NS-Verstrickung: Uni Salzburg widerruft Ehrendoktorat

UNI-Salzburg wird 375 Jahre alt
UNI-Salzburg wird 375 Jahre altAPA
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Dem Biologen Paul Eduard Tratz, Gründer des Hauses der Natur, wird 37 Jahre nach seinem Tod die Auszeichnung aberkannt.

In der Salzburger Bergstraße10 erinnert eine Tafel an den „Gründer und langjährigen Leiter des Hauses der Natur“: Biologe Paul Eduard Tratz, geboren 1888, gründete auch die Adria-Vogelwarte auf Brioni und das ornithologische Institut Hellbrunn, 1923 ernannte ihn die Uni Innsbruck zum Ehrendoktor, 1935 die Republik Österreich zum Professor.

Ein zweites Ehrendoktorat – verliehen 1973 von der Uni Salzburg – wurde Tratz nun 37 Jahre nach seinem Tod aberkannt, gemäß der Satzung der Universität, der Widerruf erlaubt, „wenn sich nachträglich ergibt, dass die Ehrung erschlichen worden ist“. Tratz habe seine „gravierende Verstrickung in nationalsozialistisches Unrecht“ verschwiegen.

Tratz war SS-Sturmbannführer und Träger des SS-Totenkopfringes, er war an Kulturraub in Ost- und Mitteleuropa beteiligt, wobei er Exponate für sein Haus der Natur requirierte. Und er war auch als Ideologe aktiv. Im Artikel „Kampf in der Natur“ im „SS-Leitheft“ betonte er 1943 die Überlegenheit des „arischen“ und „naturnahen“ Wesens und beklagte Beeinträchtigungen durch „fremdrassige Belastungen“. In einem anderen Artikel erklärte er das „Naturgesetz“, dass „Krüppel und Missgeburten rücksichtslos ausgemerzt werden“, ein Volk, das „gesund und kräftig“ bleiben wolle, müsse das „wenigstens in bedingtem Maße“ befolgen. Sein Buch „Natur ist alles“ wurde auf Befehl Himmlers an alle SS-Führer verteilt.

1945 wurde Tratz als Direktor des Hauses der Natur abgesetzt, er war zwei Jahre im Lager Glasenbach interniert. 1949 wurde er wieder zum Direktor bestellt. 1963 wurde er Ehrenbürger von Salzburg, der Naturschutzbund vergab von 1969 bis 1997 Eduard-Paul-Tratz-Medaillen.

Erst in den Nullerjahren erinnerte man sich der NS-Vergangenheit des Biologen. Das Haus der Natur versah die von Tratz 1943 geprägte Tibet-Schau mit einem Begleittext; Ex-Landeshauptmann Hans Katschthaler erklärte, dass Tratz „keineswegs nur ein Mitläufer“ war. 2008 erschien eine Arbeit namens „Museum für Himmler“ von Robert Hoffmann in der Zeitschrift „Zeitgeschichte“.

Nun erklärt der Senat der Uni Salzburg: „Die schlichte Streichung aus der Liste der Ehrendoktoren wäre eine Verfälschung der Geschichte. Stattdessen soll der Widerruf angemerkt werden.“ (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2014)

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