Bildungspolitik 2012: Was wurde eigentlich aus...

Bildungspolitik 2012 wurde eigentlich
Bildungspolitik 2012 wurde eigentlich(c) Clemens Fabry
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Ein Rückblick auf die Aufreger, Vorhaben und Rücktritte des Jahres 2012. Und welche Projekte die Regierung (nicht) auf den Weg gebracht hat.

Die Regierung hat in der Bildung den Minimalkonsens längst zur Maxime erhoben. Es gibt kaum ein anderes Politikfeld, in dem die Koalition – unter tatkräftiger Mithilfe aller Interessenvertreter – seit Jahren derart passiv agiert, wie in Schul- und Hochschulfragen. Auch das verstrichene Jahr 2012 war nicht geprägt von den großen Einigungen. Sondern vielmehr von Provokation, Schein- und Rückzugsgefechten und leeren Versprechungen. Die Politik macht sich dabei nicht zuletzt die Schnelllebigkeit der medialen Öffentlichkeit zunutze. Die altbekannten Debatten über Noten, Unterrichtszeiten, neue Schulformen und Finanzierungsmodelle tauchen ebenso rasch auf, wie sie wenig später wieder in der Versenkung verschwinden. Echte Lösungen scheint kaum noch jemand zu erwarten.

„Die Presse“ hat sich daher der Themen des vergangenen Jahres in einem etwas anderen Rückblick angenommen: Neben den bestimmenden politischen Debatten – hier, in diesem Text – soll der Blick vor allem auf jene Aufreger, Vorhaben und Rücktritte fallen, die während des Jahres bald schon wieder nachhaltig aus dem Blick der Medien verschwanden: Was wurde aus dem umstrittenen „Café Rosa“ der ÖH? Was macht Elmar Märk, der geschasste Kurzzeit-PH-Tirol-Chef, heute? Was wurde eigentlich aus BIFIE-Direktor Josef Lucyshyn? Und wo arbeiten jene Postbeamten, die die Lehrer entlasten sollten, heute? „Die Presse“ hat nachgeforscht.

Von der Zentralmatura zur Studiengebühr

Auf bundespolitischer Ebene dominierten im verstrichenen Jahr die ideologischen Dauerbrenner: Besonders heftig verlief der Streit um die Zentralmatura. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) hielt (zu) lange an ihrem Prestigeprojekt fest. Erst als nicht nur Lehrer, Eltern und Schüler die mangelnde Vorbereitung des Projekts – vor allem im Fach Mathematik – kritisierten, sondern sogar Schmieds eigene Experten, verschob sie den Start um ein Jahr. Statt nun gemeinsam an einer gelungen Umsetzung zu arbeiten, lehnt sich die Lehrergewerkschaft weiter zurück. Und hofft wohl darauf, das Konzept endgültig zu kippen.

Beschlossen hat die Koalition hingegen den flächendeckenden Ausbau der Neuen Mittelschulen. Bis spätestens 2018 sollen alle Hauptschulen umgewandelt sein, AHS-Unterstufen können sich freiwillig bewerben. Für die ÖVP ist die Reform abgeschlossen, Schmied sieht sie als Zwischenschritt zu einer Gesamtschule. Die Chancen auf Realisierung gehen gegen null.

Gar nichts passiert ist – von einer „Klausur“ und einigen Verhandlungsterminen abgesehen – beim neuen Lehrerdienstrecht.Schmied will dieses noch vor der Wahl umsetzen. Die Gewerkschaft bremst, mit kräftiger Unterstützung „ihrer“ ÖVP.

Einen (Minimal-)Konsens fand man bei der neuen Pädagogenausbildung, die 2014 anlaufen soll. Wesentliche Neuerung: Künftig sollen Lehrer nicht für einen Schultyp, sondern für eine Altersgruppe ausgebildet werden. Auch Kindergärtnerinnen sollen – müssen aber nicht – an der akademischen Ausbildung teilhaben. Zuständig sind Unis und pädagogische Hochschulen gemeinsam. Wie die Kooperation funktionieren soll, ist aber unklar. Ein Zertifizierungsrat soll die Einhaltung von Qualitätsstandards überprüfen.

Eine mühsame Einigung gab es bei den Studiengebühren. Nach ewigem Hin und Her einigte sich die Koalition darauf, sich auf kein neues Modell einigen zu können. Und lieber zu jenem zurückzukehren, das sie einige Monate zuvor mangels Einvernehmen hatte auslaufen lassen. Das ist so innovativ, wie es klingt. Künftig zahlen also wieder nur Langzeitstudierende und Nicht-EU-Bürger – falls ihnen nicht einer der zahllosen Befreiungsgründe einfällt.

Bei den Zugangsbeschränkungen lief es ähnlich. Man verständigte sich darauf, ab Herbst 2013 die Platzzahl ausschließlich in jenen Fächern zu beschränken, in denen die Hörsäle jetzt schon aus allen Nähten platzen: Wirtschaft, Biologie, Architektur, Informatik, Pharmazie. Eine punktuelle, keine grundsätzliche Lösung. Damit werden bestehende Probleme ausgemerzt – und andere geschaffen. Bald schon werden wohl andere Fächer (Stichwort Verdrängungseffekt) unter einem nicht zu bewältigenden Ansturm von Studierwilligen leiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2013)

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