WU-Rektor Badelt: "Oberschicht könnte ruhig zahlen"

(c) Stanislav Jenis
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Der scheidende Rektor Christoph Badelt über die vielen SPÖ-Politiker, die für Schranken und Gebühren sind, eine „gewisse Verbitterung“ und den Belästigungsfall an der WU.

Die Presse: Freuen Sie sich schon auf freie Wochenenden, wenn Sie nicht mehr Rektor sind?

Christoph Badelt: Auf jeden Fall. Ich glaube, dass die Entscheidung zu gehen, richtig war. Das ändert nichts daran, dass es „mixed feelings“ sind, wenn man wirklich aus dem Amt scheidet.

Was wird Ihnen fehlen?

Das Schönste war schon die Möglichkeit zu gestalten.

Das könnten Sie ja als IHS-Chef.

Das sind zum Augenblick Spekulationen. Ich will auf jeden Fall ein Freijahr machen, weil es guttut, mich intellektuell durchzulüften.

Sie sind mit einer unrühmlichen Sache konfrontiert: Der WU-Professor, der Studentinnen belästigt hat, darf laut Disziplinarkommission weiter hier arbeiten. Was hätten Sie mit ihm gemacht?

Ich persönlich halte es nicht für akzeptabel, dass so jemand Professor an einer Uni ist. Wäre er ein Privatangestellter, hätten wir ihn gekündigt oder entlassen. Ich nehme zur Kenntnis, dass die Rechtslage im Augenblick eine andere ist. Daher kritisiere ich jetzt die Rechtslage – und hoffe, dass das etwas bewirkt.

Was werden Sie an der WU tun?

Es gibt eine Reihe an Weisungen, die verhindern sollen, dass private Kontakte zustande kommen. Wir verhandeln auch darüber, ob er sich nicht eine Weile zurückzieht.

Zu Ihrer Bilanz: Auf einer Skala von null bis zehn, in welchem Zustand übergeben Sie die WU?

Es wäre sicher vermessen, zehn zu sagen. Aber in einem sehr guten.

Wie viele hätten Sie erreicht, hätte die Politik Sie gelassen?

In den vergangenen 13 Jahren ist die WU vom Staat doch sehr positiv behandelt worden. Nicht nur, was den Campus angeht – auch die Budgets sind sehr stark gewachsen. Aber der offene Zugang beschäftigt uns nach wie vor und führt nach wie vor zu extremer Selektion – vor allem im Wirtschaftsrecht.

Vor anderthalb Jahren haben Sie gehofft, dass sich die Regierung vielleicht aufrafft, etwas zu ändern. Dass das nicht passiert ist, überrascht Sie nicht, oder?

Der Uni-Zugang ist nicht wichtig genug. Und dass sowohl Finanzen als auch Wissenschaft zuletzt stets ÖVP-Ressorts waren, hat der SPÖ die Möglichkeit gegeben, Populismus innerhalb der Regierung zu spielen. Konfrontiert mit faktischen Problemen hat sie gesagt: „Na, ihr müsst halt den Unis mehr Geld geben.“ Obwohl sie wussten, dass nicht viel mehr drin war. Das Paradoxe ist, dass viele SPÖ-Spitzenpolitiker im Gespräch sagen, sie verstünden meine Position – aber das andere sei halt Parteilinie. Das ist frustrierend.

Sie werfen der SPÖ vor, dass sie die Unis zur eigenen Profilierung ins Leere laufen lässt?

Es ist eine gewisse Verbitterung da. Aber wirklich wichtig hat die ÖVP das Thema auch nicht genommen. Und ihre sehr geringe Flexibilität beim Schulthema fördert das Misstrauen, dass die Bürgerlichen nur eine elitäre Uni wollen.

Sie haben schon mehrfach für einen Abtausch plädiert: Schulreform gegen Uni-Zugang.

Dass wir zu früh selektieren und insbesondere Kinder, die die Sprache vielleicht nicht so gut können, auf eine falsche Schiene stellen, ist leider die Wahrheit. Eine gemeinsame Schule wäre nötig, aber sehr teuer, wenn man vermeiden will, dass die bürgerlichen Sorgen einer Nivellierung nach unten Realität werden.

Die Budgetverhandlungen mit dem Ministerium laufen. Was wird die WU streichen müssen?

Wir sprechen derzeit intensiv über das Budget. Und sind leider noch ziemlich weit auseinander.

Fühlt man sich als Uni da wieder in einer Bittstellerposition?

Das ist ein Dilemma. Die Unis und die Forschung sind zu schlecht finanziert, aber ich weiß um die Budgetsituation. Obwohl man sich über manche Ausgaben schon sehr ärgert. Wozu brauchen wir den Koralmtunnel? Da fragt man sich, wird da das Geld hinausgeschmissen?

Auch im Uni-Bereich?

Die Linzer Med-Fakultät war sicher nicht das Dringendste für die Unis. Anders gesehen: Ich wünsche mir Bundespolitiker, die derart für ihre Unis kämpfen, wie die niederösterreichischen oder oberösterreichischen Landeschefs. Da sieht man, was man herausholen kann.

Woher soll das Geld kommen?

Die Finanzierung wäre einfacher, würde man Gebühren einführen und Stipendien, von denen man leben kann. Insbesondere Kinder aus der Oberschicht könnten ruhig ein bisschen was zahlen. Wenn man dafür sorgt, dass jene, die nicht aus reichen Familien kommen, keine finanziellen Barrieren haben. Und dass sie – hier geht es um die Schule – von Grund auf mehr Chancen auf höhere Bildung haben.

So argumentiert müsste die SPÖ dem ja voll zustimmen.

Eine große Zahl von SPÖ-Spitzenpolitikern hält Studiengebühren auch für richtig. Aber da hat man sich in ein Symbol hineingesteigert: Sie wurden zum ideologischen Kampfthema gemacht. Weil man etwas bekämpfen will – womit wir wieder bei der Haltung der ÖVP wären.

Was muss der Wissenschaftsminister noch dringend angehen?

Es braucht eine echte Studienplatzfinanzierung. Wir haben eine große Baustelle bei der Forschungsförderung, Stichwort FWF: Da verlieren wir eine ganze Generation von Wissenschaftlern. Und ich habe die Sorge, dass man – so in der Salamitaktik – nicht mehr ganz an die Autonomie glaubt. Das zeigt sich etwa in der UG-Novelle. Das Problem ist wohl: Die Politiker halten die Nachteile – dass nicht immer das passiert, was sie wollen – nicht aus.

ZUR PERSON

Christoph Badelt (64) tritt mit Ende September nach 13 Jahren an der Spitze der Wirtschafts-Uni ab. Mit ihm verlässt eine mitunter streitbare Persönlichkeit den Campus. Der Volkswirt wird als möglicher neuer IHS-Chef gehandelt. Eine positive Nachricht kann er vor dem Abschied verbuchen: In der Bewertung der besten Managementprogramme durch die „Financial Times“ rangiert die WU auf Platz 13 von 80 gereihten europäischen Wirtschaftsuniversitäten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2015)

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