„Eine Uni sollte nicht mit Firmenlogos zugepflastert werden“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Sponsoring gefährde die Freiheit der Unis, warnt eine Gruppe von Wissenschaftlern. Der Wiener Philosoph Liessmann über Kapperl mit Firmenlogos für Professoren und Frank-Stronach-Forschungsgruppen.

Die Presse: Im „Zürcher Appell“ warnen Wissenschaftler vor den Gefahren von Sponsoring für die Freiheit der Wissenschaft. Warum gerade jetzt?

Konrad Paul Liessmann: Es gab in der Schweiz einen unmittelbaren Anlass. Eine Schweizer Großbank (UBS, Anm.) hat mit 100 Millionen Franken ein Forschungszentrum an der Uni Zürich eingerichtet. Die Bank hat wegen Unregelmäßigkeiten mittlerweile einen schlechten Ruf, der Vertrag war geheim und die inhaltliche Ausrichtung dieses Zentrums vorgegeben. Da muss man hellhörig werden.

Gibt es in Österreich Fälle, bei denen für Sie die Alarmglocken schrillen?

Man muss vorsichtig sein. Der Appell richtet sich ja nicht grundsätzlich dagegen, dass privates Geld in die Forschung fließt. Wenn private Sponsoren die Forschung transparent und unter Bedachtnahme auf die Freiheit der Wissenschaft unterstützen, ist das gern gesehen.

Wenn ein Unternehmen also einen Hörsaal sponsert, wie etwa Raiffeisen in Linz, ist das kein Problem?

Fast muss man das Geld ja nehmen, weil die Unis chronisch unterfinanziert sind. Und Sponsoring, das sich auf Infrastruktur oder technische Ausstattung bezieht, ist eher unproblematisch. Besser wäre aber, würden Unis global unterstützt und könnten die Mittel autonom verwenden. Es mag dann eine Ehrentafel geben, auf der all die Sponsoren aufscheinen.

Wo ist die Grenze, was die Präsenz von Unternehmen an Unis betrifft?

Auch der Zürcher Appell versucht, eines deutlich zu machen: Wissenschaft ist ein öffentliches Unternehmen, sie wird nach wie vor großteils öffentlich finanziert. Und es geht in der Forschung um Wahrheit, nicht um Interessen. Eine Uni ist daher kein Ort, der mit Firmenlogos zugepflastert werden sollte. Der Professor, der wie ein Sportler ein Kapperl mit Logo trägt, wäre doch eine groteske Erscheinung.

Frank Stronach finanziert etwa nach ihm benannte Forschungsgruppen. Wie schätzen Sie das ein?

Es ist sicher heikel. Wenn das Geld transparent vergeben wird und die Freiheit der Forschung garantiert ist, wird man nichts dagegen sagen können. Ich bin aber der Meinung, dass eine universitäre Forschungsgruppe nicht unter dem Namen des Mäzens auftreten sollte.

Verschärft Stronachs politische Tätigkeit die Sache zusätzlich?

Zweifellos. Aber es kommt auch auf die Themen an, zu denen geforscht wird. Gerade bei politisch brisanten Fragen ist höchste Vorsicht geboten, wenn Geld eines politisch ambitionierten Mäzens eine Rolle spielt. Andererseits finde ich es ja gut, dass sich Private für Unis interessieren. Allerdings: Die menschliche Größe, dass ein privater Financier Forschung unterstützt, die seinen Interessen auch zuwiderlaufen könnte, kann nicht als Standard vorausgesetzt werden.

Kann es nicht auch so etwas wie vorauseilenden Gehorsam geben?

Die Gefahr, dass sich Forscher unbewusst am Geldgeber orientieren, ist nie ausgeschlossen. Auch wenn keine dezidierten Verpflichtungen bestehen, kann es zu einer Interessenkollision kommen. Studien im Bereich Medizin zeigen, dass sich Forscher sogar dann an der Pharmaindustrie orientieren, wenn sie nicht direkt unterstützt werden, sondern nur Kontakte haben und die Interessen der Firmen kennen.

Was kann man dagegen tun?

Akademische Freiheit muss stärker beachtet, garantiert und geschützt werden. Und man muss Wissenschaftler und ihr Ethos so stärken, dass sie der einen oder anderen Verführung standhalten können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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