Von Zwergschulen und Riesenambitionen

Zwergschulen Riesenambitionen
Zwergschulen Riesenambitionen(c) AP (Alexandre Meneghini)
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Das Recht auf Bildung und Schule sollte für Kinder weltweit unverbrüchlich sein. Doch selten wird das richtige Maß gefunden. In Japan bedeutet Schule vom ersten Tag an vor allem Stress und Wettbewerb, in vielen afrikanischen Ländern hingegen siegt der Bedarf an Kinderarbeit oft über die Bildung. Eine Rundreise.

Japan: Schulstress total

Mit Schultüten treten Nippons Töchter und Söhne nicht an. Süßigkeiten und Zuckerschlecken gehören ohnehin nicht zum japanischen Schulalltag, der jetzt nach sechs Wochen Sommerpause wieder beginnt. Zur Schuleinführung, die in Japan traditionell im April stattfindet, bekommen die Erstklässler praktische Dinge wie Schulranzen, GPS-Handys und anderen elektronischen Schnickschnack, vor allem aber Geldgeschenke. Eltern, Oma und Opa sowie andere Verwandte überreichen den Schulanfängern dekorative Briefumschläge mit Geldscheinen.

Ebenso sachlich und wenig kindlich fallen im Land der aufgehenden Sonne auch die Zeremonien zur Schuleinführung aus. Die Kinder treten in Reih und Glied an, der Direktor stellt die Lehrer vor, teilt die Klassen ein und stimmt die neuen Schüler fast schon militärisch auf den kommenden Lebensabschnitt ein, den viele westliche Beobachter schlicht als „permanente Examenshölle“ bezeichnen.

Lernen beginnt vor der Geburt. Aber das wissen die ABC-Schützen ohnehin schon vor dem Schulanfang. Der erste Schultag ist für viele japanische Kinder ohnehin nur die Fortsetzung ihrer Ausbildung. Die Lernlaufbahn beginnt in Japan bereits in der frühen Kindheit, manchmal sogar schon vor der Geburt. Derzeit ist es im fernöstlichen Industriereich absolut angesagt, dass schwangere Frauen das ungeborene Kind je nach Alter und Tageszeit mit der „passenden“ Musik zur frühen akustischen Wahrnehmung und zu geistigen Höchstleistungen im späteren Leben „inspirieren“. Zunehmend gefragt sind auch spezielle Therapien, die mit gekonntem Druck auf die Bauchdecke der Mutter die Entwicklung bestimmter Gehirnregionen fördern sollen.

So ist die Schule, je nach Ehrgeiz und Brieftasche der Eltern, schon Phase zwei oder gar drei der Bildungskarriere, denn auch ohne „Vorbildung im Mutterbauch“ haben die meisten Kinder bereits eine Kinderkrippe und einen Kindergarten absolviert, was auch schon ziemlichen Stress bedeutet. Für den richtigen, angesagten und angesehenen Kindergarten ist eine ebenso renommierte Kinderkrippe vonnöten, in der sich Kenji, Masako oder Michiko teilweise schon ab dem Alter von zwei Monaten gleichsam für die nächste Stufe „qualifizieren“ sollten.

50 Schriftzeichen im Kindergarten.
Der Kindergarten verlangt dann den Kleinen, nach westlichen Maßstäben, ebenfalls ein immenses Pensum ab. Dort müssen sie mindestens das 50 Schriftzeichen umfassende Silbenalphabet hiragana lernen, dessen Kenntnis beim Schulanfang vorausgesetzt wird. Schon im Kindergarten sollen die Kids möglichst beste Zensuren schreiben, denn das Abschneiden der „Kindergarten-Absolventen“ entscheidet wiederum darüber, welche Schule die Mädchen und Jungen besuchen dürfen.

Mit dem Erreichen des sechsten Lebensjahres geht jedes japanische Kind offiziell und pflichtgemäß in die Schule. Dort nimmt der Leistungsdruck dann so richtig zu. Japanische Bildungsstätten, darin sind sich Experten einig, zählen seit jeher zu den Schwierigsten weltweit. Und seit eine lebenslange Anstellung in japanischen Firmen kein ehernes Gesetz mehr ist, gewinnt die Ausbildung noch mehr an Bedeutung. Das höchste Ziel für japanische Eltern und Zöglinge gleichermaßen ist ein Studium an den staatlichen Topuniversitäten Tokio (Todai) und Kyoto (Kyodai), da deren Absolventen eine relativ zukunftssichere Laufbahn als elitäre Beamte bevorsteht.

Aber bis dahin ist es ein weiter und extrem anstrengender Weg. Dem Besuch der dreijährigen Grundschule folgt die sechsjährige Mittelschule. Diese neun Jahre sind für jedes japanische Kind obligatorisch. Danach gehen noch rund 94 Prozent der Schüler auf eine Gymnasial-Oberschule, die drei Jahre dauert. Damit ist der Abiturientenanteil in Japan weitaus höher als in den meisten westlichen Ländern.

Dieser „Aufstieg“ und die damit verbundenen Prüfungen sind für viele Schüler die Hölle. Besonders die Abschlussprüfungen der Oberschule sollen absolute Albträume sein, weil der Schwierigkeitsgrad und der erforderliche Lernaufwand weit über denen der Abiturprüfungen in Deutschland liegen. Besonders hohe Ansprüche stellen die oft sündhaft teuren Privatschulen, die aber dafür mit ihrem hohen Niveau und Prestigewert am ehesten auf die Wunschhochschulen führen.

Keine Zeit für Freizeit. Aber selbst an den öffentlichen Schulen, die meist keinen guten Ruf genießen, gilt: mit normalen Mitteln schaffen es nur wenige von Prüfung zu Prüfung. Die meisten Schüler – rund zwei Drittel – besuchen deshalb zusätzlich eine „Paukschule“ und gehen nach der Schule oft bis in den späten Abend in diese privaten Juku-Institute. Das ist Schulstress total bis zur physischen und psychischen Grenze. Für Freizeit haben die meisten Söhne und Töchter Nippons während der Schulzeit überhaupt keine Zeit.

von Angela Köhler

Lappland: Arvid geht in die Dorfschule

In einer Dorfschule in Lappland ist der erste Schultag nicht so wild. Behaupten wenigstens die Erstklassler. Wie Arvid. Arvid war schon immer eher cool. Jetzt ist er fünfeinhalb, dunkelblond und blauäugig und darf endlich mit seinen großen Geschwistern Bella (10) und Julian (8) in die Schule.

Am Schulhof herrscht reger Betrieb, über den Sommer haben die Eltern in Gemeinschaftsarbeit neue Spielgeräte aufgestellt, selbst die Lokalzeitung berichtete. Die Spielgeräte werden bereits getestet: von Väinö, jüngster Sohn des Zimmermanns, und Eemil, Sprössling der Rentierbauern aus dem Nachbardorf. Beide sind schon auf der Hutsche. Arvid lässt seinen neuen Rucksack in den Sand fallen und ist nicht mehr zu bremsen. War er aufgeregt, als die Lehrerin Katariina ein paar Minuten später auf den Schulhof trat und auch seinen Namen aufrief? „Nicht so wild.“ Und verschwindet ins Klassenzimmer, ohne sich nach den Eltern umzudrehen, die blutenden Herzens ihren Jüngsten in den Schulalltag entlassen.


Mit dem Lehrer per „Du“. Zum Lehrer sagen die Knirpse vom ersten Tag an „Du“. Schultüte, ein feiner Anzug oder feierliche Ansprachen gehören in Finnland nicht zum Schulstart. Schon gar nicht in der Dorfschule des 200-Seelen-Dorfes Vaattojärvi in Lappland, wo dieses Jahr 16 Schüler von zwei Lehrerinnen plus Henna, der reizenden Hilfskraft, auf den Ernst des Lebens vorbereitet werden. Dabei besuchen Arvid und seine Freunde heuer noch das freiwillige Vorschuljahr, die verpflichtende Grundschule gibt es erst für Siebenjährige, sie umfasst dann neun Klassen: sechs Jahre Unter- und drei Jahre Oberstufe. Einen Fleck oder gar Sitzenbleiben gibt es in der Unterstufe nicht, die Leistung wird umschrieben: von „Ausgezeichnet“ bis „Du musst ein bisschen mehr üben“ reicht die Skala. Das Schuljahr beginnt Anfang August, dafür gibt es ein paar Tage Herbstferien – Überbleibsel aus der Zeit, wo auch kleine Finnen noch zur Feldarbeit mussten.

Wie ist der erste Schultag für Arvid insgesamt gelaufen? „Spannend, aber nicht zu viel“, sagt er. Etwas Ehrfurcht flößte ihm das Schulessen ein: ein warmes Buffet, wo die Schüler von allen Speisen kosten können und ordentlich zulangen dürfen. Auch das ist in ganz Finnland Usus. Ziemlich „cool“ war dagegen das erste Mathematikbuch – selbst Hefte, Radierer und Farbstifte erhalten die Kinder gratis von den Schulen. Und wenn Arvid heute so gegen 13Uhr nach Hause kommt, wird er die Frage „Na, wie war es in der Schule?“ schon mit der Routine eines Veteranen beantworten: „Nichts Besonderes.“ Der erste Schultag in Finnland ist ja auch schon zwei Wochen her.

von T. Brunnsteiner

Türkei: Zurück in die Freiheit

Wenn sich Mitte September Millionen türkischer Schüler auf den Weg zur Schule machen, freuen sie sich am meisten darauf, endlich wieder ihre Freunde zu sehen. Vor allem die Mädchen verbringen die Ferien meist in der elterlichen Wohnung, wo sie entweder jüngere Geschwister beaufsichtigen oder das Fernsehprogramm verfolgen. Die Schule ist der Ort sozialer Kontakte.

Zum Leidwesen konservativer Eltern tragen alle Schuluniformen – ohne Kopftuch und mit halb langen Röcken. Vor der Schule wird ein Ritual abgehalten: Jedes Kind tritt vor, um den Eid zu schwören: „Ich bin Türke, ich bin richtig, ich bin fleißig, ich achte die Großen, ich liebe die Kleinen.“ Jeden Montag und Freitag wird die Nationalhymne gesungen. Die Klassen platzen in den großen Städten häufig aus allen Nähten – 60 bis 70 Schüler in einem Raum sind keine Seltenheit. Drei Schüler drängeln sich auf einer Bank für zwei. Die Hefte können nur hochkant aufgeschlagen werden, weil einfach kein Platz ist.

Mindestens 400 Euro Schulgeld.
Es gibt aber auch Klassen mit 20 Schülern, insbesondere in den reicheren Vierteln. Dort schicken wohlhabende Eltern ihre Kinder auf teure Privatschulen – weshalb die Kinder der Hausmeister und einfachen Arbeiter in den staatlichen Schulen meist unter sich bleiben. Doch auch diese sind nicht kostenlos. Jedes Schuljahr müssen die Eltern ungefähr 400 Euro bezahlen, das ist mehr als der monatliche Mindestlohn. Gegen das – verfassungsrechtlich verbotene – Schulgeld zu protestieren, hat wenig Sinn. Zwei Studenten, die dies versucht haben, sitzen seit eineinhalb Jahren im Gefängnis. Sie hatten bei einer Veranstaltung ein Plakat mit der Aufschrift „Wir wollen freie Bildung und wir werden sie bekommen!“ in die Höhe gehalten. Ihnen wird Terrorismus vorgeworfen.

Nach acht Jahren in der Pflichtschule müssen die Schüler eine Aufnahmsprüfung für das Gymnasium ablegen. Bis vor Kurzem gab es mehrere solcher Prüfungen. Der enorme Stress und der Umstand, dass sich nur wohlhabende Familien privaten Zusatzunterricht leisten können, war ein viel diskutiertes Problem, das das Erziehungsministerium nun doch umgestimmt hat.

Viel genützt hat diese Änderung aber offenbar nicht. Beim PISA-Test erreichten türkische Schüler in allen drei Kategorien nur den drittletzten Platz. Die Minderheit türkischer Schüler, die auf private Schulen oder staatliche Elitegymnasien gehen, schneidet hingegen weit besser ab. Trotz aller Ungerechtigkeiten und Schwierigkeiten im Bildungssystem schaffen viele Türken die Aufnahme an eine Universität.

von Jan Keetman

USA: Amerikanischer Spaß "under God"

Es mag stereotypisch klingen, ist aber wahr: Nichts bereitet amerikanische Schulkinder mehr auf die Schule vor als der Einkauf. „Prepare for School“ oder „Back to School“ heißen die Kataloge, in denen Wal-Mart oder Target coole Rucksäcke, bunte Federpennale, aber auch die neuesten Nike-Turnschuhe anpreisen. Erst wenn der Einkaufswagen in den schier endlosen Gängen bis zum Rand gefüllt ist, kann die Schule wirklich beginnen: 606,40 Dollar gaben amerikanische Familien im Jahr 2010 für den Schulstart aus, in Österreich waren es um die 220 Euro.

Etwas bringt man US-Kindern sofort am ersten Schultag bei: Brav auf dem Platz sitzen und ruhig zuhören, das spielt's nicht – zumindest nicht in den ersten zwei Jahren. „Wir wollen Spaß haben“, erklärte Christina Khadr von der Bailey's Elementary School for the Art and Sciences in Falls Church, einem Vorort der Bundeshauptstadt Washington. Den Ernst des Lebens sollen die Kinder spielerisch lernen. Und dazu gehört, dass es keinen Frontalunterricht gibt. Die Kinder sitzen nicht in Reih und Glied, sondern in kleinen Gruppen im Kreis. Sie beschäftigen sich in Teams, erarbeiten gemeinsam Projekte oder schreiben Aufsätze.

Schreiben kann in der ersten Volksschulklasse nämlich (fast) jedes Kind, das lernt man im „Kindergarten“ (so heißt im Amerikanischen etwas verwirrend das Vorschuljahr, der eigentliche Kindergarten heißt noch verwirrender „Pre-School“). Ob die Grammatik oder die Rechtschreibung immer stimmt, ist im ersten Schuljahr Nebensache. Es zählt die Fantasie. Ähnlich bei Vorträgen, die die Kleinen schon im ersten Schuljahr vor der Klasse halten müssen, etwa über das Lieblingsspielzeug: Wichtiger als der Inhalt sind der Auftritt und die freie Rede.

Die meisten amerikanischen Volksschulen sind Ganztagsschulen, der Nachmittag ist meist kreativen Fächern gewidmet (pro Semester gibt es zumindest eine Theater- oder Musikaufführung), dem Sport oder mehr oder weniger anspruchsvollen Wissenschaftsprojekten.

Ob es Schuluniformen gibt, hängt von der einzelnen Schule ab, und hier haben die Eltern ein gewichtiges Wort mitzureden – wie in vielen anderen Dingen auch. Die älteste Demokratie der Welt lässt auch auf Schulebene alle mitbestimmen: Ohne die PTA (Parent Teacher Association) passiert nicht viel. Die aktive Mitarbeit der Eltern wird nicht als störend empfunden, sondern ist erwünscht: etwa als Aufsicht bei Schulausflügen, als Hilfe im Unterricht (wenn man beispielsweise zu Halloween Kürbisse aushöhlt) oder beim „Career Day“, wenn Eltern ihren Beruf vorstellen.


Pledge of Allegiance. Gleich ist in allen Schulen das morgendliche Ritual. Nicht ein Schulgebet eröffnet den Unterricht, das verbietet die strikte Trennung von Kirche und Staat, sondern der „Pledge of Allegiance“: Hand über dem Herz schwört die Klasse der Republik die Treue – nach Jahren des Streits übrigens einer „Nation under God“. Erst Gerichte klärten, dass diese Worte nicht eine monotheistischen Religion bevorzugen, sondern schlicht eine „patriotische Formel“ sind.

Ebenso wichtig wie die Schule sind die außerschulischen Aktivitäten: kein Mädchen, das nicht Klavier spielt oder Ballettunterricht nimmt; kein Bub, der nicht ins Baseball-Training geht.

Manche Eltern sehen im Schulbeginn auch die Chance auf eine neue Routine: „Die Kinder sollen früher ins Bett, gleich nach der Schule die Hausaufgaben machen, gesünder essen“, sagt eine Mutter. „Wir haben zumindest zu Schulbeginn immer den Vorsatz, dass wir es diesmal wirklich tun.“

von Norbert Rief

Elfenbeinküste: Kakao oder Schule

Nach zehn Jahren politischer Lähmung und einem mörderischen Bürgerkrieg zwischen dem Norden und dem Süden des Landes, ist die „rentrée“, der Schulanfang 2011, für viele Kinder in dem afrikanischen Land Elfenbeinküste wirklich fast so etwas wie der Anfang eines neuen Lebens – sofern er wirklich eintritt.

„Ich weiß noch nicht, ob ich meinen Jungen dieses Jahr schon zur Schule schicken kann“, sagt uns Karim, ein Kakaobauer aus dem Nordwesten des Landes. Er erklärt das mit dem Zustand der Schule in seinem Ort nach vier Wochen Krieg im April und Mai sowie mit dem Mangel an Lehrern. Vor allem aber denkt er wohl an die Rekordernte bei Kakao, die Elfenbeinküste dieses Jahr erwartet und bei der jede unbezahlte Arbeitskraft in der Familie dringend gebraucht wird. Daher kündigt sich auch dieses Jahr wieder das alte Übel an: die Kinderarbeit in den Kaffee- und Kakaoplantagen. Gerade gegen sie wären funktionierende Schulen und ein verändertes Bewusstsein der Eltern die besten Gegenmittel.

Dennoch melden Unicef und die Organisation „Save the children“ auch Positives: 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Norden und Nordwesten des Landes erhalten inzwischen wieder Unterricht. Hervé Ludovic de Lys, Unicef-Repräsentant in Elfenbeinküste, schätzt aber auch, dass 83.000 Kinder noch immer nicht zur Schule gehen können. Dazu kommen 200.000 Schüler in den vom Bürgerkrieg besonders stark verwüsteten Stadtteilen Abidjans Abobo und Yopougon.

Aber selbst da, wo die Schulen geöffnet sind, sind sie oft in völlig desolatem Zustand. Es mangelt an allem, besonders aber an Lehrern. Sie stünden zwar zur Verfügung, können aber meist nicht beschäftigt werden, weil kein Geld da ist. Für Kinder aus dem jahrelang von der Ex-Rebellion kontrollierten Norden kommt dieses Jahr ein besonderes Hindernis dazu: Die Abschlussprüfungen der Grundschule zum Übergang aufs College, die sich bisher im Süden und im Norden hinsichtlich der Anforderungen deutlich voneinander unterschieden, sollen nun erstmals „harmonisiert“ werden: ein Sieb, dessen Maschen für viele Kinder des Nordens einfach zu eng sein werden. Wer da hängen bleibt, hat nur noch die Chance, eine Mindestdurchschnittsnote zu bekommen und damit wiederholen zu dürfen. Wer auch das nicht schafft, dem stehen nur noch die privaten Schulen offen, die es zwar überall gibt, für die sich viele Eltern aber dann doch nicht entscheiden.

Zwergschulen mit Kantinen. Eine gesetzliche Schulpflicht gibt es in dem Land aber auch heute noch nicht. Dennoch – und trotz aller Hürden und Hindernisse – ist der Prozentsatz der zur Schule gehenden Kinder erstaunlich hoch. Viel dazu beigetragen hat sicher die Einrichtung neuer Zwergschulen in der Nähe von Dörfern und vor allem die Eröffnung von Schulkantinen dort. Das ermöglicht es vielen Eltern, die tagsüber auf dem Feld arbeiten müssen, überhaupt erst, ihre Kinder zur Schule zu schicken.

von H. Toeche-Mittler

INFO

Der Schulbeginn hat zwar in allen Kulturen dieselbe Bedeutung, in allen aber einen unterschiedlichen Subtext.
In Japan ist es der Auftakt zu einem Prüfungsmarathon, in Lappland geht es viel entspannter zu. In Elfenbeinküste steht Schule in Konkurrenz zur Kinderarbeit, in den USA wird eingekauft und in der Türkei bedeutet der Schulbeginn vor allem für die Mädchen ein gewisses Maß an Freiheit.

67 Millionen Kinder weltweit besuchen keine Schule, 28 Millionen davon leben in Ländern mit Konfliktsituationen. Vor zehn Jahren konnten noch 106 Millionen Kinder nicht zur Schule gehen.

16 Milliarden US-Dollar zusätzlich müssten in den 46 einkommen-schwächsten Ländern jährlich in Bildung investiert werden, um bis 2015 allen Kindern im Grundschulalter die Einschulung zu ermöglichen.

1,9 Millionen Lehrkräfte – mehr als die Hälfte davon in Sub-Sahara Afrika – müssten bis 2015 zusätzlich eingestellt werden, um eine weltweite Grundschulbildung für alle Kinder zu gewährleisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2011)

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