Androsch hätte den Mut zur inhaltlichen Vereinfachung haben und sich auf drei Kernforderungen einigen müsse, sagt Filzmaier. Auch das Timing könnte eine Rolle für das schwache Ergebnis gespielt haben.
Die Komplexität des Forderungskatalogs und den fehlenden Mut zur inhaltlichen Konkretisierung wertet der Politikwissenschafter Peter Filzmaier als vorrangige Ursachen für das mäßige Abschneiden des Bildungsvolksbegehrens. Aus zwölf Forderungen sei letzten Endes nur der Ruf nach einer "besseren Bildung" übriggeblieben. "Dafür gibt es bestimmt viel Zustimmung, aber keine unmittelbare Motivation", so Filzmaier. Eine Sofortumsetzung der Bildungsreform sei zwar unabhängig von der Unterschriftenzahl "irreal" - "die Frage ist nur, ob der Rückenwind durch diese durchschnittliche Unterschriftenzahl reicht, damit das auf dem langen, langsamen Weg funktioniert".
Der zwölf Punkte umfassende Forderungskatalog reichte von der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen bis zur einheitlichen Pädagogen-Ausbildung. "Man hätte den Mut zur inhaltlichen Vereinfachung haben und sich auf drei breitenwirksame Kernforderungen einigen müssen." Aus der schwierigen Vermittlung zieht der Politologe auch ein Folgeproblem: "Die Frage ist: Was bleibt von dieser Komplexität nachhaltig in Erinnerung, was weiß ich in drei Monaten oder in drei Jahren noch über dieses Volksbegehren?", so Filzmaier.
Höhepunkt bereits überschritten
Auch das Timing könnte eine Rolle für das unter den Erwartungen liegende Ergebnis gespielt haben. "Es gab zwar eine durchaus positive Berichterstattung und Öffentlichkeitswirkung", so Filzmaier, "aber die Höhepunkte der öffentlichen Wahrnehmung waren bereits, als Androsch das Volksbegehren angekündigt und später die Unterstützungserklärungen gesammelt hat". Auch unmittelbar vor dem Start habe es verstärkte Wahrnehmung gegeben, "es ist aber nicht gelungen, diesen Spannungsbogen während der Eintragungswoche aufrecht zu erhalten.
Unabhängig von der Unterschriftenzahl stellt sich für Filzmaier auch die "Strukturfrage: Derzeit muss ein Volksbegehren ab 100.000 Stimmen im Parlament behandelt werden - allerdings geht damit keine Abstimmung einher. "Man sollte sich die Frage stellen, ob diese Regelung noch zeitgemäß ist oder ob man Direktdemokratie nicht auch mit Verpflichtungen stärken sollte", so Filzmaier. "Wenn der Nationalrat abstimmen müsste, müssten sich folglich auch die Parteien positionieren." Ansonsten bestehe die Gefahr einer "Nichtkonkretisierung", was die weitere Wirkung erschwere.
(APA)