Kuntzl: „Manche Professoren könnten mehr lehren“

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl
SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die SPÖ lasse die Unis nicht im Regen stehen, so SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. Die Hochschulen selbst könnten die Nebentätigkeiten ihres Personals durchforsten.

Die Presse: Wann haben Sie denn zuletzt mit Rektorenchef Heinrich Schmidinger telefoniert?

Andrea Kuntzl: Gute Frage. Ich habe mich auch schon gewundert, dass ich so wenig von ihm höre. Er hat mir ausrichten lassen, dass er sich bei der SPÖ meldet und keine Rückmeldung bekommt. Ich habe nachgeforscht – ich wüsste nicht, bei wem er sich gemeldet hat.

Vielleicht hat er es ja schon aufgegeben. Er meinte, die SPÖ sei unipolitisch völlig abgetreten.

Nachdem ich nicht weiß, wann er sich gemeldet hätte, weiß ich auch nicht, wann er es aufgegeben haben soll. Den Vorwurf halte ich für ungerechtfertigt. Ich würde Herrn Schmidinger empfehlen, politische Erfolge nicht an der Frequenz aufgeregter Presseaussendungen zu messen, sondern daran, was man durchsetzt.

Sonderlich viel ist in den letzten sechs Monaten nicht passiert.

Die Dinge, die passiert sind, sind Punkte, die die SPÖ ins Regierungsprogramm reklamiert hat, etwa die Verbesserung der Studienförderung. Ein zweiter Punkt, in dem in den vergangenen Jahren nichts weiterzubringen war, ist die Direktwahl der Hochschülerschaft, die jüngst beschlossen wurde.

Bei der Studienförderung waren das aber nur sehr kleine Schritte.

Es sind sicher nur erste Schritte gewesen. Die erhöhte Zuverdienstgrenze wird berufstätigen Studierenden die Vereinbarkeit erleichtern. Aber wir werden weiter daran arbeiten, die Förderung zu verbessern. Da geht es um die Erhöhung, die Ausweitung des Bezieherkreises. Und die Benachteiligung von Studierenden aus Arbeitnehmerhaushalten soll beseitigt werden.

Viele andere Baustellen wurden zuletzt gar nicht angesprochen.

Um und Auf ist die ausreichende Finanzierung der Unis für die Jahre 2016 bis 2018, wo eine Entscheidung im Herbst ansteht. Da gab es im Hintergrund viele Gespräche.

Wie viel Geld wird die Regierung in die Hand nehmen?

Das werden wir sehen. Ich unterstütze die Forderungen der Universitäten und hoffe auf eine möglichst nahe Annäherung. Ich vertraue da auf den Minister.

Müssten Sie da nicht auch noch Überzeugung leisten bei Ihren eigenen Parteikollegen und bei der Parteispitze?

Den Stellenwert von Bildung – auf allen Ebenen – kann man allen Dokumenten der SPÖ entnehmen.

Das ist eine Sache. Realpolitisch heißt es: Es ist halt schwierig.

Im Rahmen der budgetären Lage müssen wir eben das Beste herausholen. Die große Herausforderung für die kommenden Jahre ist aber sicher, Bildungswege offenzuhalten und Chancen zu vergrößern. Und nicht zusätzliche Hürden einzubauen, die auch teils unter diesem Vorwand gefordert werden.

Die Hochschulpolitik der SPÖ mutet bisweilen so an: Der Zugang bleibt frei, über Gebühren darf man nicht reden – und das war's, damit werden die Unis im Regen stehen gelassen.

Das tun wir nicht. Im Regen stehen lassen würden wir sie, wenn wir uns nicht stark machten, dass sie die entsprechende finanzielle Absicherung bekommen. Zudem arbeiten wir Schritt für Schritt daran, die Studienbedingungen zu verbessern, etwa mit der Studienplatzfinanzierung, die ja – Stichwort Ausbau der Kapazitäten – die klare Handschrift der SPÖ trägt.

Die Unis waren nicht zufrieden mit diesem Modell – eben weil es sich nicht an ihren tatsächlichen Kapazitäten orientiert hat.

Wir werden das evaluieren, dann folgen die nächsten Schritte.

Die nächste Phase der Studienplatzfinanzierung ist aufgeschoben. Man könnte glauben, dass das der SPÖ nicht unrecht ist – immerhin wird dann vorerst auch nicht über neue Zugangsregeln diskutiert.

Die Verschiebung ist nicht von uns ausgegangen. Ich bin zu Diskussionen immer bereit. Die Frage ist, ob wir sinnvolle Lösungen finden.

Wie könnten denn sinnvolle Lösungen aussehen?

Einerseits Beratungsangebote, die vielleicht zu einer anderen Verteilung der Studierenden führen. Zudem könnte man auf europäischer Ebene nach einer Lösung für die Numerus-clausus-Flüchtlinge suchen. Etwa eine Rückkehr zu dem Prinzip, dass bei uns jene studieren können, die im Heimatland einen Studienplatz hätten. Und die Unis könnten beleuchten, wie sie die Kapazitäten durch den Einsatz vorhandener Ressourcen vergrößern könnten.

Was meinen Sie damit?

Unis könnten durchforsten, in welchem Ausmaß Kapazitäten durch Nebenbeschäftigungen gebunden sind und nicht für Lehre oder Forschung zur Verfügung stehen.

Sie meinen den Professor, der nebenbei Gutachten schreibt – und der mehr lehren könnte?

Das ist keine Generalunterstellung. Aber es gibt sicher manche Professoren, die sich stärker in die Lehre einbringen könnten.

ZUR PERSON

Andrea Kuntzl (55) ist seit dem Jahr 2008 SPÖ-Wissenschaftssprecherin. Sie ist Obmannstellvertreterin im Wissenschaftsausschuss. Die Soziologin ist seit knapp 15 Jahren Abgeordnete zum Nationalrat. Von 2000 bis 2003 war sie Bundesgeschäftsführerin. Seit 2006 ist Kuntzl Mitglied des Bundesparteivorstands der SPÖ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2014)

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