Man spricht (auch) Türkisch

spricht auch Tuerkisch
spricht auch Tuerkisch(c) Bernadette Bayrhammer
  • Drucken

Zweisprachig. In einer Hamburger Schule werden Volksschüler ab der ersten Klasse auf Deutsch und auf Türkisch unterrichtet. Ihre Leistungen können sich sehen lassen.

Hamburg/Beba. „Papagan“, sagt die Lehrerin Ayshe Yalcin, „Papagaaan, papagaan“, schallt es durch den Klassenraum. Papagan heißt Papagei auf Türkisch. Gar nicht so schwierig, findet Sofie. Die Zehnjährige hat Erfahrung; vom ersten Schultag an haben sie und ihre Mitschüler zweisprachig gelernt. Die Lämmersieth-Schule im Stadtteil Dulsberg, einem Brennpunktviertel mit einem hohen Migrantenanteil, ist eine von zwei Hamburger Volksschulen mit deutsch-türkischen Klassen. Knapp die Hälfte der Schüler ist deutschsprachig, die anderen kommen aus türkischen Familien.

Jeden Tag üben die Kinder dort den Sprung zwischen den Sprachen. Während sie auf Deutsch lesen, wie die Tiere im Frühling zum Leben erwachen, beantworten sie Fragen auf Türkisch, oder umgekehrt. Zwölf Stunden pro Woche unterrichten eine deutsche und eine türkische Kollegin die Klasse gemeinsam; manchmal teilen sie die Schüler in zwei Gruppen. Während dann etwa die deutschsprachigen Kinder Türkisch lernen, bekommen die türkischsprachigen Deutsch-Förderunterricht. Ab der vierten Klasse wird der Sachunterricht ganz auf Türkisch abgehalten.

Auch Landeskunde hat ihren Platz. Gerade haben die Kinder Figuren für ein türkisches Schattenspiel gebastelt. An der Wand hängt eine Türkei–Landkarte, daneben ein Bild des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk. Türkische Sprache und Kultur werden an der Schule als Schatz betrachtet und nicht als Makel. Davon profitieren die türkischen Schüler – und die deutschen. Neben einer guten muttersprachlichen Kompetenz entwickeln türkische Schüler mehr Selbstbewusstsein, sagt Schulleiterin Antje Kilicli. Deutsche nehmen Grundkenntnisse des Türkischen und eine gewisse kulturelle Offenheit mit.

Auch die Leistungen können sich sehen lassen. Die bilingualen Schüler sind durchwegs besser als die der anderen Klassen an der Schule. In Lesetests liegen sie im deutschen Durchschnitt – bei ihrem sozialen Hintergrund ein Erfolg. Trotzdem ist es jedes Jahr aufs Neue schwierig, deutsche Eltern von dem Modell zu überzeugen. Sie hätten Angst vor einem Stigma, sagt Kilicli.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Meinung Bildung

Türkisch als Fremdsprache – warum diese Aufregung?

Niemand wird dazu gezwungen, Türkisch zu lernen. Für ein Türkisch-Angebot an den AHS gibt es gute Gründe.
Schule

Übertriebener Wirbel um Türkisch als Maturafach

14 verschiedene Fremdsprachen sind bereits im Lehrplan verankert. Bei keiner anderen gab es derartigen Widerstand wie bei Türkisch. Woher die Aufregung rührt.
TuerkischMatura Wiener seit Jahren
Schule

Türkisch-Matura: An Wiener AHS seit Jahren möglich

Acht Prozent der Schüler am Abendgymnasium Henriettenplatz nutzen das Angebot. Weder der Direktor noch der verantwortliche Schulinspektor können die politische Aufregung verstehen.
Maturafach Tuerkisch Schmied rudert
Schule

Schmied: Maturafach Türkisch "eine Frage von Jahren"

Im Unterrichtsministerium will man den Vorschlag für Türkisch als zweite lebende Fremdsprache nicht als "Plan" verstanden wissen. Man wolle die Frage erst mit der ÖVP akkordieren.
Farce Kritik Einfuehrung Maturafach
Schule

Maturafach Türkisch für ÖVP derzeit kein Thema

Der Vorschlag habe keine Aktualität, so VP-Bildungssprecher Werner Amon. Die FPÖ kritisiert den Plan als "Farce", für die Grünen ist er "überfällig".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.