Uni Wien-Arkadenhof: Projekt untersucht Ehrungen

Ein Wiki soll den biografischen und kunsthistorischen Kontext zu den Denkmälern im Arkadenhof liefern.

Theodor Billroth sorgte vor: Bereits zu Lebzeiten bezahlte er einen Künstler, damit er ihm im Arkadenhof der Universität Wien ein Denkmal setzte. Dementsprechend pompös fiel das Marmorwerk aus, das den Mediziner auf einer Kanzel dozierend zeigt. Ein Projekt der Kunstgeschichte Wien will nun Kontext zu allen Denkmälern im Arkadenhof liefern und die Ergebnisse als Internet-Lexikon zugänglich machen.

"Oft gehen wir an diesen Denkmälern einfach vorbei. Unser Anliegen ist es, sie mithilfe von moderner Technik wieder ins Licht zu rücken, ihre Details zu zeigen und sie so lebendig zu machen", schilderte Julia Rüdiger vom Institut für Kunstgeschichte an der Uni Wien im APA-Interview. Die Lexikon-Einträge sollen daher auch mittels scannbarem QR-Code direkt auf Smartphones oder Tablets abrufbar sein.

Erst mit Hintergrundinformationen wie der Biografie des jeweiligen Wissenschafters bzw. der Entstehung des Denkmals und Erklärungen zur Arbeit des Künstlers würden gewisse Details Sinn machen, ist Rüdiger überzeugt. So etwa der Physiologe Ernst Wilhelm Brücke, der aufgrund seiner Beschäftigung mit der Farbwahrnehmung des Auges nicht nur mit einem Mikroskop, sondern auch einem Chamäleon dargestellt wurde. Ein Mosaik erinnert etwa an den Orientalisten Gustav Bickell.

Bisher gibt es zu den Denkmälern im Säulengang der Uni Wien keine wissenschaftliche Forschung. Im September soll der erste Lexikon-Prototyp fertig sein, passend zum 650-jährigen Jubiläum der Uni im März 2015 sollen dann sowohl Einträge als auch QR-Codes fertiggestellt sein. Gefördert wird das Projekt "Ge(l)ehrte Köpfe" vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank.

Wer es in die über 150 Denkmäler der Ehrenhalle schaffte, war sehr unterschiedlich: "Grundvoraussetzung war es jedenfalls, dass das Denkmal die Uni nichts kostete", erklärte die Kunsthistorikerin. Wohlhabende Stifter wie Schüler, Kollegen oder Witwen waren also keine schlechte Ausgangsbasis, dann mussten nur noch Senat und Fakultät zustimmen. Von der Spende hing auch ab, wie der Erinnerungsort gestaltet wurde: Von Plaketten über einfache Büsten bis hin zu Halbreliefs ist alles vertreten.

"Nachdem die Zahl der Geehrten stetig zunahm, erließ die Uni immer längere Mindestabstandszeiten zwischen Tod und Denkmalsetzung", meinte die Kunsthistorikerin. Auch die Anerkennung in der wissenschaftlichen Gemeinde spielte eine Rolle: So wurde der zeitgenössisch umstrittene Mediziner Ignaz Semmelweis erst 100 Jahre nach seinem Tod im Säulengang durch Bildhauer Alfred Hrdlicka verewigt.

Die älteste Büste stammt aus dem Jahr 1769, sie wurde von Franz Xaver Messerschmidt für den Leibarzt Maria Theresias, Gerard van Swieten, geschaffen. Nach der Errichtung des Arkadenhofes 1884 wurde sie aus dem alten Unigebäude in der Bäckerstraße hierher übersiedelt. Der neueste Kopf - 2002 aufgestellt - gehört dem Philosophen Karl Popper.

Mit dieser Zeitspanne ergibt sich auch ein Querschnitt durch die Kunstgeschichte: Von barocken Denkmälern über die detailreichen Gestaltungen des 19. Jahrhunderts bis hin zum Versuch des 20. Jahrhunderts, die Wissenschafter künstlerisch zu charakterisieren. "Der begrenzte Rahmen und der konservative Kontext der Universität haben aber durchgehend eher keine modernistischen oder postmodernen Werke inspiriert, man blieb eigentlich immer klar beim Porträt", so Rüdiger.

Geehrt werden sollten vor allem Professoren der Uni Wien - auch wenn es Ausnahmen wie etwa den ersten Staatspräsidenten der Tschechoslowakei, Tomas Masaryk, gab. "Er hat nur an der Uni Wien studiert, wurde aber von außen vorgeschlagen", erklärte Rüdiger. Auch Geschichten wie diese sollen zugänglich gemacht werden. Beschädigte und entfernte Denkmäler werden ebenfalls einen Platz erhalten: So wurden etwa die Büsten des Anatomen Emil Zuckerkandl oder des Politikwissenschafters und Autors Joseph von Sonnenfels in der Zeit des Nationalsozialismus weggeschafft.

Auffällig ist jedenfalls: Nur männliche Professoren zieren mit ihren Köpfen den Säulengang - einzig die Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach hat eine Plakette erhalten. Auf diesen Umstand weist auch eine Intervention der Künstlerin Iris Andraschek aus dem Jahr 2009 hin: "Der Muse reicht's" wirft einen überdimensionalen weiblichen Schatten quer über den Innenhof. Auch Aktionen wie diese werden Teil des Lexikons, das mit rund 400 Einträgen im Wiki-Format unter "u:monuments" online gehen soll.

(APA)

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