WU: Mängel kosten 1,5 Millionen Euro

Arbeiten an der WU
Arbeiten an der WU(c) Stanislav Jenis
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Pfusch. Zwei Mal lösten sich Platten über dem Eingang eines Gebäudes am neuen WU-Campus. Ein Gutachten attestiert Montagefehler und Fahrlässigkeit. Die Fassade wird jetzt angenietet.

Wien. Die Fassade des Prestige-Universitätbaus bröckelt. Nachdem der neue Campus der Wirtschaftsuniversität Wien bei seiner Eröffnung 2013 als architektonisches Meisterwerk gefeiert wurde, verursachen Baumängel nicht einmal zwei Jahre später Kosten von 1,5 Millionen Euro.

Das von Stararchitektin Zaha Hadid entworfene Gebäude, das Learning and Library Center, ist das Herz des größten Universitätneubaus Europas – und steht schon seit Monaten im Gerüst. Im Juli vergangenen Jahres und im heurigen Jänner krachte jeweils eine 80 Kilogramm schwere Betonplatte von der Fassade – beide Male in der Ferienzeit, in der kaum Studenten am Gelände waren. Verletzte gab es keine. Im Februar löste sich dann noch in der Bibliothek eine 40 Meter lange Lichtschiene von der Decke und krachte auf die Arbeitstische der Studenten – die kamen mit dem Schrecken davon.

Nach dieser Reihe von Vorfällen ließ die Campus WU Gmbh, eine gemeinsame Tochterfirma der WU und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), das Haus zur Sicherheit einrüsten und gab ein Gutachten in Auftrag. Die Ergebnisse liegen jetzt im Rohbericht vor. Die Kosten, die durch die unsachgemäße Bauweise der Fassade entstanden sind, werden mit 1,5 Millionen Euro beziffert. „Es gab zähe, wochenlange – aber sehr konstruktive Verhandlungen zwischen den unterschiedlichen Beteiligten – vom Bauherrn bis zu kleinen Subfirmen, wer diesen Schaden jetzt bezahlt“, sagt BIG-Sprecher Ernst Eichinger. Man habe sich dann geeinigt, die Kosten zu teilen. Wer welchen Kostenanteil trägt, möchte er nicht sagen. „Es war Teil der Vereinbarung, dass wir nicht darüber sprechen. Wir alle sind froh, dass wir überhaupt zu einem Ergebnis gekommen sind, ohne einen teuren Prozess führen zu müssen.“

Die Fassade wurde von der Firma GIG Holding verantwortet, darüber hinaus attestieren die Sachverständigen aber auch weiteren Unternehmen beziehungsweise deren Subauftragnehmern Versäumnisse bei Sorgfalts- und Warnpflichten. Rektor Christoph Badelt sprach im Februar von „skandalösen Fehlleistungen“ und „Frustration“. Mit dem Ausgang der Verhandlungen ist er aber zufrieden: „Ich freue mich, dass eine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte, die auch langfristig wirkliche Sicherheit garantiert“, sagt er zur „Presse“. Bis zum Semesterbeginn sollen die Mängel behoben werden. Für jede einzelne der 2500 Fassadenplatten wurde ein Reparaturplan erarbeitet. Sie werden an bis zu zwölf Punkten angenietet, derzeit arbeiten daran bis zu 20 Handwerker auf sechs Hubbühnen.

Die Nettogesamtkosten des Baus beliefen sich laut BIG auf 492 Millionen Euro – 2008 war noch von einem Budget von 250 Millionen Euro die Rede. Der architektonisch außergewöhnliche Neubau der zweitgrößten Universität Österreichs startete dann Ende 2009 und wurde pünktlich zum Wintersemester 2013/14 fertiggestellt.

Zwischennutzung für alte WU

Der alte Standort in der Althanstraße in Wien Alsergrund war zuerst für die Zwischennutzung während des geplanten Parlamentsumbaus ab 2017 vorgesehen, eine Absichtserklärung wurde unterzeichnet, doch dann platzte der Deal. Daraufhin zogen Institute verschiedenster Universitäten in das Gebäude. So wird derzeit der nördliche Teil von der Universität für Bodenkultur als Ausweichquartier genutzt, weil umgebaut wird. Auch die Universität Wien ist mit verschiedenen Fakultäten eingemietet. Ein Gebäude wurde über den Winter als Flüchtlingsnotquartier genutzt – dort soll ab Herbst 2016 das Arbeits- und Sozialgericht einziehen, das Gebäude soll dafür noch heuer adaptiert werden.

Freie Flächen gibt es aber immer noch genug – eine Nachnutzung für die ab 1987 errichteten Gebäude zu finden ist auch deshalb nicht einfach, weil die Mauern voller Asbest sind. Jeder Umbau erfordert spezielle und kostspielige Maßnahmen. Die BIG will bis 2020 einen Masterplan für das Gelände hinter dem Franz-Josefs-Bahnhof erarbeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2015)

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