Eine Klausur als letzte Chance für die Bildung

Claudia Schmied (SPÖ), Karlheinz Töchterle (ÖVP)
Claudia Schmied (SPÖ), Karlheinz Töchterle (ÖVP)(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Regierung will bei ihrer Regierungsklausur am Freitag die Weichen für eine Bildungsreform stellen. „Die Presse“ hat die zu erwarteten (Neu-)Regelungen unter die Lupe genommen. Ein Appell.

Studiengebühr: Einigt euch, egal worauf!

Kaum eine politische Debatte ist in Österreich von so nervtötender Redundanz wie jene über die Studiengebühren. Seit Jahren diskutieren vor allem ÖVP und SPÖ über Einführung, (Teil-)Abschaffung und (Wieder-)Einführung. Zuletzt einigte man sich darauf, sich nicht zu einigen – und lieber die Unis selbst entscheiden zu lassen, die dafür nun den Verfassungsgerichtshof am Hals haben.

Jetzt endlich ist eine Lösung in Sicht. Das kolportierte Kompromissmodell von SPÖ und ÖVP: Bezahlen sollen künftig nur Nicht-EU-Bürger und sogenannte Bummelstudenten – also jene, die ohne Entschuldigungsgrund über der Mindest- bzw. Toleranzstudiendauer sind. Das sind genau jene Studierendengruppen, die auch bis März 2012 – da schritt der VfGH ein – zahlen mussten. Die Gebühren dürften in Hinkunft 500 Euro pro Semester betragen, also etwas mehr als der bisherige Betrag von 363,63 Euro.

Eine inhaltliche Beurteilung des Modells ist weitgehend sinnlos. Denn die Summe, die die Unis auf diesem Weg einnehmen können, ist zu gering, um Reformen zu ermöglichen. (Vor allem, wenn – wie versprochen – das Stipendienwesen ausgebaut wird.) Zugleich ist der Betrag von 500 Euro (abzüglich allfälliger Beihilfen) zu gering, um sozial schwächere Studierende in großer Zahl von einem Studium abzuhalten.

Die Einigung in der Studiengebührenfrage ist also in keinem Fall systemrelevant, egal, wie sie in ihren Details aussehen wird. Fazit: Einigt euch, worauf ihr wollt. Aber bitte einigt euch. Zu lange schon wurden wirklich wichtige hochschulpolitische Fragestellungen von der platten Studiengebührendebatte überlagert.

Uni-Zugang: Flickwerk wird nicht reichen!

Da ist sie also wieder: Die bei der großen Koalition so beliebte Übergangslösung. Seit Wochen verhandeln Uni-Minister Karlheinz Töchterle und SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl über neue „Zugangsregeln“ und „Mengengerüste“ – so lauten die sozial verträglichen Ausdrücke für „Zugangsbeschränkungen“. Herausgekommen sein dürfte dabei erneut nur Flickwerk. Wie „Die Presse“ exklusiv berichtete, dürften Zugangsbeschränkungen lediglich in den fünf Massenfächern Architektur, Pharmazie, Biologie, Informatik und Wirtschaftswissenschaften eingeführt werden. Alle anderen Studien bleiben ungeregelt. Die Unis könnten somit künftig in den fünf Fächern – sobald eine vorab definierte Studierendenzahl überschritten wird – autonom Beschränkungen einführen. Wie die Hürden aussehen, das dürfen die Unis laut „Presse“-Informationen wohl selbst festlegen.

Die Regelung passt in gleich zweierlei Hinsicht zum politischen Grundverständnis der Regierung.
Erstens: Es wird nicht agiert – sondern reagiert. Die Koalition behebt bestehende Kapazitätsengpässe, verhindert aber nicht künftige. Das Problem: Die Studierenden, die in den besagten Fächern keinen Platz mehr bekommen, weichen auf andere aus. Dann beginnt das Spiel von vorn.

Zweitens: Ob und wie die Unis den Zugang dann regeln, bleibt ihnen selbst überlassen. Wer will, kann all das als Zeichen einer gelungen Uni-Autonomie deuten. In Wahrheit ist die Eigenverantwortung der Unis eher der Angst vor Widerständen geschuldet. Vereinfacht gesagt: Wenn eine Uni den Zugang beschränkt, ist sie selbst verantwortlich. Nicht SPÖ oder ÖVP. Eine (zu) bequeme Lösung.

Lehrerbildung: Mut zu mehr Verantwortung!

Wie die Institution aussehen soll, an der die künftigen Lehrer ausgebildet werden, ist noch fraglich. Welches Ministerium dafür verantwortlich sein wird, ist noch nicht entschieden. Und ob man als Bachelor oder Master zu unterrichten beginnen sollte, das bleibt den angehenden Lehrern selbst überlassen. Die Regierung beweist auch hier: Mut, klare Vorgaben zu machen, hat sie nicht.
Doch die Zeit drängt. Will man das lang angekündigte Projekt der neuen Lehrerbildung noch in dieser Legislaturperiode weiterbringen, braucht es eine schnelle Einigung. Diese könnte bei der Regierungsklausur erzielt werden. Die „heißen Eisen“ werden dabei wohl kaum angetastet werden.

In der Institutionenfrage hat die Regierung bereits resigniert. Pädagogische Hochschulen und Universitäten sollen selbst entscheiden, wer die Federführung in der Lehrerbildung übernimmt. Es sei gut, regional unterschiedliche Modelle zuzulassen, versuchen die Koalitionspartner selbst das noch als Erfolg zu verkaufen. Einfach haben es sich die Verhandler auch bei den Ausbildungsstandards gemacht. Der Masterabschluss ist zwar die „Richtschnur“. Pädagogen, die lediglich den Bachelor absolvieren, sollen aber im Teamteaching oder in der Nachmittagsbetreuung eingesetzt werden. Andere Entscheidungen werden in die Zukunft weitergeschoben: Die Frage, ob künftig das Unterrichts- oder das Wissenschaftsministerium für die Lehrerausbildungsstätten verantwortlich sein wird, wird lapidar beantwortet: „Das wird Teil der nächsten Koalitionsverhandlungen sein.“
Die Regierungsparteien können, wie es aussieht, weiter auf Reformen warten. Die Schülerinnen und Schüler nicht.

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