Katastrophen: Wie die Unis den Ernstfall proben

Filmausschnitt aus dem Katastrophenfilm
Filmausschnitt aus dem Katastrophenfilm "The day after tomorrow".(c) EPA (20th Century Fox)
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Hochwasser, Brände, Bombenanschläge und Unfälle mit Chemikalien: An Österreichs Unis kann so einiges passieren. In Innsbruck bereitet man sich derzeit ganz gezielt auf Katastrophen vor.

Großbrand, Hochwasser, Bombendrohung oder Pandemie: Universitäten sind neuralgische Punkte, wenn es um den Katastrophenschutz geht. Am Unistandort Innsbruck wird derzeit ein Katastrophenmanagementplan ausgearbeitet, in dem genau diese Szenarien durchgespielt werden.

Den Anstoß für die Katastrophenprophylaxe lieferten Ereignisse aus den vergangenen Jahren. So brachte 2008 die Angst vor den Masern den Unibetrieb an einzelnen Fakultäten fast zum Erliegen, weil infizierte Studenten Lehrveranstaltungen besucht hatten. Kurz darauf sorgte eine Bombendrohung an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät für Aufregung. „Bisher haben wir derartige Situationen mit Glück und Verstand gemeistert“, sagt der zuständige Vizerektor Arnold Klotz. In Zukunft wolle man dem mit System begegnen.

Flugzeuge: Gefahr von oben

Das ist in Innsbruck dringend nötig. Viele Unistandorte wie der GEIWI-Turm, das Bruno Sanders Haus oder das alte Chemiegebäude sind veraltet und unsicher. Derzeit wird eifrig renoviert, um- und neugebaut. Etwa die Universitätsbibliothek, die Ende des Jahres fertig sein soll. Sie steht, wie die zuvor genannten Gebäude, im Hochwassergefahrenbereich des Inn. Beim Neubau wurde dem Rechnung getragen, indem vor der flussseitigen Fassade ein betonierter Fundamentstreifen errichtet wurde. Droht der Inn über die Ufer zu treten, kann auf diesem Betonstreifen eine Hochwassersperre installiert werden. Ein Schutz, der ein paar Meter flussaufwärts, wo das alte Chemiegebäude steht, ebenfalls dringend nötig wäre. Beim letzten großen Hochwasser 2005 wäre es fast zur Katastrophe gekommen, als der Inn beinahe die Keller des Gebäudes überschwemmt hätte, im dem chemisches Gefahrengut lagert.

Neben Wasser ist Feuer der Hauptfeind der Uni. Im GEIWI-Turm laufen seit 2005 Renovierungsarbeiten, unter anderem zur Verbesserung des maroden Brandschutzes. Bücherbasare, Kopierer, Anschlagtafeln und andere „Brandlasten“ wurden aus Sicherheitsgründen bereits entfernt. „Wir haben alle baulichen Mängel erfasst und arbeiten diese ab“, sagt Vizerektor Klotz. Die Studenten beklagen, dass die permanenten Bauarbeiten und der teils desolate Zustand ihrer Uni eine Behinderung darstelle.

Ein Ende sei so schnell nicht in Sicht, sagt Gina Waibel von den „Grünen & Alternativen StudentInnen“. „Bis 2013 müssen laut Universitätsgesetz alle arbeits- und brandschutzrechtlichen Bestimmungen an den Unis umgesetzt sein – da wird in Innsbruck noch einiges auf uns zukommen. Diese Bestimmungen sind zwar wichtig, die Studienqualität darf das aber nicht beeinflussen.“

Der schlimmste anzunehmende Unfall an der Tiroler Alma Mater wäre jedoch ein Flugzeugabsturz. Die Hauptuniversität liegt direkt in der Einflugschneise des nahen Flughafens. Täglich donnern dutzende Flugzeuge knapp über den GEIWI-Turm hinweg. Dieses Horrorszenario will sich angesichts der vielen anderen Probleme aber niemand vorstellen. „Man sollte sich das vielleicht überlegen“, meint zwar der Vizerektor. Die Beseitigung baulicher Mängel habe aber Vorrang. Dass es nicht nur um alte, sondern auch um neue Bauten geht, zeigte sich am Beispiel der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (SOWI). Das erst 1999 eröffnete Gebäude sorgte von Beginn an für Probleme.

Neubau bröckelt

Schon im Juli 2000 brach die erste große Glasscheibe aus der Dachkonstruktion. In der Folge zerbarsten im August 2001 und im Sommer 2002 immer wieder riesige gläserne Dach- und Fassadenteile. Verletzt wurde wie durch ein Wunder niemand. Zum Schutz der Studierenden brachte man 2003 ein Stahlnetz unter dem Glasdach an. Nach neuerlichen Glasbrüchen wurde das Gebäude schließlich 2007 generalsaniert. Die Nachbesserungen kosteten 3,5 Millionen Euro. „Heute ist die SOWI sicher“, sagt Klotz. Nachdem sich die Studenten fast zwei Jahre lang nur in holzüberdachten Korridoren im Gebäude bewegen durften, bleibt jedoch bei vielen ein mulmiges Gefühl.

Mit ganz anderen Problemen hat es Innsbrucks exponierte Uni-Außenstelle in Obergurgl zu tun. Dort, im Hochgebirge und jenseits der Baumgrenze, wurden alte Zollwachehäuser für den Wissenschaftsbetrieb adaptiert. Um bei meterhohem Neuschnee dennoch von einem Gebäude ins nächste zu gelangen, nutzen die Forscher alte unterirdische Verbindungsgänge.

AUF EINEN BLICK

Die Universität Innsbruck litt schon unter Bombendrohungen, losen Fassadenteilen und Hochwasser. An Zwischenfällen mit giftigen Chemikalien schrammte man knapp vorbei, zudem liegt die Uni in der Einflugschneise des Flughafens. Jetzt arbeitet das Rektorat an einem Katastrophenplan, um Notfälle nicht wie bisher nur „mit Glück und Verstand“ meistern zu müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2009)

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