Kunstunis: Wird das Doktorat entwertet?

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Bald könnte es möglich sein, ein rein künstlerisches Doktorat ohne wissenschaftlichen Teil zu machen.

Graz. Die Kunst-Uni Graz befürchtet eine Entwertung des Doktorats. Anlass: In der Novelle des Uni-Gesetzes, die jüngst in Begutachtung geschickt wurde, ist auch ein künstlerisches Doktorat ohne wissenschaftlichen Teil vorgesehen – ein Vorhaben, das Vizerektorin Barbara Boisits für falsch hält.

„Ein Doktorat bescheinigt per definitionem auch eine wissenschaftliche Qualifikation“, sagt sie zur „Presse“. „Das ist nur möglich, wenn die Dissertation auch einen wissenschaftlichen Teil hat, der neue Erkenntnisse bringt.“ Nicht jedes Kunstwerk – ein Gemälde, eine Skulptur, ein Film – rechtfertige ein Doktorat. „Zudem wird ein künstlerisches Werk zwangsläufig nach subjektiveren Kriterien beurteilt als eine wissenschaftliche Arbeit“, sagt Boisits.

Zwar gebe es auch international rein künstlerische Doktorate. Insofern sei eine Nachfrage da, und Absolventen hätten womöglich auch bei der Besetzung von künstlerischen Professuren einen Vorteil. „Aber die österreichischen Kunst-Unis sind nicht gut beraten, diesen Weg nachzugehen“, sagt die Vizerektorin. „Weil das künstlerische Doktorat hier kein wissenschaftliches Fundament hat.“ Sie sieht das Modell ihrer eigenen Uni als Vorbild: Diese bietet ein künstlerisch-wissenschaftliches Doktorat an, also eine Kombination. „Das wird auch international sehr gut angenommen.“

Keine Kunst ohne Theorie

An der Universität für Angewandte Kunst in Wien sieht man das anders: Künstlerische Doktorate seien internationaler Standard, so Rektor Gerald Bast. Und: „Es ist ja nicht so, dass jemand drei Jahre lang ein Bild malt – sondern es gibt auch einen theoretischen Reflexionsprozess.“ Kunst sei ohne Theorie ja nicht mehr denkbar.

Auch an der Akademie der Bildenden Künste in Wien ist man dieser Meinung: Ein künstlerisches Doktorat schließe die Lücke zwischen Diplom und künstlerischer Habilitation, sagt Rektorin Eva Blimlinger. „Warum sollte es nicht möglich sein, dass Künstler mit der künstlerischen Arbeit und einer schriftlichen Reflexion ein Doktorat anstreben?“ (beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2015)

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