Landesschulräte: Sonderschulen sollen beibehalten werden

Sonderschulen sollen beibehalten werden
Sonderschulen sollen beibehalten werden(c) Clemens FABRY
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Die Landesschulratspräsidenten sprechen von einer internen Abmachung mit dem Ministerium. Scharfe Kritik kommt von Behindertenorganisationen.

Ausbau inklusiver Pädagogik: ja, Abschaffung der Sonderschulen: nein. Zu dieser Übereinkunft sind die Landesschulratspräsidenten mit dem Unterrichtsministerium gekommen. Das geht zumindest aus einem Brief des Tiroler Landesschulratspräsidenten Hans Lintner (ÖVP) an Integration Tirol hervor, wonach "die Sonderschulen in allen Bezirken Österreichs sichergestellt bleiben müssen". Lintner bestätigte den Beschluss, künftig zumindest eine Sonderschule pro Bezirk erhalten zu wollen.

Lintner meinte, bei der vergangenen Landesschulratspräsidentenkonferenz in Klagenfurt sei vereinbart worden, "dass Integration und Inklusion so weit wie möglich ausgebaut werden soll, dass es aber unverzichtbar ist und bleibt, dass Sonderschulen weiterhin bestehen bleiben". Konkret könnten langfristig kleinere Sonderschulen aufgelöst werden, pro Bezirk solle aber zumindest eine erhalten bleiben. Lintner wehrte sich gegen "dogmatische Positionen", die "besagen, es darf nichts anderes geben" und betonte das "Recht der Eltern, zu wählen", wo ihr Kind betreut wird. Es gäbe sowohl vom Bundesministerium als auch von den Landesschulpräsidenten ein "Bekenntnis zu dieser Wahlfreiheit".

Scharfe Kritik von Behindertenorganisationen

Wolfgang Begus, Obmann von Integration Tirol, kritisiert diese Vorgangsweise "aufs Schärfste". Die Vereinbarung sei "hinter verschlossenen Türen" und "unter massivem Druck der Landesschulratspräsidenten" getroffen worden, ignoriere Fachleute sowie die UN-Behindertenrechtskonvention und sei "demokratiepolitisch bedenklich", so Begus. Mit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung hat sich Österreich 2008 dazu verpflichtet, Kinder "nicht aufgrund von Behinderung" vom Schulbesuch auszuschließen. Interessensvertretungen von Caritas bis Lebenshilfe, aber auch Politiker von den Grünen sowie VP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg fordern seitdem noch vehementer als früher die Abschaffung der Sonderschulen. Im Schuljahr 2009/10 besuchte fast die Hälfte der rund 27.800 Schüler mit "sonderpädagogischem Förderbedarf" eine Sonderschule (Statistik Austria).

Lebenshilfe-Präsident Germain Weber ermahnte, die seit Beginn des Jahres laufenden Arbeitstreffen im Unterrichtsministerium zur Umsetzung der UN-Konvention im Schulbereich als "ernstzunehmendes Gremium" aufzufassen. "Die Diskussionen sollen an den Runden Tischen stattfinden und nicht abseits unter vorgehaltener Hand", so Weber in einer Aussendung. Sollten "interne Absprache diese guten Arbeitsfortschritte blockiert" haben, "dann wäre das ein fataler Rückschritt". Er habe bisher einen "erfreulichen Prozess" beobachtet, "der in Richtung Systemveränderung zur inklusiven Schule hinsteuert". Für Weber ist der Ausbau inklusiver Pädagogik bei Beibehaltung des Sonderschulsystems "unvereinbar". "Die UN-Behindertentrechtskonvention spricht sich eindeutig gegen ein zweigleisiges Unterrichtsmodell aus, das obendrein mit höheren Kosten und niedriger Effizienz verbunden ist", so Weber in einer Aussendung. Stattdessen sollen Ressourcen und Erfahrungsschatz der Sonderschulen in inklusiven Schulen eingesetzt werden.

Schmied: "Spezialeinrichtungen gibt es weiter"

Im Büro von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) kennt man einen derartigen Beschluss zur Beibehaltung der Sonderschulen nicht. Auf die Frage, ob die Abschaffung der Sonderschulen überhaupt geplant sei, heißt es, das langfristige Ziel sei "optimale Inklusion". In der Strategie des Ministeriums zur Umsetzung der UN-Konvention heißt es, es wurden "auch schon Szenarien zur stufenweisen Realisierung der inklusiven Schule angesprochen".

Konkret sind neben der in den nächsten Wochen im Parlament beschlossenen Ausweitung der Integrationsklassen von der achten auf die neunte Schulstufe an Polytechnischen Schulen und einjährigen Haushaltungsschulen auch verstärkt Schulversuche zur Integration in der Sekundarstufe II (AHS-Oberstufe, BMHS) vorgesehen. "Spezialeinrichtungen" brauche es trotzdem, "und die wird es auch weiterhin geben", so ein Sprecher Schmieds. Geplant sind "Kompetenzzentren" an Sonderschulstandorten, "die das leisten, was 'normale Schulen' nicht leisten können". Man versuche derzeit, "ohne große bürokratische und sonstige Hindernisse eine optimale Betreuung aufzubauen", über Organisationsformen zu streiten, "tut der Sache nichts Gutes".

(APA)

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