Gesamtschule: SPÖ will das Volk entscheiden lassen

NATIONALRAT: RUDAS
NATIONALRAT: RUDASAPA/ROBERT JAEGER
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SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Rudas und Ministerin Schmied sprechen sich für eine Volksabstimmung aus. Eine solche könnte auch im nächsten Koalitionspapier paktiert werden.

Wien. Nachdem die SPÖ dieser Tage beim strittigen Thema Uni-Zugang einen Schritt auf die ÖVP zugegangen ist, macht sie bei der gemeinsamen Schule nun Druck. Burgenlands Landeschef Hans Niessl preschte gestern, Freitag, vor: Bei Themen, in denen sich die Koalition nicht einigen könne, solle das Volk befragt werden. Auch Bildungsthemen gehören für ihn dazu. In einem Interview mit der Gratiszeitung „Heute“ forderte er sogleich eine Volksbefragung über die flächendeckende Einführung der Neuen Mittelschule

In der eigenen Partei fällt dieser Vorschlag auf fruchtbaren Boden, mehr noch: SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas spricht sich im Gespräch mit der „Presse“ sogar für eine (im Gegensatz zu einer Volksbefragung rechtlich bindende) Volksabstimmung aus. „Wenn sich zwei Parteien nicht einig sind, macht es Sinn, die bestehenden, direkt demokratischen Mittel zu nutzen“, so Rudas. Die innerhalb der Koalition umstrittene, von SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied angestrebte gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen sei ein gutes Beispiel für einen solchen Fall. Von einer Volksabstimmung erwartet sich Rudas Rückenwind für eine Bildungsreform nach SPÖ-Geschmack. So zeigt sie sich optimistisch, was die Chancen betrifft: „Die Mehrheit der Bevölkerung wäre sicherlich für die flächendeckende Einführung der Neuen Mittelschule.“

Eine Volksabstimmung noch in der aktuellen Legislaturperiode dürfte allerdings höchst unrealistisch sein – zumal ein solcher Antrag eine Mehrheit im Nationalrat braucht. Spannender wird es nach der nächsten Wahl, die womöglich noch vor dem ursprünglich geplanten Termin im Herbst 2013 stattfinden könnte.

Wie man aus der SPÖ hört, könnte die Partei die Schulreform zu einer Bedingung für neue Koalitionsverhandlungen machen – die Vorarlberger Landesgruppe hat zuletzt einen derartigen Antrag angekündigt. Sollte dies nicht gelingen, könnte die SPÖ als Alternative versuchen, zumindest eine Abstimmung über die flächendeckende Einführung der Neuen Mittelschule im Koalitionspapier zu paktieren.

Auch Schmied für Abstimmung

Auch Unterrichtsministerin Schmied steht einer Volksabstimmung grundsätzlich positiv gegenüber. Es sei „vorstellbar, über die Schulreform abzustimmen“, heißt es gegenüber der „Presse“ aus ihrem Büro. Wie Rudas räumt auch Schmied den SPÖ-Vorhaben bei einer Abstimmung durch das Volk gute Chancen ein. Die Ministerin hat im Ringen um einen Ausbau ihres Modelles bereits eine unterstützende Umfrage präsentiert. Demnach scheinen zumindest zwei Drittel der Eltern von Kindern, die eine Neue Mittelschule besuchen, zufrieden zu sein.

Zentral dürfte bei einem politisch derart umstrittenen Thema jedenfalls mitunter auch die Art der Fragestellung sein. Während etwa die Frage nach einer Abschaffung des Gymnasiums durchwegs auf Ablehnung stößt – erst kürzlich sprach sich in einer Karmasin-Umfrage für das Nachrichtenmagazin „Profil“ weniger als ein Viertel der Befragten dafür aus –, könnten andere Formulierungen möglicherweise mehr Bürger zu einer Ja-Stimme bewegen.

Aus der ÖVP kam am Freitag übrigens sofortige Ablehnung: Die direkte Demokratie solle nicht „von entscheidungsschwachen Politikern taktisch missbraucht werden“, sagte Sebastian Kurz, der in der ÖVP mit der Erstellung des Demokratiekonzepts betraut war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2012)

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