Tiroler Unis bereiten „Fusion light“ vor

(C) Med-Uni Innsbruck
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Uni und Med-Uni Innsbruck wollen Studienfächer im Bereich der Lebenswissenschaften, unter anderem Biologie und Psychologie, künftig gemeinsam anbieten.

Innsbruck/Wien. Seit über einem Jahr sorgt die Debatte um eine mögliche Fusion von Uni und Medizin-Uni Innsbruck für erhitzte Gemüter. Jetzt gehen die beiden Institutionen in die Offensive – und scheinen sich um echte inhaltliche Lösungen zu bemühen. Schon in den kommenden Monaten wollen die Unis, wie „Die Presse“ exklusiv erfuhr, ihre eigenen Kooperationspläne präsentieren. Von einer Fusion, wie sie diskutiert wird – also einer Rückführung der Med-Uni in ihre Stammuniversität –, ist dabei keine Rede. Wohl aber will man ganze Studienbereiche künftig gemeinsam anbieten.

Betreffen soll die Zusammenarbeit die sogenannten „Lebenswissenschaften“. Im ersten Schritt werden das Studium der „Molekularen Medizin“ sowie der Studiengang Medizinrecht gemeinsam angeboten. In den kommenden Jahren wird es noch spannender: Die großen Studienbereiche Biologie, Psychologie und Pharmazie sollen dann ebenso im Verbund betrieben werden.

Die Vorgeschichte ist kompliziert: Die Ausgliederung der Med-Unis im Jahr 2004 ist seit jeher umstritten, insbesondere in Innsbruck. Als der frühere Uni-Innsbruck-Rektor Karlheinz Töchterle – ein Verfechter einer geeinten Universität – neuer Wissenschaftsminister wurde, kochte die Debatte wieder hoch. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) will die Zusammenführung der beiden Unis ebenso vorantreiben wie Uni-Innsbruck-Rektor Tilmann Märk.

Auch budgetäre Vorteile

Offiziell erhofft man sich von einer geeinten Uni mehr Reputation, weniger Kosten und Synergieeffekte in der Forschung. Hinzu kommt, dass die Med-Uni in den vergangenen Jahren durch Personaldebatten immer wieder für negative Schlagzeilen sorgte. Hinter der Bühne tobt ein Machtkampf. Widerstand gegen die Fusion kommt naturgemäß vor allem aus der Med-Uni, die im Falle einer vollen Fusion schlicht nicht mehr existieren würde.

Die nun angedachte „Fusion light“ kann auch als Strategie gegen dieses Szenario interpretiert werden. Für die beiden Unis bringt sie jedenfalls organisatorische Vorteile. „Schon jetzt stellt die Medizin-Uni einen beträchtlichen Teil der Lehrenden, die an der Uni Innsbruck im Bereich der lebenswissenschaftlichen Fächer quasi leihweise tätig sind“, so Medizin-Uni-Rektor Herbert Lochs zur „Presse“. Biete man Studienrichtungen, für die es Expertise aus beiden Häusern brauche, künftig gemeinsam an, würde das auch budgetäre Klarheit bringen, sagt Lochs.

Die Med-Uni könnte die Zahl ihrer Studierenden auf diese Weise zudem von derzeit rund 2800 auf mehr als 4000 erhöhen. Das brächte der Uni bei Budgetverhandlungen mit dem Wissenschaftsministerium Vorteile. Nicht zuletzt könne man – so die Hoffnung – einen Teil der sogenannten „Hochschulraumstrukturmittel“ lukrieren, die das Ministerium nach Effizienzkriterien zwischen den Unis verteilt. 63 Millionen Euro des insgesamt rund 450 Millionen Euro schweren Topfes sind für Kooperationen reserviert. Die Ausschreibung dieser Mittel soll noch im ersten Halbjahr 2013 vonstattengehen, heißt es auf „Presse“-Anfrage aus dem Ministerium. Die Entscheidung über die Vergabe der Mittel wird jedenfalls bis Ende des Jahres fallen.

Standort Graz als Vorbild

Dass die Kooperation klappt, dafür sollen auch Experten anderer Unis sorgen: So wurde TU-Graz-Rektor Harald Kainz bereits nach Innsbruck geladen, um seinen Kollegen Tipps zu geben. Immerhin gilt die Kooperation seiner Institution mit der Uni Graz im Naturwissenschaftsbereich – das sogenannte „Nawi Graz“ – als Vorzeigebeispiel. Nicht umsonst nennt auch Med-Uni-Rektor Herbert Lochs die Grazer Zusammenarbeit als sein Vorbild. „Im Bereich der Lebenswissenschaften sind dann allerdings wir Innsbrucker die Vorreiter. Ein derartiges Zentrum wäre einzigartig in Österreich.“

Auf einen Blick

Fusionsdebatte. Die eigenständige Existenz der Medizin-Unis war nie unumstritten: Schon als sie im Jahr 2004 von der schwarz-blauen Regierung aus ihren bisherigen Stammuniversitäten ausgegliedert wurden, gab es teilweise große Widerstände. So sprach sich Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) schon in seiner Zeit als Rektor der Uni Innsbruck für die Wiedereingliederung der Medizin-Uni aus. Auch der Tiroler Landeschef Günther Platter (ÖVP) trat stets für eine Zusammenlegung ein. Vor gut einem Jahr kochte die Debatte erneut hoch – mit Uni-Innsbruck-Rektor Tilmann Märk als großem Befürworter einer vollständigen Fusion mit der Medizin-Uni. Stattdessen soll nun eine „Fusion light“ kommen. Die beiden Unis wollen Studienfächer im Bereich der Lebenswissenschaften – unter anderem etwa Medizinrecht, Molekulare Medizin, Biologie oder Psychologie – künftig gemeinsam anbieten. Ein Beispiel nehmen sich die Innsbrucker Unis dabei an der Kooperation zwischen den Grazer Unis im Naturwissenschaftsbereich unter dem Namen „Nawi Graz“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2013)

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