NS-Propaganda: Boku erkennt Professor Ehrenring ab

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Robert Stigler hat Versuche zur Rassentheorie an lebenden Menschen durchgeführt. Nun verliert er posthum seine akademische Ehrung.

Der Senat der Universität für Bodenkultur (Boku) hat dem ehemaligen Uni-Professor Robert Stigler (1878-1975) posthum den akademischen "Ehrenring" aberkannt. Der Burschenschafter Stigler war von 1920 bis 1934 und 1938 bis 1945 an der Boku Professor für Anatomie und Physiologie der Haustiere. Bei seinen Forschungsarbeiten hat er unter anderem Versuche zur Rassentheorie an lebenden Menschen durchgeführt.

Projekt "Hochschulen in der NS-Zeit"

Die im Senat einstimmig beschlossene und vom Rektorat unterstützte Aberkennung des 1972 verliehenen Ehrenrings ist Folge der Forschungen im Rahmen des Projekts "Hochschulen in der NS-Zeit" der ÖH und eines Gutachtens des Zeithistorikers Oliver Rathkolb, heißt es in einer Aussendung der Studentenvertreter. Die Recherchen haben, schreibt die Uni, Tatsachen bekannt gemacht, "die einer Verleihung des Ehrenringes schon damals entgegengestanden wären": Es gebe nunmehr keinen Zweifel daran, dass Stigler in seiner Forschung und Lehre nationalsozialistisches und rassistisches Gedankengut verbreitet habe.

In seiner Heimatstadt Steyr wurde bereits 2010 eine nach Stigler benannte Straße aufgrund seiner Vergangenheit wieder umbenannt. An der Uni Wien war der Forscher ab 1941 Professor für Physiologie. 1945 verlor er im Zuge der Entnazifizierungsmaßnahmen seine Ämter, 1947 wurde er pensioniert, blieb aber weiter wissenschaftlich aktiv.

"Wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung"

Uni wie ÖH sehen in der Aberkennung, die bei der Senatssitzung vom 21. Mai beschlossen wurde, einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Boku und ein Bekenntnis zur aktiven Vergangenheitsbewältigung. Aus Sicht der ÖH hat das Projekt allerdings auch gezeigt, dass es an Österreichs Hochschulen noch immer großen Aufarbeitungsbedarf zur NS-Zeit gebe, das Schicksal vieler Uni-Angehöriger und vor allem Studenten sei noch immer ungeklärt. "Eine aktive Aufarbeitung der Geschichte durch die Boku könnte eine Vorbildwirkung für viele andere österreichische Hochschulen haben", so der Vorsitzende der ÖH Boku, Matthias Koppensteiner (Fachschaftslisten/FLÖ).

(APA)

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