Der Student, der 1300 Kilometer pendelte

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Brite Jonathon Davey (24) hat ein Jahr lang in Danzig gewohnt und in London studiert. Und so das Geld für einen Trip auf die Seychellen gespart.

Warum tue ich mir das an? Das hat sich Jonathon Davey (24) in dem ganzen Jahr nie gedacht, in dem er jede Woche von Danzig nach London pendelte. „Ich habe mich aber oft gefragt, wieso ich nicht früher darauf gekommen bin“, erzählt er. Weil das Wohnen in der britischen Metropole so teuer ist, zog der englische Student vergangenen Herbst in ein Hostel ins polnische Danzig – und reiste jede Woche 1300 Kilometer zur Uni.

Statt die Hälfte seines staatlichen Studentenkredits – umgerechnet gut 11.000 Euro pro Jahr – fürs Wohnen auszugeben, flog er jeden Mittwoch um sechs Uhr früh los und am Freitagnachmittag wieder zurück. Die Flüge hatte er billigst für das ganze Jahr im Voraus gekauft, das Hostelbett kostete ein paar Euro die Nacht. Die zwei Nächte in London verbrachte er bei Freunden auf der Couch. „Dafür sind Freunde da, oder?“, sagt er. „Und sie machen das wohl auch für die Geschenke, die ich ihnen aus Polen mitbringe, haha.“

(c) privat



Zwischen 500 und 600 Euro sparte er so im Monat, bei gleichzeitig ziemlich sparsamem Leben kam er mit seinem ungewöhnlichen System insgesamt auf knapp 6000 gesparte Euro. Weshalb er die Fragen zu seinem Pendlerjahr nun per E-Mail von den Seychellen aus beantwortet, wo er nach drei Monaten auf Madagaskar gerade hingereist ist: „Beides habe ich durchs Pendeln finanziert“, sagt er. Und ein Trip im Winter geht sich auch noch aus. „Ich gebe mein Geld fast nur für Reisen und die Freuden des Lebens aus“, sagt er. Feiern zum Beispiel, was in einem polnischen Hostel so sehr Teil des Programms ist, dass man sich manchmal zum Lernen zwingen muss.

„Keine richtig harten Zeiten“

„Ich bereue das Jahr überhaupt nicht“, sagt er. „Es gab wirklich keine richtig harten Zeiten – auch wenn ich mir manchmal gewünscht habe, einfach in Danzig auf die Uni zu gehen. Aber nicht wegen des Pendelns, sondern weil ich die Stadt wirklich lieben gelernt habe.“

Wenn es irgendwie geht, wird Jonathon auch ab Jänner wieder pendeln. Dann fängt er ein neues Studium an: Business and Finance statt wie bisher Anthropologie. „Ob sich das ausgeht, werden wir sehen. Es kommt ein bisschen auf meinen Stundenplan an – aber wo ein Wille ist, da ist ein Weg“, sagt er. Es könnte sein, dass er dann statt in Danzig in der ungarischen Hauptstadt Budapest wohnt. „Der Ort hängt aber komplett vom Flugplan und von den Kosten ab.“

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