Allein an Wiener Pflichtschulen fehlen 50 Pädagogen. Auch in Vorarlberg gibt es Engpässe. Die Gewerkschaft schlägt Alarm. Im Wiener Stadtschulrat versucht man zu beruhigen.
Wien. Es ist wieder einmal so weit: Am Montag beginnt die Schule – und es ist längst nicht überall klar, ob es auch genügend Lehrer geben wird. Vor allem in Wien fehlen noch Dutzende von ihnen. Wiens Volks- und Hauptschulen bräuchten noch 50 Lehrer mehr, an den AHS fehlen 30 Pädagogen. Auch in den berufsbildenden Schulen sind vereinzelt noch Posten zu besetzen. Wird am kommenden Montag in jeder Klasse ein Lehrer stehen?
Im Wiener Stadtschulrat versucht man zu beruhigen. Die Situation sei heuer sogar entspannter als im Vorjahr. Gut 80 fehlende Lehrer seien bei einer Gesamtzahl von knapp 23.000 eine vergleichsweise geringe Zahl. Glücklich sei man aber dennoch nicht. Es gelte, die kommenden Wochen mittels Supplierstunden zu überbrücken – danach hofft man, genügend Lehrer gefunden zu haben.
Immer mehr Sonderverträge
Dabei bekämpft man den Lehrermangel gerade in Wien besonders offensiv: Rund 370 Lehrer mit Sonderverträgen wurden im vergangenen Schuljahr eingesetzt. Das bedeutet, dass in den Klassen immer mehr Lehrer ohne (oder ohne abgeschlossene) pädagogische Ausbildung stehen. Etwa Personen mit einem absolvierten Fachstudium – sogenannte Quereinsteiger. Doch auch Lehramtsstudenten, die eigentlich noch mitten im Studium stecken, werden immer häufiger eingesetzt. Bundesweit belief sich deren Zahl im vergangenen Schuljahr auf rund 340.
Die Lage ist zu Schulbeginn nicht nur in Wien angespannt. In Vorarlberg, wo immerhin noch eine Woche länger Zeit ist, ist zwar für das bald startende Schuljahr alles eingeteilt – Reserven gibt es aber keine. Insgesamt fehlen im Ländle bis zu 90 Lehrer. Damit die Stundenpläne problemlos erstellt werden können, braucht es 20 bis 30 zusätzliche Pädagogen in den Volksschulen, 30 in den (Neuen) Mittelschulen und 30 in den höheren Schulen, heißt es aus dem Landesschulrat. Wie in Wien werden auch in Vorarlberg die vorhandenen Lehrer Überstunden machen müssen. Die Mangelfächer sind seit Jahren (fast) immer dieselben – die naturwissenschaftlich-technischen. Es fehlt an Lehrern für Mathematik, Physik, Chemie und Biologie.
Lehrer fehlen rund um Wien
In Niederösterreich beteuert man, dass zu Schulstart alle Klassen besetzt sein werden – doch es gebe Bedarf an Sonderpädagogen sowie an AHS-Lehrern für Deutsch, Englisch, Mathematik, Physik und Informatik. Vor allem in den Ballungsräumen rund um Wien ist es für Niederösterreich schwierig, genügend Lehrer zu finden.
In den übrigen Bundesländern fehlt es punktuell – je nach Region bzw. Fach oder Schultyp – an Lehrern. Das Unterrichtsministerium beschwichtigte gestern, Freitag: Zwar könnten Engpässe durch unvorhergesehene Personalausfälle vorkommen. Für solche Fälle könne jedoch durch vorhandene Notfallpläne in den Landesschulräten „binnen weniger Tage“ eine Lösung gefunden werden.
Die Gewerkschaft schlägt hingegen Alarm: „Das Ministerium sollte sich im Vorfeld von dramatisch steigenden Pensionierungsraten Gedanken machen, wie es genug junge Leute für den Lehrerberuf motivieren kann“, meint Pflichtschulvertreter Paul Kimberger. „Ich habe so meine Zweifel, ob das gelingt“, fügt er mit Hinweis auf die noch ausstehende Reform der Lehrerausbildung und des Dienstrechts hinzu.
Auf einen Blick
Am Montag beginnt die Schule in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. Eine Woche später starten auch die restlichen Bundesländer mit dem Schulalltag. Nun zeigt sich, dass es vor allem in Wien und Vorarlberg schwierig ist, genügend Lehrer zu finden. Allein an den Wiener Pflichtschulen fehlen noch 50 Pädagogen. Die übrigen Bundesländer klagen über einen punktuellen Lehrermangel. Betroffen sind vor allem die naturwissenschaftlichen Fächer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2012)