Wiener FH will bei Lehrerausbildung mitmischen

(c) Fachhochschule Technikum Wien (Fachhochschule Technikum Wien)
  • Drucken

Die größte rein technische Fachhochschule des Landes könnte sich vorstellen, künftig die Fachausbildung für Mathematik- und Naturwissenschaftslehrkräfte zu übernehmen. Karlheinz Töchterle begrüßt den Vorstoß.

Wien. Bisher schienen sich allein die Unis und die Pädagogischen Hochschulen auszustreiten, wer künftig für die neue Lehrerausbildung verantwortlich sein soll. Nun bringen sich auch Fachhochschulen ins Spiel: Die FH Technikum Wien, mit rund 2700 Studierenden die größte rein technisch orientierte Fachhochschule des Landes, will nicht nur insgesamt in Lehre und Forschung kräftig ausbauen – sie will auch bei der Ausbildung der Lehrenden mitmischen.

Konkret kann sich FH-Rektor Fritz Schmöllebeck vorstellen, die komplette Fachausbildung in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu übernehmen. Immerhin würden Mathematik, Physik, Chemie wie auch Informatik und Technik einen bedeutenden Teil der elf Bachelor- und 17 Masterstudien – von Elektronik bis zu Biomedizin – ausmachen. Für die pädagogische Ausbildung der angehenden Lehrer solle dann eine Uni oder PH verantwortlich sein. „Es ist Zeit, über kreative Kooperationen nachzudenken“, sagt Schmöllebeck zur „Presse“. Seine Idee hat er bereits an andere technischen Fachhochschulen und den FH-Rat herangetragen.

Welchen Mehrwert eine Lehrkräfteausbildung bringen könnte, die zumindest teilweise an einer FH stattfindet – außer einem weiteren Player im Kampf der Institutionen, den die zuständigen Minister kürzlich medienwirksam begraben haben wollten? Schmöllebeck sieht so eine Möglichkeit, mehr Lehrende gerade in den Mangelfächern anzuziehen. Viele FH-Studenten seien grundsätzlich interessiert, „einmal in die Lehre zu gehen“, meint der Rektor. Eine Idee sei daher, dass sich diese etwa nach einer Anfangsphase auch etwas später im Studienverlauf noch für ein Lehramt entscheiden könnten.

Und: Auch die Nähe zur Wirtschaft – an einer FH, deren Träger zu 100 Prozent aus der Wirtschaft kommen, wie am Technikum, ist das Programm – wäre laut Schmöllebeck ein Plus für die angehenden Lehrer. Mit einer wirtschaftsnahen (Fach-)Ausbildung, wie sie gerade eine Fachhochschule optimal bieten könne, seien Absolventen in ihrem Berufsbild flexibler als derzeit: „Dann wäre der Lehrberuf keine Sackgasse.“

Töchterle: Flexibles Dienstrecht

Eine Ansicht, die Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) teilt: „Die Idee müsste sein, dass man nicht mehr eine Lehrerkarriere von der Wiege bis zur Bahre konstruiert.“ Dafür brauche es aber auch ein flexibles Dienstrecht sowie flexible Anstellungsmodi an den einzelnen Schulen.

Dass auch Fachhochschulen im Rahmen von Kooperationen mit Unis und/oder Pädagogischen Hochschulen einen Teil der Fachausbildung übernehmen, ist für den Minister „absolut vorstellbar“. Dass die FH bei allen Debatten um die neue Lehrerausbildung bisher außen vor geblieben sind, erklärt sich seiner Meinung nach historisch: „Die Fachhochschulen waren einfach nicht im Blick.“ Der Vorstoß der FH Technikum Wien sei von daher zu begrüßen. Denn, so Töchterle, die tertiären Institutionen sollten ohnehin enger zusammenrücken.

Neue Serie: Der österreichische Fachhochschulsektor

Die FH Technikum Wien, gegründet 1994, ist die größte rein technische FH des Landes. Derzeit absolvieren mehr als 2700 Studierende einen von elf Bachelor- oder 17 Master-Studiengängen – von Elektronik, Informatik oder Wirtschaftsingenieurwesen über Erneuerbare Energien bis hin zu ausgefalleneren wie Sportgerätetechnik oder biomedizinischen Fächern wie Tissue Engineering. Studiert wird sowohl Vollzeit, berufsbegleitend wie auch im Fernstudium. Ein Ausbau ist geplant: Geht es nach dem Rektor, soll in den kommenden Jahren auf rund 3500 Studienplätze aufgestockt werden.

Die Serie „Zukunft FH“ widmet sich in 22 Teilen den Herausforderungen, Plänen und Leistungen der Institutionen des Fachhochschulsektors. Die Serie erscheint zweiwöchentlich im „Forum Bildung“. Nachlese auf: DiePresse.com/zukunft-fh

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.