Wiener Privat-Uni will ein eigenes Jusstudium bieten

Die Sigmund-Freud-Privatuniversität steht in Sichtweite des rot-orangen Juristengebäudes der WU Wien.
Die Sigmund-Freud-Privatuniversität steht in Sichtweite des rot-orangen Juristengebäudes der WU Wien. Clemens Fabry / Die Presse
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Die Sigmund-Freud-Privatuniversität, die unter anderem schon ein kostenpflichtiges Medizinstudium anbietet, möchte auch Juristen ausbilden. Die Akkreditierungsagentur prüft.

Wien. Soll es in Wien eine weitere Möglichkeit geben, Rechtswissenschaften zu studieren? Die Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU) bemüht sich um die Genehmigung, schon ab nächstem Wintersemester ein kostenpflichtiges neues Jusstudium neben der Universität Wien und – in diesem Fall auch örtlich betrachtet – neben der WU Wien anzubieten. Es ist allerdings fraglich, ob sich die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) für die Zulassung durch Wissenschaftsminister Vizekanzler Reinhold Mitterlehner aussprechen wird.

Die SFU ist am Freudplatz direkter Nachbar des WU-Campus in der Leopoldstadt. Ihr Jusstudium soll anders als das Diplomstudium an der Uni Wien, aber wie das Wirtschaftsrecht an der WU nach der Bologna-Architektur aufgebaut sein, also mit Bachelor- und Masterstudium. Von den bestehenden Studien will sich die Privat-Uni durch einen stärkeren Praxisbezug und durch mehr „Training in Persönlichkeitskompetenz“ abheben, wie SFU-Rektor Alfred Pritz sagt. Er habe oft die Klage gehört, dass das Jusstudium „wenig mit der Wirklichkeit der Juristen zu tun“ habe. „Diese Wirklichkeit wollen wir hereinholen“, sagt Pritz zur „Presse“.

Zum Teil wäre die Privat-Uni allerdings auch auf Praktiker angewiesen: Denn es ist nicht leicht, Wissenschaftler zu engagieren. So hat etwa die Uni Wien, die mit dem Ansturm an Jusstudierenden kaum zurande kommt, ihren Mitarbeitern untersagt, auch für die SFU zu arbeiten. „Es ist bekannt, dass die Zahlenrelation Studierende/Lehrende bei uns nicht gut ist“, erklärt Paul Oberhammer, Dekan der Jusfakultät. „Es erscheint mir nicht darstellbar, wenn Leute, die bei uns beschäftigt sind, parallel an der SFU Lehrveranstaltungen für die glücklichen wenigen abhalten, die dafür zahlen können“, so Oberhammer. „Die Optik wäre nicht gut.“

Konkurrenzverbot an Uni Wien

Unter den Mitarbeiterinnen, die dem Konkurrenzverbot unterliegen, ist Bea Verschraegen, Professorin am Institut für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung. Die gebürtige Belgierin hat das Masterstudium konzipiert und sich dann zurückgezogen, Verfassungsrechtsprofessor Bernd-Christian Funk den Bachelor. Funk ist bereits emeritiert und hätte deshalb kein Problem, an der SFU zu lehren. Emeriti wie Funk und wissenschaftlich ausgewiesene Praktiker sollen den SFU-Lehrkörper bilden.

Inhaltlich würde die SFU auf eigene Lehrveranstaltungen über Rechtsgeschichte verzichten und sich stark international und europäisch ausrichten, „damit man sich im Unionsrecht endlich zu Hause fühlt“, sagt Verschraegen. In drei Gutachten aus Deutschland und der Schweiz wurde das Konzept als sehr gut bewertet, die geplante Ausbildung als wünschenswert, berichtet Funk. Auch die Vertreter der juristischen Kernberufe – Richter, Anwälte, Notare – haben sich positiv dazu geäußert. „Wir haben den Studienplan überprüft, und er hat den Anforderungen an die Ausbildung eines Volljuristen genügt“, sagt etwa Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags. Nach mehr sei man bisher nicht gefragt worden.

Dem Vernehmen nach vermisst die AQ Austria aber verbindliche Zusagen, dass fertige Master einst als Berufsanwärter zugelassen würden. Notariatskammer-Präsident Bittner bestätigt, dass eine solche Zusage erst dann möglich sei, wenn das Studium bereits laufe. Ähnlich zurückhaltend zeigt sich vorerst das Justizministerium. Jus-Dekan Oberhammer meldet indes persönliche Zweifel an, dass sich allein mit Studiengebühren (die Rede ist von 8000 Euro pro Semester und einer Größenordnung von 50 Anfängern) eine vollwertige Fakultät finanzieren lässt. Würde man sich auf die staatlichen Unis verlassen, wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, Kompetenzen aufzubauen und Bibliotheken zu führen, sei dies „zu einem gewissen Grad Trittbrettfahren“.

An der WU sieht man das Thema unterschiedlich: „Ich gehe davon aus, dass die SFU gegebenenfalls so fair sein wird, dafür zu sorgen, dass ihre Studierenden nicht unsere Infrastruktur in Anspruch nehmen“, sagt Vizerektor Michael Lang. Departmentleiter Michael Holoubek (Öffentliches Recht) zeigt sich großzügiger: „Unsere Bibliothek ist öffentlich. Wir weisen auch keine Kolleginnen vom Juridicum ab – und umgekehrt.“

Auf einen Blick

Die Sigmund-Freud-Privatuniversität, die unter anderem seit dem laufenden Wintersemester ein kostenpflichtiges Medizinstudium anbietet, möchte ab dem Wintersemester 2016/17 auch Juristen ausbilden. Das beabsichtigte Studium der Rechtswissenschaften ist nach der Bologna-Struktur aufgebaut, besteht also aus Bachelor- und Masterstudium. Der Abschluss wäre demnach ein Master of Laws, abgekürzt LL.M. Die offizielle Zulassung des Studiums durch Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner steht allerdings aus. Die Akkreditierungsagentur prüft noch die berufliche Verwertbarkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25. Jänner 2016)

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