Rektor: „Studiengebühren nicht zum Wahlkampfthema machen“

Heinz Engl
Heinz EnglDie Presse
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Heinz Engl bezeichnet das Hin und Her bei den Gebühren als „schmerzhaften Prozess“ und fordert eine Reform des Stiftungsrechts.

Die Presse: Die Uni Wien hat autonom Studiengebühren eingehoben – nachdem sich herausstellte, dass die Regelung verfassungswidrig war, muss sie diese zurückzahlen. Die ÖVP beharrt in ihrem Wahlprogramm trotzdem auf den autonomen Gebühren. Fühlen Sie sich noch ernst genommen?

Heinz Engl: Aus Sicht der Unis halte ich es nicht für sinnvoll, die Gebühren zum Wahlkampfthema zu machen. Ich befürchte, dass das erneut zu jahrelangen Diskussionen auf dem Rücken der Unis führt – und am Ende wieder keine Lösung herausschaut. Wir hätten ganz andere Probleme – etwa die Kapazitäts- und Finanzierungsfrage –, denen man sich widmen sollte.

Welcher Schaden ist Ihnen durch die Probleme mit den autonomen Gebühren entstanden?

Das Ganze war ein schmerzhafter Prozess, begleitet von Demonstrationen von Studierenden. So etwas geht an einer Uni nicht spurlos vorüber. Der finanzielle Schaden beträgt rund 12 Millionen Euro. Und wenn jetzt Experten erzählen, die Unis hätten dieses Geld ohnehin nicht ausgegeben, sondern rückgestellt, dann kann ich Ihnen sagen: Das stimmt nicht. Natürlich haben wir das Geld formal rückgestellt aus Gründen der Bilanzwahrheit. Aber die Mittel wurden benötigt, sie entsprechen fast 200 Wissenschaftlerstellen. Durch Reservenauflösung entstand ein Defizit von 15 Millionen Euro.

Minister Töchterle hat versprochen, die entgangenen Gebühren zu refundieren. Ist das Geld bereits eingetroffen?

Nein. Wir hören, dass es bald so weit sein soll – wissen aber nicht, wie das abgewickelt wird. Da allen Unis Gebühren entgangen sind, sollten die auch allen zurückgezahlt werden. Klar ist, dass wir die Gebühren allen Studierenden refundieren. Wir können dies tun, sobald der VfGH unsere Satzung aufhebt.

Die Unis sind mit den bestehenden Zugangsbeschränkungen nicht zufrieden – und kritisieren, dass die Kapazitäten zu hoch festgelegt wurden.

Das ist richtig. Die derzeitige Regelung bildet die realen Kapazitäten nicht ab. Ich halte die punktuellen Eingangsprüfungen vor Studienbeginn für keine optimale Lösung. Nur in wenigen Studien sind wegen des extremen Missverhältnisses zwischen Kapazität und Nachfrage Eingangsprüfungen unvermeidlich. Ich würde lieber die Studieneingangsphase mit der Kapazitätsfrage verknüpfen. Es wäre nur fair, so viele Studierende wie verkraftbar zumindest ein Semester in das Studium zu lassen – und sie auf Basis des hier Erlernten zu prüfen.

Wie ließe sich die Kapazitätenfrage aus Ihrer Sicht lösen?

Wenn die Regierung endlich die versprochenen zwei Prozent des BIPs in die Hochschulen investiert, können wir die Kapazitäten so erhöhen, dass die Studierenden gut betreut werden können. Was mir große Sorgen macht, ist das Finanzrahmengesetz, das ein nominelles Einfrieren der Budgets bis 2017 vorsieht. Wenn das so bleibt, dann geht es sich nicht aus.

Die ÖVP will vor allem die private Finanzierung der Unis erhöhen – durch Kooperationen, Sponsoring, Mäzene. Sehen Sie da Potenzial?

Im VfGH-Urteil ist das schön formuliert: Dem Staat komme bei der Uni-Finanzierung eine „besondere Verantwortung“ zu. Die kann er nicht auf Private abwälzen. Außerdem kosten uns Drittmittelprojekte oft mehr, als sie bringen. Wir machen sie für die Wissenschaft – nicht aus kaufmännischen Gründen.

Ist es Teil des Imageproblems, dass die Unis kaum Mäzene finden?

Das Sponsoring steckt noch in den Kinderschuhen, macht aber Fortschritte. Einen Ansatzpunkt sehe ich im Stiftungsrecht: In den USA haben Stiftungen einen besonders hohen steuerlichen Anreiz, einen gewissen Prozentsatz für kulturelle oder wissenschaftliche Zwecke zu spenden. Das würde sich im Wahlprogramm der heimischen Parteien doch auch gut machen!

Zur Person

Heinz Engl (60) ist seit Oktober 2011 Rektor der größten Universität des Landes. Er folgte Georg Winckler nach, der zwölf Jahre an der Spitze der Uni Wien stand. Bevor Engl zum Rektor wurde, war er bereits Vizerektor der Uni Wien.
Der 60-Jährige ist Professor für Industriemathematik und lehrte
u.a. an der Uni Linz. [Privat]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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