Virtuelles Engagement auf dem Vormarsch

Virtuelles Engagement Vormarsch
Virtuelles Engagement Vormarsch(c) Katharina Ro�both
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An klassischer (partei-)politischer Betätigung zeigen Österreichs Studierende immer weniger Interesse. Vor allem Hochschüler aus ländlichen Regionen sind aber überdurchschnittlich oft zu sozialem Engagement bereit.

Wien/Red. Von der Online-Petition über die Gründung einer eigenen Protest-Facebook-Gruppe bis hin zur Teilnahme an Demonstrationen: Wenn sich die heimischen Studierenden gesellschaftlich engagieren, dann tun sie das vorwiegend virtuell oder spontan. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OGM im Auftrag der „Presse“.

Insgesamt zeigten sich die befragten Studenten engagierter, als wohl so mancher vermutet hätte: Immerhin 42Prozent aller Hochschüler sind demnach in einem Ehrenamt tätig oder betätigen sich anderweitig – Details siehe Grafik oben. Die Studierenden befinden sich damit im Schnitt der Gesamtbevölkerung, so OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

Insbesondere der hohe Anteil an spontanem oder virtuellem Engagement spiegle „sehr gut die gesellschaftliche Realität wider“, sagt Bachmayer. Es sei ähnlich wie in Beziehungen: „Die jüngere Generation sucht keine Partnerschaft auf Lebenszeit.“ Die virtuelle Welt erleichtere eben ein „flexibles, kurzzeitiges und nicht themengebundenes Engagement“.

(c) DiePresse

Nachbarschaftshilfe hoch im Kurs

Hoch im Kurs stehen bei den Studenten aber auch traditionellere Formen des Ehrenamts im zivilgesellschaftlichen und sozialen Bereich. 35Prozent jener, die sich engagieren, haben angegeben, sich in diesem Bereich – etwa beim Roten Kreuz, der Freiwilligen Feuerwehr, den Pfadfindern oder NGOs – zu betätigen. Vor allem Studierende aus ländlichen Regionen neigen überdurchschnittlich stark zur sogenannten Nachbarschaftshilfe: 47 Prozent der der Studierenden vom Land, die sich engagieren, tun das in diesem Bereich. Bei Studierenden aus dem städtischen Bereich liegt der Anteil bei nur 25Prozent. Beim virtuellen, spontanen Engagement verhält es sich umgekehrt.

Weniger gut steht es um das klassische politische Engagement der Studierenden – also etwa die Mitgliedschaft in einer Parteiorganisation oder die Betätigung in der Hochschülerschaft: Nur 21Prozent jener, die sich überhaupt engagieren, tun dies im politischen Bereich. Das sind weniger als zehn Prozent aller Studierenden.

Parteien tragen Mitschuld

Für Bachmayer ist das „wenig verwunderlich“. Nicht nur, weil traditionelle Formen des Engagements generell immer stärker ins Hintertreffen geraten: „Wenn sich Parteien beklagen, keine jungen Menschen mehr für Jobs etwa auf der Gemeindeebene zu finden, müssen sie vor allem vor ihrer eigenen Türe kehren.“

Interessant ist auch das Geschlechterverhältnis: Während 50 Prozent der Männer angeben, sich freiwillig und unentgeltlich zu betätigen, tun das nur 35 Prozent der Frauen. Für Bachmayer ist das aber kein Indiz, dass Frauen generell weniger gesellschaftliches Engagement zeigen: Männer, so der Meinungsforscher, fühlen sich lediglich tendenziell wohler bei „formalisiertem, strukturiertem“ Engagement – etwa bei der Feuerwehr –, wohingegen sich Frauen stärker informell engagieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2012)

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