Unis: Rektorenchef für EU-weite Zugangsregeln

PK NACH TAGUNG DER HOCHSCHULKONFERENZ ZU MEDIZINFAKULTAeT LINZ: SCHMIDINGER
PK NACH TAGUNG DER HOCHSCHULKONFERENZ ZU MEDIZINFAKULTAeT LINZ: SCHMIDINGERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Vorsitzende der Universitätenkonferenz, Heinrich Schmidinger, wünscht sich, dass die EU über europaweite Zugangsbeschränkungen entscheidet.

Die Presse: Beim Europäischen Forum Alpbach wird in den kommenden zwei Tagen über die Zukunft der Unis gesprochen. Man wird den Eindruck nicht los, dass viel gesprochen wird – aber wenig getan.

Heinrich Schmidinger: Die Unis befinden sich – passend zum diesjährigen Alpbach-Thema – permanent „am Scheideweg“, daher betrifft uns das Forum dieses Jahr ganz besonders. An den Unis passiert ständig etwas Wegweisendes, es gilt ständig Entscheidungen zu treffen. Im Herbst wird es etwa um unser Budget für die Jahre 2016 bis 2018 gehen.

Gehen Sie mit Blick auf die budgetären Ankündigungen des Uni-Ministers zuversichtlich in den Herbst?

Ich bin ein Realist. Ich weiß, in welchem Zustand sich das Staatsbudget befindet. Ich glaube aber, dass die Unis in den vergangenen Jahren großes Verantwortungsbewusstsein dem Gemeinwesen gegenüber bewiesen haben und budgetär oft zurückstecken mussten. Jetzt haben wir das Selbstbewusstsein, darauf zu pochen, dass wir ein wesentlicher Zukunftsfaktor für Österreich sind, der gut finanziert sein muss. Wir dürfen nicht ausschließlich darauf schauen, wie wir die Staatsschulden in den Griff kriegen. Es geht zugleich auch um Zukunftsstrategien.


Halten Sie die Bemühungen der Regierung zu sparen für falsch?

Nein, aber die Regierung muss anerkennen, dass die Universitäten einer der zentralen Träger der Wissensgesellschaft sind. Von den Unis geht eine enorme Wertschöpfung aus, nicht nur im wirtschaftlichen Sinn, auch im geistigen, kulturellen, gesellschaftlichen Sinn. Und darum gilt es in sie zu investieren. Nicht zuletzt, weil wir in einem globalen Konkurrenzverhältnis stehen.

Und in dieser Konkurrenzsituation sieht es schlecht aus für uns.

Die Länder, mit denen wir uns messen wollen – und messen müssen –, investieren deutlich mehr als wir. Das kann man nicht wegdiskutieren. Wir sind also an einem kritischen Punkt: Wenn Österreich jetzt stehen bleibt oder bei den Investitionen in die Unis spart, dann bedeutet das einen Rückfall um Jahre, den wir lange nicht aufholen werden. Dann kann ich Ihnen jetzt schon prophezeien, wie die Rankings in nächster Zeit aussehen werden – nämlich nicht gut.

Lässt sich das mit Hilfe des veranschlagten Budgets verhindern?

Wir haben dieses Jahr in erstmaliger und einmaliger Gemeinsamkeit mit dem Uni-Ministerium dieselben Zahlen errechnet. Das sind jene bereits bekannten 1,5 Milliarden Euro, die wir für die drei Jahre von 2016 bis 2018 bräuchten. Später hat die Politik entschieden, dass ein großer Brocken davon – rund 500 Millionen Euro für die Studienplatzfinanzierung – doch noch einmal verschoben wird. Das haben die Universitäten akzeptiert. Die verbleibende Milliarde, an der gibt es nichts mehr zu rütteln. Weniger geht nicht.

Haben Sie den Eindruck, die Politik ist sich dessen bewusst? Sie haben sich ja vor nicht all zu langer Zeit mit dem Vorwurf an die Öffentlichkeit gewandt, dass sich die SPÖ völlig aus der Uni-Politik abgemeldet habe.

Es gab sehr erfreuliche Reaktionen auf meinen Appell. Ich habe ja die Abgeordneten Karlheinz Töchterle (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) damals positiv hervorgehoben. Alle anderen Parteien haben sich bei mir gemeldet und das Gespräch gesucht. Mit der SPÖ-Abgeordneten Andrea Kunzl hatte ich erst vergangene Woche ein sehr gutes Gespräch, die Neos treffe ich beim Forum Alpbach.

Zu Semesterstart erwarten wir an den österreichischen Hochschulen erneut vermehrt Studierende aus Deutschland. Wie lautet Ihr konkreter Ansatz, mit diesem Andrang umzugehen?

Meine Meinung ist klar: Wir bemühen uns mit der Bologna-Architektur seit Jahren um einen gemeinsamen europäischen Bildungsraum. Daher sehe ich nicht ein, warum man nun nicht konsequent ist und auch die Zugangsregelungen zu den Unis europaweit akkordiert.

Sie sprechen sich also dafür aus, die Zugangsbeschränkungen aller europäischen Unis der EU zu überantworten?

Das wäre der logische nächste Schritt. Und es wäre auch von Vorteil für uns. Dann hätten wir endlich allgemeine Standards, an denen sich alle orientieren können, ohne dass ausländische Studierende in ihrer Studienwahl diskriminiert würden. Das wäre für alle Studierende von Vorteil, denn die Durchlässigkeit zwischen den Ländern, um die es bei Bologna geht, könnte erst dann richtig verwirklicht werden.

Man könnte dann etwa einen europaweit einheitlichen Numerus Clausus einführen.

Dem Numerus Clausus stehe ich skeptisch gegenüber. Ich sehe das Problem, dass jene, die mit einem guten Notenschnitt aus der Schule kommen, nicht unbedingt immer die geeignetsten für ein spezielles Studium sind. Ich halte es daher für sinnvoller, sich bei der Studienorganisation an den Kapazitäten der Unis zu orientieren, nicht an Maturanoten.

Können Sie sich erklären, warum Deutsche, die an die heimischen Universitäten kommen, bei Aufnahmetests tendenziell besser abschneiden als ihre österreichischen Kollegen?

Ich denke, dass die deutschen Schüler und Schülerinnen oftmals besser auf diese Art von Tests vorbereitet werden als ihre österreichischen Kollegen. Außerdem gehen die deutschen Studienbewerber mit dem klaren Bewusstsein an die Universität, dass sie sich hier noch einmal einer Hürde stellen müssen. Das fehlt vielen österreichischen Bewerbern.

ZUR PERSON

Heinrich Schmidinger (60) steht seit 2011 der Universitätenkonferenz vor, seit 13 Jahren ist er Rektor der Universität Salzburg. Er studierte Theologie und Philosophie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und habilitierte an der Universität Innsbruck. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2014)

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