Es geht den Studenten doch ums Geld

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Das Streben nach dem schnöden Mammon scheint nicht ganz ins Bild der heutigen Studentengeneration zu passen. Doch Geld hat mehr Relevanz, als man denken mag.

Wenn man als Student viel Geld hat, hängt man das eher nicht an die große Glocke. Wenn doch, kann man sich skeptischer Blicke recht sicher sein, und der Grund dafür muss nicht unbedingt Neid sein. Denn so wenig man (anderen) Studenten wünscht, dass sie sich darum sorgen müssen, wie sie ihre Miete oder die nötigen Bücher für die Uni bezahlen: Das letzte bisschen Romantik, das dem Studentenleben noch anhängt, stammt doch vor allem aus einem gemeinschaftlichen Wir-haben-nichts-Gefühl.

Urlaub im Zelt bietet demnach perfekten Komfort, billigem Wein werden die besten Eigenschaften zugesprochen und dem wässrigen Chili con Carne auf der Party Loblieder gesungen. Wer will schon Horsd’œuvre, wenn sich Selbstironie als Vorspeise viel besser macht? Zum NichtsHaben gesellt sich ein Wenig-Brauchen, an das man in späteren Jahren mit Wehmut zurückdenken wird. Die Leichtigkeit des Seins hängt an der Leichtigkeit der Umzugskartons. Und doch ist – heute weit mehr als in den Dekaden zuvor – spätestens gegen Ende des Studiums der Punkt erreicht, an dem sich diffuse Zukunftssorgen einstellen. Spätestens dann, wenn man von der billigen Matratze Rückemschmerzen bekommt und für die teure einen Kredit aufnehmen müsste.

Die Zukunft im Nebel. Die Unbeschwertheit des Nichtshabens lag für Generationen an Studenten auch darin, dass dieser Zustand ein klares Ablaufdatum hatte: Ja, gut, jetzt muss die Zahnbürste länger halten, als Zahnärzte empfehlen. Aber später kaufen wir uns den Vollholztisch, den frischen Spargel auf dem Biomarkt und jedes Wochenende Konzerttickets. Doch was, wenn sich die Zukunft nicht so klar zeichnen lässt? Wenn die Zeit nach dem Studium hinter einem dichten Nebel liegt? Eine große Unsicherheit ist das, was die meisten Soziologen den unter Dreißigjährigen zuschreiben. Wobei: Das Zuordnen bestimmter Denkmuster an Generationen ist eine allseits beliebte Übung.

Umfrage: Es geht doch ums Geld

Auch diverse andere Stempel bekamen die heutigen Studenten, gemeinhin als Generation Y bezeichnet, schon aufgedrückt. Das Y steht auch für das englische Why, denn die Generation würde sehr stark hinterfragen, was sie tue, heißt es etwa. Geld spiele in ihren Lebenskonzepten eine untergeordnete Rolle, die persönliche Freiheit eine große. Und der Sinn, den sie in ihrer (künftigen) Arbeit sehen, sei weitaus relevanter als der schnöde Mammon.

Dass das so nicht stimmt, zeigt aber eine Umfrage zum Deloitte-Studentenmonitor. Hier gaben die Studenten ganz andere Prioritäten an: Wichtigstes Kriterium bei der Arbeitgeberwahl war für 62 Prozent nämlich – Trommelwirbel! – die gute Bezahlung. Ob sie im Job spannende und kreative Aufgaben haben, reihten dagegen nur 30 Prozent an die erste Stelle.

1200 Studenten aller Fachrichtungen hat Deloitte im Dezember 2015 für diese Studie nach ihren beruflichen Vorstellungen befragt. „Die heutige Studentengeneration achtet bei der Arbeitsplatzwahl in erster Linie auf die Bezahlung. Sie unterscheidet sich damit stark vom vorherrschenden Bild der Generation Y“, lautete die Reaktion von Maren Hauptmann von Deloitte. Die viel zitierte Flexibilität der Studenten scheint damit beim Gehaltszettel an ihre Grenze zu stoßen.

Weniger Wohlstand als die Eltern? Es gibt eine wirtschaftliche Voraussage, die wohl jeder Student gern Lügen strafen würde: Ihr seid die erste Generation, die durch Arbeit nicht den Wohlstand der Eltern erreichen wird, so die pessimistische Prognose. Eine Perspektive, die offenbar schon verinnerlicht wurde. „Die Generation glaubt das auch selbst. Insgesamt ist sie wenig optimistisch“, sagt Philipp Ikrath, Leiter des Instituts für Jugendkulturforschung. Interessant sei aber, dass junge Menschen die gesellschaftliche Zukunft pessimistischer sehen als die eigene. Sie setzen also voraus, dass sie alles geben werden müssen, um erfolgreich zu sein. Denn es wird nicht jeder schaffen.

Das Ziel der Generation Y sei aber weniger Wohlstand als eine gewisse Sicherheit, so der Jugendforscher. Die Erzählungen über die jungen Leute, die sich nicht festlegen wollen, hält er somit für einen Irrtum. Die große Flexibilität komme eher aus der Einsicht, dass dies notwendig sei. Die meisten würden sich dem anpassen.

Der Glaube ans Geld

Wer rechnet eigentlich noch mit einem sicheren Einkommen? Und später mit einer guten Pension? Diejenigen, die heute studieren, wohl kaum mehr. Obwohl diese Frage freilich noch in weiter Ferne liegt, sorgt die allgemeine Unklarheit doch für eine diffuse Zukunftsangst. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum die meisten Studenten das Einkommen bei der Arbeitssuche an erste Stelle reihen. Nicht zuletzt erleichtert das ordinär Pekuniäre die allerorts geforderte Flexibilität. Wer davon ausgeht, dass ein Job keine Garantie auf Sicherheit mit sich bringt, wer auch kurzfristig ins Ausland wechseln muss, wer sich stets weiterbilden muss, braucht dafür eine finanzielle Basis.

Eine Option auf Optionen. Geld schafft nämlich auch Freiheiten: Es ist eine Option auf Optionen, auf Möglichkeiten in der Zukunft. So sah es schon 1900 der Kulturphilosoph Georg Simmel in seiner „Philosophie des Geldes“. Weil es in unserer Gesellschaft quasi überall einsetzbar ist, wurde es vom nützlichen Werkzeug zum Wert an sich.

Doch keine Freiheit ohne Zwang: Wer Geld haben will – und es nicht gerade als Geschenk überreicht bekommt –, muss sein Denken und Handeln auch danach ausrichten. Das beginnt bei der Wahl des Fachs, das man auf der Uni belegt, und zieht sich auf allen Ebenen weiter. Soll die Summe auf dem Konto steigen, erfordert das auch wirtschaftliches Denken: Die Kosten – und das betrifft alle Bereiche des Lebens, vom Kauf neuer Schuhe bis zum Auslandssemester – wollen stets gegen den Nutzen aufgewogen werden. Ein Prinzip, das die einen schrecklich finden, die anderen vernünftig.

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