Die erste Frau, die eine Fields-Medaille bekommt, ist Iranerin

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Nichteuklidische Geometrie: Die 37-jährige Maryam Mirzakhani fiel bereits als Teenager in Teheran mit ihrer hohen Begabung für Mathematik auf.

52 Mal wurden seit 78 Jahren Männer mit dem renommiertesten Preis für Mathematik bedacht. Bei der 53 – einer Primzahl! – wurde der Bann gebrochen. Unter den Forschern, die am Mittwoch in Seoul mit der Field-Medaille geehrt wurden, war erstmals eine Frau: Die Iranerin Maryam Mirzakhani lehrt an der Eliteschmiede Stanford. Von einer „großen Freude“ für sie als Frau schrieb per E-Mail Ingrid Daubechies, Präsidentin der Internationalen Mathematischen Union, die den Preis vergibt. Es gebe nämlich keinen Unterschied der Geschlechter in Mathematik.

Die Preisträgerin ließ auf der Homepage ihrer Universität wissen: „Ich wäre glücklich, wenn dies junge Wissenschaftlerinnen und Mathematikerinnen ermutigte.“ Sie sei sicher, dass viel mehr Frauen in den kommenden Jahren solche Preise erringen werden.

Anerkannt wurden speziell ihre Beiträge zum Verständnis der Symmetrie gekrümmter Oberflächen. Die 37-Jährige hat laut Jury Methoden aus verschiedensten Gebieten innovativ zusammengeführt – algebraische Geometrie, Topologie, Wahrscheinlichkeitsrechnung. Für Stanford ist es die erste Medaille seit jener für Paul Cohen 1966 (der hatte zusammen mit Kurt Gödel eine Antwort auf das erste Hilbertsche Problem gefunden).

Frau Mirzakhani stammt aus Teheran. Früh entdeckte sie ihr Talent zum Lösen komplexer Probleme, gewann in Serie Wettbewerbe, zum Beispiel Goldmedaillen bei den Internationalen Mathematik-Olympiaden 1994 und 1995. Reine Mathematik, bekannte sie, mache ihr einfach Spaß: „Es ist, als ob man ein Puzzle zusammensetzt oder Punkte eines Detektivfalls verbindet.“ Nach dem Bachelor an der Sharif-Universität ihrer Heimatstadt ging sie 1999 nach Harvard. Dort fiel ihre originelle Art auf, an Probleme der Geometrie, an dynamische Systeme heranzugehen. Sie promovierte 2004 bei Curtis T. McMullen (der hat bereits eine Fields-Medaille). Thema ihrer Arbeit: „Hyperbolic Surfaces and Volume of the Moduli Space of Curves“ . . . noch mehr Preise, vor allem für Erkenntnisse zu Riemann-Flächen. Ihre Dissertation wurde mit dem Blumenthal Award der American Mathematical Society prämiert. Beste Universitäten rissen sich um das Genie. Nach Harvard kam ein Lehrauftrag aus Princeton, schließlich erhielt sie mit knapp über 30 eine Professur in Stanford.

Was genau aber bewegt die Ausgezeichnete, die auch in Infinitesimalrechnung, Algebra und komplexer Analysis brilliert, in nichteuklidischer Geometrie? Man stelle sich Brezeln oder Schwimmreifen vor, auf denen sich geschlossene Kurven befinden. Die sollen ihre Länge nicht verändern, wenn man das ganze Ding verformt. Geht nicht? Mit Schulwissen kommt man wirklich nicht besonders weit, eher mit wilder, aber exakter Kombinationsgabe. „Ich habe kein spezielles Rezept“, sagt Mirzakhani: „Es ist, als ob man sich im Dschungel verirrt hat und all sein Wissen für neue Tricks anwendet, um mit etwas Glück wieder herauszufinden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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