Finanzierung: Bis zu 29.500 Euro pro Student

Finanzierung 29500 Euro Student
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Für Veterinärmediziner könnte es fast fünfmal so viel Geld geben, wie für Jus oder Wirtschaft. Das kostet im Vollausbau 1,2 Millarden Euro zusätzlich pro Jahr. Das Konzept zur Studienplatzfinanzierung im Detail.

Wien. Schon seit der Ankündigung der Studienplatzfinanzierung wurde gerätselt, wie viel Geld die heimischen Unis künftig wohl pro Student erhalten sollen. Nun liegen der „Presse“ exklusiv die Zahlen vor: Ist die neue Finanzierung einmal komplett umgesetzt, sollen Hochschulen pro Platz zwischen 6300 und 29.500 Euro bekommen (siehe Tabelle). Das geht aus dem Schlussbericht der Arbeitsgruppe von Ministerium und Uni-Rektoren hervor, der zwar seit Dezember fertig ist, aber unter Verschluss gehalten wird.

Vor allem zum aktuellen Zeitpunkt sind diese Zahlen brisant: Denn mit der Annäherung der SPÖ in punkto Uni-Zugang ist die Umsetzung der lange angekündigten, neuen Finanzierung erstmals in greifbare Nähe gerückt. Grob gesagt sollen die Unis künftig über drei Säulen finanziert werden: Forschung, Infrastruktur und, als Kernelement, die Lehre. Hier erhalten die Universitäten für eine bestimmte Anzahl an Studienplätzen je nach Fach Geld. Die wichtigsten Fakten zur Finanzierung der Lehre.

1 Welche Fächergruppen soll es künftig geben?

In dem vorliegenden Modell gibt es sieben Fächergruppen. Die erste Gruppe – jene, für die es am wenigsten Geld gibt – umfasst die sogenannten Buchwissenschaften wie Jus, Wirtschafts- oder Geisteswissenschaften. Die zweite sind jene naturwissenschaftlich-technischen Studien, die weniger betreuungsintensiv sind (z.B. Mathematik oder Informatik) sowie sozial- und geisteswissenschaftlichen Studien, mit einem höheren Betreuungsbedarf (etwa Fremdsprachen), Gruppe drei sind die betreuungsintensiven naturwissenschaftlich-technischen Fächer (Ingenieurwesen, Chemie), vier die Human- und Zahnmedizin und fünf die Veterinärmedizin. Die sechste Gruppe sind Studien aus dem Bereich der bildenden/gestaltenden Künste und Architektur an den Kunstunis, Gruppe sieben Studien im Bereich Musik und darstellende Kunst.

2 Wie werden die Summen für diese Gruppen berechnet?

Die Summe variiert je nach Kostenintensität der Studien. Diese hängt von fachlicher Ausrichtung, Ausstattung und – zentral – von der Betreuung ab. Für die Berechnungen in dem Modell wurden ideale Betreuungsrelationen herangezogen, wie sie auch Deutschland und die Schweiz anstreben.

3 Wie viele Studenten sollen auf einen Professor kommen?

In der Medizin soll auf 15 Studenten ein Habilitierter kommen, in den Naturwissenschaften einer auf 25, in Technikfächern 35, in den meisten anderen Studien – etwa Jus, Wirtschafts-, Geistes- und Sozialwissenschaften – soll ein Professor 40 Studierende betreuen. In Musik und darstellender Kunst soll die Relation bei 1:10 liegen.

4 Wofür gibt es am wenigsten, wofür am meisten Geld?

Diese Summe ändert sich je nach Umsetzungsphase (siehe Tabelle). Das hat damit zu tun, dass die angestrebten Betreuungsverhältnisse nicht sofort erreicht werden können – an der Wirtschaftsuni etwa fehlt es dafür schlicht an Professoren. In der ersten Stufe gibt es für Fächer wie Jus 3800 Euro pro Jahr, im Vollausbau sollen es 6300 sein. Bei der teuersten Gruppe – den Veterinärmedizinern – bewegt sich die Summe zwischen 28.500 und 29.500 Euro (sie enthält anteilig auch Kosten des Tierspitals, bei Humanmedizinern ist klinischer Mehraufwand nicht enthalten).

5 Von wie vielen Studierenden wird in dem Modell ausgegangen?

Herangezogen wird die Anzahl der prüfungsaktiven Studenten, das sind jene, die pro Jahr Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Punkten absolvieren. Im Moment sind das rund 200.000 der 300.000 inskribierten Studenten.

6 Geht sich das mit dem derzeitigen Budget aus?

Nein. Es braucht deutlich mehr Mittel für die Unis. Nach dem vorliegenden Modell (das vor der Fixierung der Uni-Milliarde erstellt wurde) sind in der ersten Umsetzungsphase pro Jahr zusätzlich 330 Millionen Euro nötig, in der zweiten 690 Millionen und im Vollausbau 1,2 Milliarden Euro.

7 Das alles kann aber nur mit Zugangsregeln etabliert werden?

Ja, so steht es jedenfalls in dem Modell: Die Unis sollen mit dem Ministerium eine Vereinbarung über die Anzahl der in den einzelnen Fächergruppen auszubildenden Studierenden treffen, bzw. eine Unter- und eine Obergrenze festlegen. In dem Modell werden auch die derzeitigen Studierendenzahlen (je Fächergruppe) und im Vergleich dazu die Kapazitäten der Unis gegenübergestellt. Fazit: In vielen Fächern reichen die Kapazitäten derzeit bei Weitem nicht aus (siehe Artikel links unten).

8 Was passiert, wenn zu viele ein Fach studieren wollen?

Laut dem Modell soll der Uni bei zu hoher Nachfrage nach gewissen Fächern in den Leistungsvereinbarungen die Möglichkeit von Beschränkungen eingeräumt werden. Von den Studierenden wird Flexibilität erwartet: Können sie nicht im bevorzugten Studium aufgenommen werden, soll die Uni wenn möglich einen Platz in einem benachbarten Fachgebiet anbieten.

9 Was passiert, wenn Plätze frei bleiben?

Ist die Nachfrage so gering, dass sie längerfristig unter der in den Leistungsvereinbarungen festgelegten Platzzahl liegt, muss die Uni die Mittel in Bereiche verschieben, wo Kapazitäten fehlen – oder sie werden abgezogen.

10 Wann soll diese Finanzierung eingeführt werden?

In der kommenden Periode der Leistungsvereinbarungen, über die die Unis im Herbst mit dem Ministerium verhandeln, sollen erste Grundsätze der Studienplatzfinanzierung herangezogen werden. Danach soll die Umsetzung schrittweise erfolgen – je nach politischer Einigung könnte die erste Phase (siehe Grafik) dann in der Leistungsvereinbarungsperiode ab 2016 starten. In dieser Phase sollen die Unis außerdem eine sogenannte Implementierungskomponente erhalten – Geld, das nach dem bisher üblichen Verfahren verteilt wird, um etwaige Umverteilungseffekte zunächst abzumildern.

11 Wie lange wird es bis zum Vollausbau dauern?

Startet die erste Umsetzungsphase mit dem Jahr 2016, wird der Vollausbau in zehn Jahren erreicht werden, das heißt, in der Leistungsvereinbarungsperiode 2022-2024 .

12 Wollen überhaupt alle Akteure die Studienplatzfinanzierung?

Das Wissenschaftsministerium und die Universitäten, die ja das vorliegende Modell erarbeitet haben, sind dafür, auch die SPÖ ist grundsätzlich für eine Studienplatzfinanzierung. Ob es beim Uni-Zugang eine Einigung gibt, ist letztlich Voraussetzung für eine Umsetzung. Die ÖH würde mehr Geld für die Uni-Lehre zwar begrüßen, Zugangsbeschränkungen lehnen die Studentenvertreter aber ab.

Studienplatzfinanzierung in 3 Stufen

Fächergruppe Phase 1 Phase 2 Vollausbau
1 (u.a. Jus Geisteswissenschaften) 3800 Euro 4800 Euro 6300 Euro
2 (u.a. Mathematik, Fremdsprachen) 5700 Euro 7100 Euro 8800 Euro
3 (u.a. Physik, Ingenieurwesen) 7600 Euro 9100 Euro 11.400 Euro
4 (Human- und Zahnmedizin) 23.000 Euro 23.500 Euro 24.000 Euro
5 (Veterinärmedizin) 28.500 Euro 29.000 Euro 29.500 Euro
6 (u.a. Kunststudien, Architektur) 17.000 Euro 17.500 Euro 18.500 Euro
7 (Musik und darstellende Künste) 27.000 Euro 27.500 Euro 28.500 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2012)

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