Kritik an neuen Uni-Zugangsregeln: Aufwendig, teuer, wirkungslos

(c) APA (Herbert Neubauer)
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Die Rektoren konzipieren neue Tests, glauben aber selbst nicht an deren Sinnhaftigkeit. Die Schwächen im Überblick.

Wien. Die Rektoren sind in einem Zwiespalt. Zwar werden sie in den fünf neu beschränkten Studienfeldern – Architektur, Biologie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften – großteils umfangreiche Aufnahmeverfahren durchführen. An deren Sinnhaftigkeit glauben sie aber nicht. „Die Zugangsbeschränkungen, die vom Wissenschaftsministerium als Erfolg verkauft wurden, sind eine läppische Angelegenheit“, sagt etwa Adalbert Prechtl, Vizerektor der Technischen Uni Wien (TU). Die konkreten Schwächen im Überblick:

1. Die neuen Beschränkungen bringen keine Entlastung in überlaufenen Fächern.

Durch die Zugangsbeschränkungen wird es nicht weniger, sondern – mit Ausnahme der Architektur – sogar mehr Studierende in den ohnehin bereits überlaufenen Fächern geben. Der Hintergrund: Die Unis dürfen laut Gesetz nicht weniger Anfänger aufnehmen, als es in den einzelnen Fächern im Jahr 2011 gab. An der Wirtschaftsuni Wien (WU) heißt das laut Vizerektorin Edith Littich Folgendes: „Betreuen können wir bis zu 1900 Studenten. Tatsächlich müssen wir aber 3700 Studierende aufnehmen.“ Auch die Uni Wien klagt über die vom Ministerium festgelegten Mindestzahlen. So gebe es etwa im Bereich Pharmazie nur 190 Laborplätze. Aufgenommen werden müssten aber 700 Studienanfänger.

2. Eine Umschichtung der Studenten zwischen den Unis findet nicht statt.

Nicht an allen Uni-Standorten sind die fünf betroffenen Studienfelder heillos überlaufen. Der ursprüngliche Plan – die Studierenden besser über die einzelnen Standorte zu verteilen – ist dennoch geplatzt. So war etwa vorgesehen, dass die Wirtschaftsuni von den Beschränkungen profitiert und weniger Studienanfänger aufzunehmen hat. Die abgewiesenen Studenten sollten auf die anderen Unis verteilt werden. Das ist nun nicht der Fall. Die festgelegten Platzzahlen orientieren sich – wie in Punkt eins erwähnt – nahezu ausschließlich an den bisherigen Studierendenzahlen der einzelnen Unis und nicht an den tatsächlichen Kapazitäten.

3. Es geht nicht wirklich darum, die geeignetsten Studierenden auszuwählen.

Die Unis haben sich auf gemeinsame Aufnahmeverfahren in den einzelnen Studienfeldern geeinigt. In den meisten Studienrichtungen müssen sich die angehenden Studenten zuerst selbst testen und online ihre Eignung für das Fach überprüfen. Dann verlangen manche Unis ein Motivationsschreiben, das online eingereicht werden muss. Zu guter Letzt kommt der Aufnahmetest (siehe Faktenkasten). Der Haken: Weder die Self-Assessment-Tests noch die Motivationsschreiben werden tatsächlich bewertet. Sie wurden nur eingeführt, um den gesetzlich vorgesehenen zweistufigen Aufnahmeverfahren Genüge zu tun. Auch die Aufnahmetests sagen wenig über die wirkliche Eignung der Studierenden für das jeweilige Fach aus. Denn selbst wer bei der Prüfung schlecht abschneidet, kann unter Umständen einen Studienplatz ergattern. Die Plätze werden einfach so lange aufgefüllt, bis die festgelegte Mindestzahl an Studenten erreicht ist.

4. Die Unis befürchten, dass Interessenten die Anmeldefristen versäumen.

Bereits am 15.April beginnt die Anmeldung. Die Fristen laufen je nach Studienrichtung unterschiedlich lange. Im Bereich Wirtschaftswissenschaften endet diese schon am 31.Mai. Anmelden müssen sich sowohl jene Studieninteressenten, die bereits im Herbst ihr Studium aufnehmen wollen als auch die, die erst im Sommersemester 2014 zu studieren beginnen wollen. Die Universitäten befürchten, dass zahlreiche Interessenten die Fristen verpassen könnten.

5. Die neuen Aufnahmeverfahren sind für die Universitäten enorm teuer.

Nicht nur die flächendeckende Information der Studieninteressenten ist kostspielig. Auch die Tests selbst strapazieren die Uni-Budgets. Zur Einordnung: Allein der Psychologie-Aufnahmetest der Uni Wien schlägt mit rund 100.000 Euro an externen Kosten (Saalmiete, Druckkosten) zu Buche. Trotz aufwendiger Planung ist lange Zeit nicht klar, ob die Tests tatsächlich stattfinden. Angesetzt werden sie nur, wenn die Anmeldezahlen die Zahl der Plätze überschreiten. Und auch dann ist die Durchführung nicht fix. Kommen am Testtag weniger Studierende, als es Plätze gibt, werden sie wieder nach Hause geschickt.

6. Trotz Beschränkungen wird es weiterhin Knock-out-Prüfungen geben.

Die Unis sprechen jetzt schon Klartext: Da die Anfängerzahlen noch weit über den Kapazitäten liegen, wird sich die Situation für die Studierenden nicht ändern. Auch Knock-out-Prüfungen wird es also weiter geben.

Details zur Anmeldung

Die Anmeldefrist beginnt für alle neu beschränkten Fächer am 15.April. Im Bereich Wirtschaftswissenschaften endet die Frist am 31.Mai. Melden sich mehr Studierende an, als es Plätze gibt, findet der Test am 9.Juli statt. Architektur-Interessenten haben bis 14.Juni Zeit, der Test folgt am 22.Juli. In den Bereichen Informatik, Biologie sowie Pharmazie läuft die Frist bis 2.August. Der Informatiktest ist für den 2.September vorgesehen, der Biologietest für den 5.September. Im Bereich Ernährungswissenschaften wird es der 6.September sein, in der Pharmazie der 9.September. Übrigens: Nicht alle Unis führen Tests durch. Nähere Infos gibt es auf den Homepages der Unis sowie auf studienbeginn.at. [Eva Rauer]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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