Behinderte: Schmied will Sonderschulen beibehalten

Schmied will Sonderschulen beibehalten
Schmied will Sonderschulen beibehalten(c) AP (L.G. PATTERSON)
  • Drucken

Unterrichtsministerin Schmied sieht in der Beibehaltung von Sonderschulen keinen Widerspruch zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Das sorgt für Unmut bei Lebenshilfe und Grünen.

Es ist ein höchst kontroverses Thema: der Umgang mit behinderten Kindern im Schulsystem. Lebenshilfe sowie ÖVP- und Grünen-Mandatare fordern seit jeher die Abschaffung der Sonderschulen, damit Behinderte nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Wie aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen hervorgeht, sieht Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) dafür aber keine Notwendigkeit.

Sie sehe die wesentlichen Inhalte der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung, die im Jahr 2008 ratifiziert wurde, für erfüllt an, so Schmied. Diese verpflichte Österreich, ein integratives Bildungssystem einzurichten. Wie Staaten das konkret organisieren, bleibe ihnen aber selbst überlassen. „Ausgehend davon, dass Sonderschulen unerwähnt bleiben, kann dies nur bedeuten, dass neben einem voll ausgebauten inklusiven System derartige Schulen als zusätzliches Angebot bestehen dürfen.“ Sie stünden einer Inklusion so lange nicht im Weg, wie ein Überwechseln ins allgemeine System jederzeit problemlos möglich sei.

Kritik von Lebenshilfe, Diakonie, Grünen

Die Kritik folgte auf den Fuß: Für die Lebenshilfe ist die Sonderschule jedoch keineswegs mit der inklusiven Schule vereinbar. Der "separate Unterricht von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen" widerspreche klar den Regeln der UN-Behindertenrechtskonvention und halte Behinderte nicht nur "auf einem lebenslangen Sonderweg am Rande der Gesellschaft, sondern ist auch kostspielig in der Erhaltung", meint Lebenshilfe-Präsident Weber.

Eine Ansicht, die auch die "Initiative Inklusion Österreich" teilt, die sich am Montag in einem offenen Brief an Schmied wandte. Sie sieht das "Festhalten am Auslaufmodell Sonderschule" als entscheidendes Hindernis bei der Entwicklung hin zum inklusiven Schulsystem. Nur eine gemeinsame Schulform könne entsprechend ausgebildete Pädagogen sowie passende Hilfsmittel "kostensparend und effizient" einsetzen. Kritik kommt auch von den Grünen - zumal es in Österreich längst kein voll ausgebautes inklusives System gebe, so Bildungssprecher Harald Walser.

Laut Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich, haben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Österreich "noch immer keinen Platz in einer gemeinsamen Schule". Dabei könne Inklusion allen nutzen, die "häufig befürchtete Nivellierung nach unten" finde nicht statt, wird Denk in einer Aussendung anlässlich seines heutigen Referats im Rahmen der Zero Conference der Essl-Stiftung zitiert. Die Inklusions-Quote von Kindern mit sonderpädagogischem Bedarf liege derzeit zwischen 82 Prozent in Steiermark und nur 32 Prozent in Niederösterreich.

Länder für Beibehaltung von Sonderschulen

Die Länder sind es auch, die auf die Erhaltung der Sonderschulen Wert zu legen scheinen: Im November bestätigte etwa der Tiroler Landesschulratspräsident Hans Lintner (ÖVP) eine entsprechende Vereinbarung mit dem Unterrichtsministerium, wonach "Integration und Inklusion so weit wie möglich ausgebaut werden soll, dass es aber unverzichtbar ist und bleibt, dass Sonderschulen weiterhin bestehen bleiben".

Schmieds geplante Schritten zur inklusiven Schule sehen u.a. die Integration in der neunten Schulstufe an Polytechnischen und einjährigen Haushaltungsschulen sowie vermehrte Schulversuche in der Sekundarstufe II und die weitere Entwicklung von "Kompetenzzentren an Sonderschulstandorten" vor. Weber geht das nicht weit genug: Er fordert in Schmieds Entwicklungsplan, der laut Lebenshilfe noch diese Woche weiter verhandelt wird, "eine klare Positionierung und ein eindeutiges Bekenntnis zur inklusiven Bildung, was im Endeffekt eine Distanzierung zur Sonderschule zur Folge haben muss".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.