit beim Angebot an Musikschulen Schlusslicht. Nun wird in der Stadt eine Reform des musikalischen Bildungsangebots diskutiert. In Zukunft soll der Musikunterricht zunehmend in die Schulen wandern und Teil des Unterrichts oder der Nachmittagsbetreuung werden. 2007 wurden in Wien 8600 Musikschüler betreut, in Niederösterreich 48.000.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2012)

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