Das studentische Budget auf Gurkengläser verteilen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Schuldenberater Clemens Mitterlehner hat selbst als Student manchmal sein Konto überzogen. Wichtig ist, dass es nicht ständig passiert. Und dass man sich sein Geld einteilt - das geht zum Beispiel mit ein paar Gurkengläsern.

Haben Sie als Student manchmal Ihr Konto überzogen?
Clemens Mitterlehner: Ja, das ist manchmal vorgekommen. Aber zum Glück nicht sehr oft und auch nicht sehr viel. Und ich hatte immer einen Plan im Kopf, wie ich es ehestmöglich wieder decken kann.

Ist das normal, dass es sich bei knappem Budget manchmal nicht ausgeht?
Es ist leider zur Normalität geworden. Weil es vorkommt, dass man zwei-, dreimal mit Bankomat bezahlt, und dann rutscht man halt ins Minus. Oder weil man vergisst, dass die Kreditkartenabrechnung noch kommt. Und natürlich, weil es bei sehr vielen – dazu gehören auch Studierende – verdammt knapp mit dem Geld ist. Da darf nichts Unvorhergesehenes passieren.

Wann ist Überziehen denn akzeptabel?
Für Jux und Tollerei das Konto zu über­ziehen, ist nicht so optimal. Es kann aber passieren, dass man im Urlaub oder auf einem Festival den Überblick verliert. Wenn es um existenzielle Dinge geht wie die Miete, den Strom oder eine offene Parkstrafe, kann es kurzfristig notwendig sein, das Konto zu überziehen. So oder so ist wichtig, nicht ständig in einen Kontoüberzug hineinzustolpern.
Wie schafft man es raus aus dem Minus?
Der erste große Schritt ist die Erkenntnis, dass man etwas tun muss. Und am Ende gibt es nur zwei Möglichkeiten: Man muss weniger ausgeben oder mehr einnehmen. Oder ein bisschen etwas von beidem.

Was tut man, wenn es immer knapp ist?
Wichtig ist, dass man sich einen Überblick verschafft. Dieser fehlt leider vielen. Was kommt herein, was geht hinaus und wie viel Spielraum habe ich? Lückenlos alle Aus­gaben aufzuschreiben ist da die extremste Stufe. Aber das funktioniert nur dann, wenn man sich nicht selbst beschummelt.

Was ist denn praktikabler?
Sinnvoll ist das Aufschreiben der wich­tigsten Ausgaben: Alles, was hereinkommt abzüglich aller fixen Kosten wie Miete, Strom und Handy. Dann sollte genug für die ­variablen Kosten bleiben, also für Essen, Bücher oder Fort­gehen. Sonst ist Handlungs­bedarf.

Und was hilft, die Kontrolle zu behalten?
Nehmen wir an, es bleiben 300  Euro übrig. Diese lassen sich über einen Monat schlecht planen. Man kann das aber in kürzere Intervalle teilen. 300  Euro sollten für viereinhalb Wochen reichen, ich teile sie also durch fünf. Dann stelle ich mir fünf Gurkengläser mit je 60 Euro auf: Das ist dann mein Budget für die Woche.

Klingt lustig.
Manche schaffen das auch, indem sie es sich nur vorstellen. Eine andere Möglichkeit ist, jeden Montag zum Bankomaten zu gehen und 60 Euro abzuheben und die Karte den Rest der Woche zu Hause zu lassen. Dann geht es darum, die Ausgaben nach Wichtigkeit zu sortieren. Wichtig ist, die eigenen Konsumbedürfnisse zu ­reflektieren.

Das klingt ein bisschen philosophisch.
Ja, das hat durchaus etwas Philosophisches. Es gibt diesen Spruch: „Menschen kaufen Dinge mit dem Geld, das sie nicht haben, um Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen.“ Deshalb ist es wichtig, herauszufinden, ob mir etwas wirklich wichtig ist – oder ob ich da nur etwas hinterherlaufe, was ich gar nicht bin. Das ist sehr indi­viduell, und das ist auch gut so.

Wo sind die größten Gefahren für das Budget?
Eine der größten Gefahren ist der schleichende Kontoüberzug. Ein Hunderter im Minus pro Monat summiert sich auf 1200  Euro im Jahr. Zinsen sind hundert Euro extra. Wenn ich das abzahlen will, muss ich
im Jahr darauf mindestens die hundert Euro einsparen, die ich davor zu viel ausgegeben habe. Und dann noch 110 Euro für die Rückzahlung. Man übersieht gern, wie viel das wird.

Gibt es den ultimativen Spartipp für Studenten?
Das ist sehr individuell. Eine nette Sache sind die Repaircafés, wo gegen das Ablaufdatum
von Produkten gearbeitet wird. In unserer Wegwerfgesellschaft ist das ein schönes Zeichen gegen den Konsumwahn. Und man kann damit Geld sparen.

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