Mit einem Festakt eröffnete Österreichs größte Uni den Reigen der 650-Jahr-Feiern. Zeitweise wähnte man sich dabei in einem Kostümfilm.
Vermutlich hätte man sich nicht gewundert, wären plötzlich drei Musketiere in den großen Festsaal der Universität Wien gelaufen. Denn zeitweise wirkte die Veranstaltung am Donnerstagvormittag wie das Set eines Kostümfilms: Talare in allen möglichen Formen und Farben, dazu Doktorhüte und Amtsketten. Es war ein seltenes Bild, all die Rektoren und Dekane heimischer und auch ausländischer Universitäten in ihren traditionellen Festgewändern versammelt zu sehen. Ein Bild, das dem feierlichen Anlass geschuldet war – der offiziellen Feier zum 650. Geburtstag der Universität Wien.
Österreichs größte Universität zelebrierte das Jubiläum jedenfalls im großen Stil – mit einem reichlich dekorierten Saal, Musik von der Balustrade und zahlreichen Ehrengästen. Im Publikum saßen unter anderem Bundespräsident Heinz Fischer, Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Nationalratspräsidentin Doris Bures, Vizebürgermeisterin Renate Brauner, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, Universitätsbeauftragter Alexander Van der Bellen, Vertreter mehrerer Glaubensgemeinschaften, unter anderem Kardinal Christoph Schönborn, und die Führungsriege des ORF mit Generaldirektor Alexander Wrabetz und Programmdirektorin Kathrin Zechner. Und natürlich die zahlreichen Rektoren und Dekane in ihren historischen Gewändern. Klassisch universitär war übrigens auch der für 11 Uhr avisierte Einzug unter Fanfarenklängen – er begann cum tempore, also mit einer akademischen Viertelstunde Verspätung.
Debatte um Rankings
Doch bei aller Tradition ging es trotz allem auch um die Gegenwart – erschien doch just am Geburtstag der Uni das „Times Higher Education World Reputation Ranking“ der 100 angesehensten Unis weltweit. Und erneut fand sich keine heimische Universität darin. „Lassen Sie sich nicht irritieren von Rankings, die immer wieder zitiert werden“, kommentierte das Minister Mitterlehner. Schließlich beruhten derartige Image-Rankings vor allem auf subjektiven Befragungen. Viel relevanter seien Fachrankings – und da sei die Uni Wien sehr gut aufgestellt. Doch auch beim internationalen Image insgesamt, glaubt Rektor Heinz Engl, werde die Uni zulegen. Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Veranstaltungen zum Jubiläum. Apropos Reputation – stolz präsentierte der Rektor im Vorfeld der Festveranstaltung ein Glückwunschschreiben, das von Papst Franziskus unterzeichnet war.
Jenseits von Festvorträgen und musikalischen Einlagen gab es rund um die Veranstaltung aber auch kritische Worte. So demonstrierten einige Lektoren vor der Uni gegen prekäre Dienstverhältnisse, indem sie Suppe ausschenkten. Motto: „Wer hat uns diese Suppe eingebrockt?“ Die ÖH Uni Wien wiederum entrollte im Stiegenhaus ein Transparent und sah angesichts „aktueller Missstände“, etwa Hürden im Studium und fehlende Frauenförderung, „keinen Grund zum Feiern“. Die Uni-Leitung hielt das jedoch nicht vom Feiern ab – bis Oktober sind weitere Veranstaltungen geplant. Die Talare werden bei den meisten davon aber im Kasten bleiben.
Auf einen Blick
Jubiläum. Die Universität Wien wurde am 12. März 1365 von Herzog Rudolf IV. („der Stifter“) gegründet. Die Uni begeht das Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen. Den Auftakt machte ein Festakt am Donnerstag im großen Festsaal der Universität, gefolgt von einer ökumenischen Vesper am Abend im Stephansdom. Bis in den Oktober hinein sind noch zahlreiche Veranstaltungen, etwa Symposien, Vorträge und Ausstellungen zum Jubiläum geplant.
Web: www.univie.ac.at/650
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2015)