Die FH hat abgesagt: Was nun?

Davina Oforiokuma ist an der Privatuni gelandet. Und geht nach London.
Davina Oforiokuma ist an der Privatuni gelandet. Und geht nach London.(c) Akos Burg
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Für viele ist die Fachhochschule mit ihren klaren Strukturen und guten Jobaussichten eine attraktive Option. Doch zuvor gibt es eine Hürde zu bewältigen: das Aufnahmeverfahren. Was, wenn man nicht genommen wird?

"Als ich zum dritten Mal nicht genommen wurde an der Fachhochschule, habe ich nur noch geweint und mich gefühlt, als wäre ich nicht gut genug." Davina Oforiokuma (22) wollte eigentlich gleich nach der Matura an einer Fachhochschule in Amsterdam Fashion Branding studieren. Sie flog für ein verlängertes Wochenende in die Niederlande, ließ drei Stunden lang Tests und Interviews über sich ergehen, um dann ein paar Monate darauf die Absage zu bekommen. Zwei weitere Fachhochschulabsagen an der FH Wien der WKW sowie in Graz für die Studiengänge Kommunikationswirtschaft und Marketing und Sales folgten.

"Ich war schrecklich enttäuscht", sagt Davina. Aber schlimmer: Was sollte sie stattdessen machen? "Ich wollte nicht zu Hause herumsitzen, ich wollte irgendwas tun." Also schrieb sie sich für Anglistik an der Universität Wien ein. Eine absolute Fehlentscheidung, wie sie heute weiß. "Ich habe da meine Back-up-Liste von Plan A bis F abgearbeitet." Dann erinnerte sie sich zurück an das, was sie eigentlich interessierte: Mode. Sie spazierte einfach ins Produktionsbüro der MQ Vienna Fashion Week. "Hallo, da bin ich", habe sie gesagt. "Ich will irgendetwas mit euch machen." Davina wurde Praktikantin bei der Fashion Week, wo sie für Organisatorisches zuständig war und arbeitete 2014 auch beim Life Ball mit. Das Thema Fachhochschule war damit vom Tisch. "Ich wollte einfach nie wieder eine Aufnahmeprüfung machen", sagt die Studentin.

Stattdessen bewarb sie sich an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien für das Psychologiestudium und wurde genommen. Auch wenn sie sich sicher ist, dass sie nie als Psychologin arbeiten will, ist sie glücklich, nun in einem Monat ihre Bachelorprüfung abzuschließen. "Denn mich hat immer interessiert, warum Menschen so handeln, wie sie handeln", sagt die junge Wienerin, die vom Facettenreichtum des Studiums begeistert ist.

Nächstes Jahr will sie ihren Master in Fashion Psychology in London machen. Ein neuer Studiengang, der ihre Fähigkeiten perfekt mit ihren Interessen vereint. Denn auch wenn es mal nicht so läuft wie geplant, ist die Studentin sicher, dass alles eine Erfahrung war, die sie weitergebracht hat. Psychologie, Fashion Week und Mode sind für sie kein Widerspruch. Und so manche falsche Abzweigung führt letztlich noch deutlicher zum Ziel.

Doch an die Fachhochschule. Doch wie viele dieser Abzweigungen braucht es, um dorthin zu gelangen? Bei Carmen Reischl waren es wohl mindestens 15. Sieben Fachhochschulen, drei Jahre in Folge Bewerbungen und immer nur ein Studiengang vor Augen: Hebamme. "Ich dachte einfach, ich kann nur das werden", sagt Carmen, die schon bei der Geburt ihrer eigenen Schwester dabei war. Trotz, oder vielleicht auch wegen ihrer Entschlossenheit, kam sie bei jeder Aufnahmeprüfung immer nur auf die Warteliste. "Mit jedem Jahr wurde mein eigener Druck größer. Ich glaube das hat man mir angemerkt", sagt sie heute um einiges entspannter.

Nach vielen Versuchen ist Carmen Reischl nun doch an der FH gelandet.
Nach vielen Versuchen ist Carmen Reischl nun doch an der FH gelandet.(c) Akos Burg

Die 24-jährige Badnerin studiert seit diesem Jahr nämlich nun doch an der FH Campus Wien, aber nicht Hebamme, sondern Diätologie. "Keine zweite Wahl, sondern eine zweite Option", nennt sie ihre Entscheidung. Weil sie mit ihrem Freund zusammengezogen ist, kam nur noch eine Fachhochschule in Wien in Frage, nicht wie in den Jahren zuvor alle Fachhochschulen im Land. "Da dachte ich, es wäre gut, sich auch für etwas anderes zu bewerben, einen Plan B zu haben." Carmen wurde gleich beim ersten Versuch genommen, obwohl die Wahrscheinlichkeit viel geringer war, einen Platz für Diätologie zu bekommen als für ihr eigentliches Wunschstudium. Der Studiengang ist mit 15 Plätzen der Kleinste an der Fachhochschule Campus Wien. Hebamme ist im Vergleich dazu doppelt so groß.

Doch gerade ein kleiner Studiengang hat viele Vorteile, findet Carmen. Mehr Zusammenhalt, bessere Betreuung und aktive Unterstützung bei der Suche nach Praktika. "Auf der Uni ist man da viel mehr auf sich allein gestellt." Sie weiß, wovon sie spricht: Während ihrer Zeit der Bewerbungen an den Fachhochschulen hat sie Germanistik an der Uni Wien studiert und mittlerweile mit dem Bachelor abgeschlossen.
Trotzdem stand der Wunsch nach einem Platz auf einer Fachhochschule immer im Raum. Jetzt hat sie es geschafft, wenn auch nicht in ihrem primären Wunschfach. "Das hat schon ein weinendes Auge auch. Aber ich gebe nicht auf. Ich möchte beide Fächer am liebsten kombinieren", sagt sie.

Mit einem Scheitern zum Erfolg. Einen ganz anderen Zugang zu missglückten Aufnahmeprüfungen hat Marika Czupak. So etwas wie Misserfolg kennt die junge Unternehmerin einfach nicht. "Wäre ich an der Fachhochschule genommen worden, dann hätte ich damals nie einen Job bei einer Eventagentur angenommen, nicht meinen heutigen Mann kennengelernt, wäre nie in die USA gezogen und hätte nie meine eigene Firma gegründet", sagt die 26-Jährige. "Es spornt mich an, wenn etwas nicht klappt. Ich liebe es, Lösungen zu finden." Sie wollte anfangs unbedingt an einer Fachhochschule studieren, auf Anraten der Eltern probierte sie es aber vorher doch an der Universität.

Ein Studium der Internationalen Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien folgte. Fünf quälende Semester lang, wie sie sagt. "Die Uni war einfach zu leger." Wechselnde Kommilitonen, volle Hörsäle, fehlendes Gemeinschaftsgefühl behagten Marika nicht. Dann probierte sie es an der Fachhochschule Wien der WKW für den Studiengang Marketing. "Ich wollte einfach mehr Struktur und Hands-on arbeiten", sagt die gebürtige Polin, die im Alter von zwei Jahren mit ihrer Familie nach Wien gezogen ist. "Ich wurde leider nicht genommen, aber das hat mich dann zu meinem neuen Job geführt."

Marika Czupak wollte unbedingt an die FH. Jetzt ist sie Unternehmerin.
Marika Czupak wollte unbedingt an die FH. Jetzt ist sie Unternehmerin.(c) Akos Burg

Marika nahm einen Job bei der Eventagentur Kesch an, flog in die Türkei und nach Kroatien zu den Maturaevents Summer Splash und Springbreak, wo sie die Fotografen koordinierte. "Dort habe ich gemerkt, was ich eigentlich alles drauf habe", sagt sie. "Da wurde mir auch klar, dass die Uni nichts für mich ist." Ein abgebrochenes Studium und einen Heiratsantrag später zog Marika dann nach Austin, Texas, zu ihrem Mann, der Amerikaner ist. Dort gründete sie vor einem halben Jahr ihre Online-Firma Irides Boutique, die Schmuck europäischer Kleindesigner in die USA exportiert und dort verkauft. Der große Vorteil: Sie kann von überall arbeiten.

Ob sie jemals Zweifel an ihren Entscheidungen hatte? "Nein, ich möchte in meinem Leben nichts bereuen und denke immer gleich drei Schritte weiter", sagt Marika. Als nächstes plant sie, ihre Firma zu vergrößern, sich vielleicht einen Katamaran zu kaufen und ein halbes Jahr von der Karibik aus zu arbeiten. "Ich habe auch schon Ideen für neue Firmen."

("UniLive"-Ausgabe, 27.09.2017)

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