Ausländische Studenten: „Psychologische Versorgung in Gefahr“

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Mehr als 50 Prozent der Psychologiestudienplätze in Österreich gingen heuer an Deutsche. Nach dem Studium kehrt der Großteil in die Heimat zurück. Der Gesellschaft für Psychologie macht das Sorgen.

Wien. An die Warnungen vor einem Ärztemangel hat man sich in Österreich bereits gewöhnt. Nun schlagen auch die Psychologen Alarm: „Die psychologische Versorgung ist in Österreich langfristig in Gefahr“, heißt es aus der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie.

Das Grundproblem ist ein ähnliches wie bei den Medizinern: Österreich bildet an den Universitäten viele ausländische – großteils deutsche – Studierende aus. Die bleiben nach Studienabschluss aber (zu) selten hier. Österreich investiert also in deren Ausbildung, profitiert aber zu wenig davon. Dieses Problem ist bei den Psychologen sogar größer als bei den Medizinern. Bei Letzteren ist dem Zustrom der ausländischen Studierenden immerhin durch die Quotenregelung eine Grenze gesetzt. Drei Viertel der Medizinstudienplätze sind für Österreicher reserviert.

Anders in der Psychologie: Hier ist die Zahl der Deutschen seit Jahren hoch (siehe Grafik). Im laufenden Semester wurden von insgesamt 1230 Bachelorplätzen nur 546 an Österreicher vergeben. Es gingen knapp mehr als 50 Prozent der Studienplätze an Deutsche. Und deren Anteil könnte wieder steigen. Denn erst kürzlich drohten einzelne deutsche Universitäten damit, Psychologiestudiengänge zu schließen.

Das veranlasste einzelne Unis in Österreich bereits dazu, laut über eine weitere „Österreicherquote“ nachzudenken. Größer als für die Unis dürfte das Problem aber für das Gesundheitssystem sein. Befürchtet wird, dass viele Deutsche nach Abschluss des Psychologiestudiums in die Heimat zurückkehren und sich das negativ auf die psychologische Versorgung auswirkt. Eine Sorge, die (noch) nicht mit Zahlen untermauert werden kann.

Eine Vorahnung gaben aber die erst kürzlich vom Wissenschaftsministerium vorgelegten Daten zum Rückkehrverhalten deutscher Medizinstudenten in Österreich: Acht von zehn arbeiten demnach nach dem Studium nicht mehr hier. Auch die Gesellschaft für Psychologie warnt: „Es ist davon auszugehen, dass deutsche Studierende in den meisten Fällen nach dem Studienabschluss nicht die aufwendige postgraduale Ausbildung gemäß dem österreichischen Psychologengesetz aufnehmen, sondern nach Deutschland zurückkehren“, warnt Präsidentin Karin Landerl.

Europäische Lösung gefordert

Die sehr unterschiedlichen Ausbildungswege nach dem Studium sind mit Schuld daran, dass viele sofort nach dem Studium in die Heimat zurückkehren. Die in Österreich übliche Ausbildung zum klinischen oder Gesundheitspsychologen berechtigt in Deutschland nämlich nicht, als Psychologe zu arbeiten. Dort braucht man eine Ausbildung zum Psychotherapeuten. Die gibt es zwar auch in Österreich – jedoch wird auch die im Nachbarland nicht anerkannt.

Die Gesellschaft für Psychologie hält deshalb eine Quotenregelung wie bei Medizin nicht für die beste Lösung. Vielmehr wünscht sie sich eine europäische Gesamtlösung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2015)

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