Rektoren warnen vor Entwertung des PhD

Clemens Fabry
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Der Wunsch der EU nach einer stärkeren Verschulung des PhD stößt auf Kritik. Es sei ein Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre.

Europäische Uni-Rektoren warnen vor einer Entwertung des PhD durch die Bologna-Reform. Grund sind Überlegungen, die Promotionsphase äußerlich und strukturell an Bachelor- und Masterstudium anzugleichen, indem etwa Lernziele für Doktoranden vorgegeben, Studienleistungen in ECTS gemessen und auf Wunsch der EU-Kommission auch "arbeitsmarktorientierte Zusatzqualifikationen" vorgeschrieben werden.

Als Reaktion auf diese Überlegungen von Bologna-Mitgliedsstaaten und EU-Kommission haben die Rektorenkonferenzen von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und Schweiz in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, "die eigenständige Forschungsleistung als Zentrum der Promotion beizubehalten" und davor gewarnt, "das Wesen der Promotion als erster Phase forschungsbasierter Arbeit" zu verwässern. Die Uni-Spitzen sehen in den Plänen einen Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre, der "das internationale Erfolgsmodell der Promotion" gefährde.

Doktorat als erste Stufe zum Wissenschafter

Auch die österreichische Universitätenkonferenz (uniko) bereitet derzeit eine Empfehlung vor, wonach auch künftig die selbstständige und individuelle Forschungsleistung beim Doktorat im Mittelpunkt stehe soll, erklärt die Vizevorsitzende des Forums Forschung der uniko und Vizerektorin der Uni Wien, Susanne Weigelin-Schwiedrzik, im APA-Gespräch. Das Doktorat sei eben nicht nur einfach eine dritte Stufe im Studienzirkel, sondern gleichzeitig eine erste Stufe in der Entwicklung zum selbstständigen Wissenschafter.

"Das ist auch Politik der Universität Wien", so die Vizerektorin. Dort werde darüber hinaus sehr intensiv darüber nachgedacht, wie man den PhD so gestalten kann, dass Doktoranden danach auch für außeruniversitäre Karrieren qualifiziert sind. So nehme die Uni Wien immer wieder an EU-Ausschreibungen teil, in denen sehr starke Vorgaben zu Beteiligung von nicht-universitären Einrichtungen gemacht werden und Doktoranden etwa Praktika in der Wirtschaft, im öffentlichen Dienst oder bei NGOs machen. Immerhin finden von 100 Doktoranden nur 25 bis 50 eine Post-Doc-Stelle im Forschungsbereich. An der Uni Wien selbst gebe es zwar noch keine institutionalisierten Modelle in diese Richtung. Aber man sei hier der Meinung, dass solche Modelle durchaus künftig in die Doktoratsprogramme integriert werden könnten, ohne deshalb die Forschung als zentrale Aufgabe des Doktorats infrage zu stellen.

Reform des PhD lässt noch auf sich warten

Bis zu einer tatsächlichen Reform des PhD auf europäischer Ebene dürfte es indes noch dauern. Bisher gebe es noch keine ausdrücklichen EU-Dokumente mit starken Empfehlungen für eine solche Weiterentwicklung des Doktorats, so Weigelin-Schwiedrzik. In der European University Association (EUA) werde allerdings die Frage der Öffnung für den außeruniversitären Arbeitsmarkt bereits sehr intensiv diskutiert, und die EU mache in ihren Programmen schon entsprechende Vorgaben. Eine Verschulung des Doktorats, wie in den USA teilweise am Beginn des Doktoratsstudiums üblich, steht aus ihrer Sicht derzeit allerdings nicht im Mittelpunkt. "Hier wird von den Hochschulkonferenzen in ihrer Erklärung etwas antizipiert, was vielleicht so kommen könnte. Zu begrüßen wäre eine Empfehlung, die den Kern des Doktoratsstudiums nicht verletzt und sich gleichzeitig den Realitäten des Arbeitsmarkts stellt."

(APA)

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