Reaktionen: ÖVP sieht ihre Position bestätigt

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Reaktionen oeVP sieht ihre(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Mehrheit der Österreicher wolle weder Gesamtschule noch Ganztagsschule, so die ÖVP. Die SPÖ wiederum sieht ihre Position durch die zahlreichen Unterstützer des Volksbegehrens gestärkt.

Während der Initiator des Bildungsvolksbegehrens, Ex-SP-Vizekanzler Hannes Androsch, von einem "höchst respektablen" Ergebnis spricht und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) auf "Rückenwind bei der Umsetzung der Reformen" hofft, kam am Freitag sowohl vom Koalitionspartner ÖVP als auch von der FPÖ Häme ob des mäßigen Ergebnisses von rund 380.000 Unterschriften. Besonders der Werbeaufwand wurde stark kritisiert. Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) und die Rektoren sowie der ÖGB sehen indes einen klaren Arbeitsauftrag für die Bundesregierung.

Die ÖVP sieht sich in ihrer Position bestätigt. "Das nun vorliegende Endergebnis des Bildungsvolksbegehrens zeigt, dass die Mehrheit in Österreich weder die Gesamtschule noch die verpflichtende Ganztagsschule will", meinte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch in einer Aussendung. Basis für die Arbeit seiner Partei bleibe der von der Regierung beschlossene Bildungfahrplan, betonte Rauch.

Für ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon zeigt das Ergebnis des Volksbegehrens, dass "dieses doch angesichts der zahlreichen prominenten Unterstützer sowie des enormen medialen und werblichen Aufwandes weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist". Es zeige aber auch, dass sich die Regierungsparteien auf dem richtigen Weg befinden, denn der Unmut scheine geringer zu sein, als "uns von vielen versucht wird, weis zu machen.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), die das Volksbegehren selbst unterschrieben hat, streute der Initiative Rosen. "Aus meiner Sicht hat das Volksbegehren enorm viel bewirkt", sagte die Ministerin zur "Presse". So führt sie die Übernahme der Neuen Mittelschule ins Regelschulwesen und die Ausweitung der Ganztagsschule auch auf den öffentlichen Druck zurück, der durch auch durch die Androsch-Initiative entstanden sei.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wertet das Ergebnis des Bildungsvolksbegehrens als positive Unterstützung für weitere Bildungsreformen. "Ich nehme als Regierungschef das Ergebnis sehr ernst. Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass die Bildungsreformen voran getrieben werden. Die Qualität der Bildung unserer Kinder und Jugendlichen in Österreich sowie die Weiterentwicklung und Modernisierung des Bildungssystems sind entscheidende Faktoren für die Zukunft des Landes", so Faymann.

"Die Forderungen werden wir sehr ernst nehmen und den Anliegen der Unterstützer im Parlament breitest möglichen Raum bieten", kündigte SPÖ-Klubobmann Josef Cap an. Die zahlreichen Unterstützer würden bestätigen den von der SPÖ eingeschlagenen Weg bestätigen. Das Volksbegehren solle in einem eigens eingerichteten Ausschuss behandelt und es solle ein Hearing abgehalten werden, in dem alle Betroffenen ihre Positionen darstellen und mit den Abgeordneten diskutieren, so Cap.

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ortete in einer Stellungnahme "ein wirklich beachtliches Ergebnis". Die SPÖ garantiere jedem Unterzeichner eine breite parlamentarische Behandlung. Neben dem medienöffentlichen Sonderausschuss solle in den nächsten Monaten zusätzlich eine Serie von Enqueten, Expertenhearings und Diskussionsforen mit internationaler Beteiligung stattfinden. Zielsetzung sei die Umsetzung der Kernanliegen des Begehrens im Jahr 2012.

Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser ortet ein "klares Signal für eine grundlegende Bildungsreform". Man werde "alles daran setzen, dass die Forderungen des Volksbegehrens ernsthaft behandelt werden statt das Schicksal vieler bisheriger Begehren zu erleiden, die meist schubladisiert wurden". Dass das Ergebnis nicht noch besser ausgefallen sei, liege neben dem mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in eine ernsthafte Behandlung von Volksbegehren "wohl auch an der fehlenden Unterstützung der SPÖ-Spitze um Bundeskanzler Faymann".

Als "Riesenbauchfleck", bezeichnete FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl das Volksbegehren. "Trotz der unvergleichlichen und noch nie dagewesenen massiven Unterstützung durch alle Medien, allen voran des ORF, der dieses SPÖ-Volksbegehren in einer quasi Dauerwerbesendung über alle Kanäle promotet hat, ist das Ergebnis mehr als bescheiden", sagte Kickl. Offenbar hätten die Österreicher durchschaut, dass dieses Volksbegehren nichts anderes als der "Versuch eines Zwischenwahlkampfes für eine schwächelnde SPÖ" gewesen sei.

Als "veritablen Schuss ins Ofenloch" bezeichnet FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz das Ergebnis. Punkte wie das Abschaffen des Sitzenbleibens hätten, "da leistungs- und familienfeindlich, eine glatte Abfuhr erhalten", so Rosenkranz in einer Aussendung. Er sieht die Ursache in dem "mäßig erfolgreichen" Volksbegehren darin, dass "die Wahlberechtigten den Schwindel durchschaut" haben und "nicht auf die SP-Manipulationen" sowie auf die "mediale Werbetrommel" der "Bussi-Bussi-Seitenblicke-Gesellschaft" hereingefallen sind.

BZÖ-Chef Josef Bucher zieht aus dem Ergebnis die Konsequenz, dass das Instrument Volksbegehren eine Modernisierung brauche. Er wünscht sich die Einführung eines "Internet-Volksbegehrens". Er fordert, dass dieses ab 100.000 Unterstützern verpflichtend im Parlament behandelt werden soll und es ab 400.000 Unterzeichnern eine verpflichtende Volksabstimmung geben muss. Bucher zeigte sich überzeugt, dass bei dieser Regelung das Bildungsvolksbegehren mehr Unterschriften erreicht hätte und es zu einer Volksabstimmung gekommen wäre.

Er würde sich freuen, wenn die Koalition in Wien "dieses Signal endgültig als Verpflichtung" sehen würde, die "längst notwendigen großen Schritte bei der Bildungs-Reform" zu setzen, meinte der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ). Voves, der das Begehren nicht unterschrieben hatte, weil er "zu den politischen Verantwortungsträgern" gehören, bot unterstützung an. Die zentralen Punkte seien für ihn die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen - möglichst in Form von Ganztagsschulen - sowie ein langfristig ausreichendes Finanzierungskonzept für die Unis.

Sein ÖVP-Vize Hermann Schützenhöfer meinte, die Bundesregierung sei jetzt erst recht aufgefordert, "an einem Strang zu ziehen und längst notwendige Änderungen herbeizuführen". Man brauche in der Bildungspolitik einen "Quantensprung". Schützenhöfer warnte davor, aus dem ernüchternden Ergebnis des Plebizits die falschen Schlüsse zu ziehen, zumal die Bevölkerung politikmüde sei und das Hick-Hack um die Bildungsreform statt habe.

Die eigens als Gegeninitiative zum Volksbegehren gegründete "Bildungsplattform Leistung & Vielfalt" zeigt sich indes schadenfroh. Das Ergebnis sei "angesichts des medialen Trommelfeuers zur Bewerbung (...) geradezu peinlich" und zeige, dass sich die Menschen nicht naiv durch "populistische 'No-na-Aussagen' von der eigentlichen Kernforderung nach einer Vergewaltigung des 'einfachen Volkes', das sich teure Privatschulen nicht leisten kann oder will", ablenken lassen. Vorsitzender Günter Schmid hofft in einer Aussendung "nach dem Aktionismus der letzten Wochen und der Selbstdarstellung ausgedienter Altpolitiker" auf Reformen durch "Fachleute, die von Bildung tatsächlich etwas verstehen".

Studentenvertreter und Rektoren mahnen indes, das Volksbegehren nicht wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. Rektorenchef Heinrich Schmidinger bedauert zwar, "dass es nicht mehr Stimmen geworden sind". "Allerdings sind knapp 400.000 Unterschriften unter das Bildungsvolksbegehren ein beachtliches Ergebnis, über das sich die Politik nicht hinwegsetzen kann", so der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko). Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) plädiert dafür, dass der Rückenwind durch die Unterstützer nun genutzt wird und nach "jahrelangem Stillstand" Taten folgen. Immerhin zeige das Ergebnis, "wie viele unzufrieden mit der derzeitigen Situation sind", so ÖH-Vorsitzende Janine Wulz (GRAS) in einer Aussendung.

"Es braucht dringend Reformen im Bildungsbereich, um unser Land in die Zukunft zu führen, und ein sofortiges Ende der Blockadepolitik in der Regierung" - diese Forderung leitet der ehemalige Chef der Universitätenkonferenz (uniko), Hans Sünkel, aus dem Votum von "nahezu 400.000" Unterstützern des Bildungsvolksbegehrens ab. Die Regierung müsse nun zu einem zukunftsorientierten Vorgehen kommen, so Sünkel.

Auch ÖGB-Präsident Erich Foglar zeigt sich in einer Aussendung erfreut über den Zuspruch zum Volksbegehren. Die Bundesregierung müsse "das Ergebnis des Volksbegehrens als dringenden Auftrag verstehen, rasch die nötigen Veränderungen und Verbesserungen im Bildungssystem anzugehen".

Auch die Bischofskonferenz äußerte sich am Freitag nach ihrer Vollversammlung indirekt zum Volksbegehren. Kardinal Christoph Schönborn mahnte ein "ganzheitliches Verständnis von Bildung" ein und lehnte einen "zunehmend ökonomisch verzweckten Zugang" zum Thema ab. Die Bischöfe begrüßten die breite Bildungsdiskussion, die nicht zuletzt durch ein Bildungsvolksbegehren und eine neue Bildungsplattform angestoßen worden sei.

Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Uni Wien betonte, sie glaube, dass das Bildungsvolksbegehren ein Reformmotor sein kann. Nun müsse man "sofort dranbleiben, nicht loslassen und zusätzlich zu den Forderungen Vorschläge für die Umsetzung machen".

(APA/Red.)

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