Bildungsvolksbegehren im Mittelfeld

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Der Zustrom zu Androschs Volksbegehren ist im Vergleich zu den bisherigen Initiativen durchschnittlich – es könnte aber das beste Begehren zum Thema Bildung werden.

Wien/J.n./Beba/Thea. Die „Bildungsrevoluzzer“, wie sie der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft, Fritz Neugebauer, bezeichnet, durften beim Bundeskongress der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) vorsprechen. Ein Erfolg für die Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens – denn noch tags zuvor waren sie vor den Türen des Austria Centers gestoppt worden. Gestern, Mittwoch, wurden sie gehört.

Zwanzig Minuten wurden den Unterstützern der Bildungsinitiative gewährt. „Kämpfen wir Seite an Seite“, forderte Daniel Landau, Lehrer und Mitorganisator des Volksbegehrens, die Gewerkschafter auf. Immerhin seien viele der Anliegen auch im Sinne der Gewerkschaft. Und tatsächlich: Für die Forderung nach gleicher Bezahlung von Kindergartenpädagogen, Volks- und Hauptschullehrern erntete Landau Applaus.

Das umstrittenere Thema, die Einführung einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen, machte Johanna Zauner, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, zum Thema. Nur dadurch könne die soziale Ungerechtigkeit im heimischen Bildungssystem beseitigt werden, sagte Zauner. Ein Vorschlag, der bei vielen Gewerkschaftern auf Skepsis stieß. Generell sei Bildung schon seit Jahren ein wichtiges Thema für die Gewerkschaft. Ob es dafür aber eigens ein Volksbegehren brauche, sei dahingestellt, hieß es auf dem Kongress.

Zustrom bisher mäßig

Das Bildungsvolksbegehren geht inzwischen in den Endspurt. Heute, Donnerstag, kann noch unterschrieben werden. Die Zwischenstände aus mehreren Landeshauptstädten zeigen: Bisher ist die Beteiligung mäßig. Die für die Behandlung im Parlament notwendigen 100.000 Unterschriften dürfte der frühere SPÖ-Vizekanzler Hannes Androsch locker in der Tasche haben. Werden die Eintragungslokale nicht noch gestürmt, wird das Begehren aber wohl irgendwo im Mittelfeld der bisherigen 35 Volksbegehren landen. Im Burgenland, in Tirol, Kärnten und Niederösterreich lag die Beteiligung bis Mittwochfrüh zwischen 2,4 und drei Prozent. Besser gelaufen sein dürfte es in Salzburg, der Steiermark und in Vorarlberg mit 3,5 bis 4,2 Prozent Zustrom, aus Wien und Oberösterreich gab es keine Zahlen.

Eine kleine Bestleistung könnte Androsch und seinen Mitstreitern mit ihrem vergleichsweise großen PR-Einsatz allerdings doch gelingen – die des besten der vier Volksbegehren zum Thema Bildung. Bisher war das jenes gegen die 13. Schulstufe im Jahr 1969 mit 339.407 Stimmen (6,77 Prozent). Immerhin baut das aktuelle Begehren bereits auf einem Grundstock von 52.000 Unterstützungserklärungen auf.

Androsch wollte am Mittwoch nicht über einen möglichen Endstand spekulieren. Er stapelte lieber tief – und blieb möglichst unverbindlich: Man strebe so viele Stimmen wie möglich an; die genaue Anzahl sei weniger wichtig („Das ist ja kein Beautycontest“). Mit dem Begehren sei nicht das Ende der Fahnenstange erreicht und die Umsetzung sei nicht vom konkreten zahlenmäßigen Ergebnis abhängig. Zumal Bewusstsein für das Thema und hohe Zustimmung zu den Forderungen erreicht worden sei – selbst, wenn sich diese nicht am Ergebnis festmachen lassen sollten.

Androsch und seine Mitstreiter forderten erneut einen Bildungsgipfel, bei dem ein langfristiger Plan für eine Bildungsreform erarbeitet werde. Die Erwartung des Ex-Vizekanzlers: „Wer sich dem entzieht, der wird bei der nächsten Wahl abgestraft.“

Auf einen Blick

Das Bildungsvolksbegehren
liegt heute den letzten Tag zur Unterschrift auf. Die für eine parlamentarische Behandlung notwendigen 100.000 Unterschriften werden voraussichtlich erreicht. Zentrale Anliegen der Initiative sind die Einführung einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen und der Ganztagsschule sowie die universitäre Ausbildung aller Lehrer. Außerdem gefordert: die Stärkung der
Schulautonomie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2011)

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