EU macht US-Unis Konkurrenz

CAMPUS DER WIRTSCHAFTSUNIVERSIT�T WIEN: VORLESUNGEN ´SOMMERUNI´
CAMPUS DER WIRTSCHAFTSUNIVERSIT�T WIEN: VORLESUNGEN ´SOMMERUNI´(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Nach wie vor sind die Vereinigten Staaten das weltweit beliebteste Studienziel. Doch die EU wirbt vermehrt mit Förderungen um die Aufmerksamkeit ausländischer Studenten.

Wien. Ob es darum geht, Sprachkenntnisse und Zukunftschancen zu verbessern, zu reisen oder exzessiv zu feiern: An die fünf Millionen Studenten weltweit sollen 2014 insgesamt an ausländischen Universitäten studieren – und jährlich werden es mehr. USA und EU, allen voran Großbritannien, Frankreich und Deutschland, sind die beliebtesten Studienziele. So studierten 2011 laut OECD-Angaben nahezu die Hälfte aller Auslandsstudenten in EU-Staaten; und rund ein Fünftel in den USA.

Doch warum sind Hochschulen in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten so reizvoll – und was macht die einen interessanter als die anderen? Im Wettstreit amerikanischer gegen europäische Universitäten spielen viele Faktoren mit. Die Entscheidung für ein Land wird mitunter durch sprachliche und kulturelle Faktoren beeinflusst; die Höhe der Studiengebühren, räumliche Nähe oder die Qualität des Angebots spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch für die Kanadierin Sarah Baik war nicht allein das Bildungserlebnis ausschlaggebend, als sie an einer Londoner Universität inskribierte. Das Leben in einer fremden Stadt und die unbegrenzten Reisemöglichkeiten in der Union waren für sie weitere ausschlaggebende Faktoren. „Ich wollte mich auf eine internationale Karriere vorbereiten und über aufbauende Studien informieren“, erklärt sie.

Ein lukratives Geschäft

Für Wang Fei hingegen bestimmten die Eltern. Die Nordchinesin wurde gemeinsam mit vielen anderen Gleichaltrigen zum Musikstudium nach Wien geschickt. „Ich wäre in ein englischsprachiges Land gegangen, hätte ich selbst wählen können“, schildert sie. In Amerika wollte sie trotzdem nie studieren: „Es gab damals viele negative Nachrichten. In den Filmen wurde vermittelt, dass die USA gefährlich sind.“ Für viele Studenten ist die Unterrichtssprache ausschlaggebend. Das erklärt mitunter die Popularität englischsprachiger Studienziele.

In den vergangenen Jahren hat die Attraktivität der USA unter Auslandsstudenten aber abgenommen. Das wird auf eine striktere Visapolitik, höhere Studienbeiträge und massive Werbung anderer englischsprachiger Länder zurückgeführt. Im Gegensatz zu den EU-Staaten unternimmt die US-Regierung auf nationaler Ebene nur wenig zur Anwerbung internationaler Studenten. Sie beschränkt sich auf die Förderung von Informations- und Stipendienprogrammen. Stattdessen stehen die einzelnen Universitäten in direkter Konkurrenz um die besten Köpfe der Welt.

Die EU-Kommission will Auslandsstudenten hingegen mit Mobilitätsprogrammen, bilateralen Verträgen und Stipendien anlocken. Auch umfassende Informationsangebote sollen Drittstaatsangehörigen ein Studium in der EU erleichtern. Bestimmungen und Strategien sind von Land zu Land unterschiedlich. Das betrifft Aufenthaltsbeschränkungen, Ausmaß und Arten erlaubter Beschäftigung sowie das Angebot englischer Kurse. Manche EU-Staaten setzen im Rahmen der Anwerbung hochqualifizierter Arbeitskräfte auf die Förderung talentierter Studenten. Für andere zählt die Menge an Studenten, um möglichst hohe Einkünfte zu lukrieren. Wie in den USA zahlen Auslandsstudenten in vielen Mitgliedsländern weit mehr als Bürger – ein lukratives Geschäft für Universitäten und Staaten.

USA bleiben bei Asiaten beliebt

Bei genauerer Betrachtung sind europäische Universitäten aber weltweit immer noch weniger gefragt als amerikanische: Ein Großteil aller Auslandsstudenten in der EU kommt aus einem anderen Mitgliedsstaat. Großbritannien und Frankreich hingegen sind schon seit Jahren internationale Kassenschlager. Während das Vereinigte Königreich vor allem bei Chinesen und Indern beliebt ist, lockt Frankreich besonders viele Studenten aus Marokko und Algerien an.

International bleiben die USA der Studentenmagnet schlechthin – besonders bei Asiaten: Knapp zwei Drittel aller internationalen Studenten kommen aus Asien. Davon ist jeder Vierte Chinese, jeder Dritte Inder. Laut einer Studie des US-Bildungsforschungsinstituts IIE ist der gute Ruf akademischer Abschlüsse an US-Hochschulen ein Hauptgrund für Auslandsstudenten, in den USA zu studieren. Diesen Eindruck teilt Tu Wenchen aus Shanghai. In ihrem Freundeskreis gelten europäische Unis als anspruchslos. Sie wählte die Universität von Chicago wegen ihrer akademischen Härte. Für Omar El Beih waren ähnliche Gründe ausschlaggebend. „Ich habe die USA wegen dem exzellenten Ruf meiner Universität in meinem Studienfach gewählt. Außerdem wollte ich schon immer die Vereinigten Staaten erkunden“, so der Ägypter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)

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