Wie die ÖVP die ÖH-Direktwahl verhindert

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oeVP ihre Studenten oeHDirektwahl(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Laut Berechnungen würde die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft trotz Wahrechtsreform den ersten Platz verteidigen können. Großer Unsicherheitsfaktor ist aber das Wahlverhalten. Daher will sie am bestehenden System festhalten.

Wien. Es ist kein Geheimnis, dass hinter Wahlrechtsreformen meist Eigeninteressen stecken. Eingestehen will das freilich niemand. Auch nicht auf Ebene der Österreichischen Hochschülerschaft: Anfang vergangener Woche machte Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) fast allen ÖH-Fraktionen einen Strich durch die Rechnung. Er verkündete, dass es auch bei der ÖH-Wahl im Frühjahr 2013 keine Direktwahl geben wird. Seine Begründung: Die ÖH habe ihm keinen einheitlichen Reformvorschlag vorgelegt.

Gefreut hat das nur eine Fraktion: die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG). Diese will als einzige an der bestehenden Wahlordnung festhalten. Das Studierendenparlament – die ÖH-Bundesvertretung – soll demnach weiter von den einzelnen Unis beschickt und nicht direkt gewählt werden. Die offizielle Argumentation der AG: Nur so sei sichergestellt, dass die vielfältigen Anliegen der Studierenden an den verschiedenen Unis auf hochschulpolitischer Bundesebene diskutiert werden. Die übrigen Fraktionen vermuten, dass sich die Aktionsgemeinschaft nur gegen die Direktwahl ausspricht, weil sie befürchtet, Stimmen zu verlieren.

Der VSStÖ würde profitieren

Das Wissenschaftsministerium untersuchte die Auswirkungen der Direktwahl sogar rechnerisch. Die entsprechenden Zahlen liegen der „Presse“ vor. Demnach würde die AG auch nach einer Wahlrechtsänderung die Nummer eins bleiben. Legt man – simpel gerechnet – das Wahlergebnis des Jahres 2011 auf die Direktwahl um, würde die AG sogar um ein Mandat zulegen. Damit würden 24 der 73 Mandate, die auf Uni-Ebene vergeben werden, an die ÖVP-nahe Fraktion gehen.

Für die Fachschaftslisten (FLÖ) würde eine derartige Wahlrechtsreform einen enormen Verlust bedeuten. Das Minus von zwei Mandaten würde für die FLÖ heißen, dass sie vom derzeit zweiten auf den vierten Rang zurückfallen. Deutlich zulegen würde der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ), und zwar um zwei Mandate. Auch die grünen Studierendenvertreter der GRAS würden ein Mandat gewinnen.

Berechnet wurde auch eine zweite Variante. Und zwar die Mandatsverteilung bei einem auf 55 Plätze verkleinerten Studentenparlament – für das sich alle Fraktionen aussprechen. Mit einem Minus von fünf Mandaten würde die AG dabei am meisten verlieren. Dennoch würde sie mit 19 Mandaten noch acht Mandate Vorsprung auf die zweitplatzierte GRAS haben. Den dritten Platz würden sich der VSStÖ und die FLÖ teilen.

Zumindest rechnerisch gesehen bräuchte die Aktionsgemeinschaft also keine Angst vor einem Stimmenverlust zu haben. In Sicherheit darf sie sich dennoch nicht wiegen. Eine Direktwahl könnte nämlich einen merklichen Einfluss auf das Wahlverhalten nehmen. Tatsache ist, dass die AG bislang weniger mit ihren politischen Statements als mit Beratung und Service an den einzelnen Uni-Standorten zu punkten versuchte. Eine Direktwahl könnte sie – genauso wie der serviceorientierten FLÖ – auf Bundesebene Stimmen kosten. Das Gegenteil ist beim SPÖ-nahen VSStÖ der Fall. Dessen allgemeine politische Forderungen wären für eine Direktwahl prädestiniert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2012)

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