Neues Masterprogramm für Übersetzer

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Unter dem Begriff Translationswissenschaft wird die akademische Auseinandersetzung mit Dolmetschen und Übersetzen zusammengefasst – und in Wien auch gleich in einem Studium vereint.

Mach eins aus zwei“ könnte der Slogan hinter dem neuen Masterstudiengang Translation heißen, der seit dem Wintersemester 2015/16 an der Universität Wien angeboten wird. Bis dato mussten Studenten den Master Übersetzen parallel zum Master Dolmetschen belegen, beide Studiengänge komplett absolvieren und zwei eigenständige Masterarbeiten schreiben. Zumindest dann, wenn sie für einen beruflichen Alltag gewappnet sein wollten, der häufig Kompetenzen aus mehreren Schwerpunkten der Translationsbranche verlangt. Der neue Master an der Uni Wien soll nun die Stärken der beiden Programme bündeln. „Unser Hauptziel war eine Flexibilisierung des Studiengangs“, bringt es Studienprogrammleiterin Alexandra Krause auf den Punkt.

Mehr Spielraum bei Sprachen

Fachübersetzen und Sprachindustrie, Übersetzen in Literatur, Medien und Kunst, Dialog- sowie Konferenzdolmetschen lauten die vier Schwerpunkte. Neuerdings kann auch mit Deutsch und einer Fremdsprache studiert werden, während zuvor zusätzlich zu Deutsch zwei Fremdsprachen notwendig waren. „Dies gibt Quereinsteigern wie etwa Bachelorabsolventen der Sinologie die Möglichkeit, sich zum Beispiel als Fachübersetzer in Deutsch/Chinesisch ausbilden zu lassen“, so Krause.

Auch ausländische Studierende mit ausgezeichneten Deutschkenntnissen und einem einschlägigen abgeschlossenen Bachelorstudium interessieren sich vermehrt für das neue Masterprogramm, da für die eine Fremdsprache nunmehr der Nachweis eines abgeschlossenen (Bachelor-)Studiums im Land der betreffenden Sprache ausreicht. Neu ist außerdem die Möglichkeit, im Schwerpunkt Konferenzdolmetschen Deutsch und drei Fremdsprachen – bislang Deutsch und zwei Fremdsprachen – zu studieren. „Dadurch werden unsere Masterabsolventen im Bereich der EU-Dolmetschdienste bessere Chancen haben“, ist Krause überzeugt. Einschlägige Masterausbildungen können in Österreich auch in Graz und in Innsbruck absolviert werden. Sowohl am Grazer Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft (Itat) als auch am Innsbrucker Institut für Translationswissenschaft (Intrawi) setzt man allerdings nach wie vor auf getrennte Angebote. „Wir haben die beiden Master Übersetzen beziehungsweise Dolmetschen auf dem Studienplan“, erklärt die Institutsleiterin Hanna Risku von der Karl-Franzens-Universität Graz. An der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck stehen mit Fachkommunikation, Literatur- und Medienkommunikation sowie Konferenzdolmetschen wiederum drei Möglichkeiten der Spezialisierung zur Auswahl.

Wer im Ausland vergleichbare Studiengänge zum Master Translation der Universität Wien sucht, wird in Italien fündig. An der Università degli studi di Trieste trägt der zweijährige Master den Titel „Corso di Laurea Magistrale in traduzione specialistica e interpretazione di conferenza“ und sieht einen für Fachübersetzen und Konferenzdolmetschen gemeinsamen Abschnitt und erst danach Fachvertiefungen vor.

Ähnliche Konzepte werden auch in Australien gefahren. An der Monash University in Melbourne baut der Master of Interpreting and Translation Studies auf zwei Spezialisierungen auf, einen reinen Übersetzermaster Translation und einen Master Interpreting and Translation.

An möglichen Berufsbildern herrscht für die Absolventen auf dem Feld der Translationswissenschaft kein Mangel. Die Palette reicht vom Gerichtsdolmetscher (Tätigkeit für die Justiz; Dolmetschen sowie Übersetzen von Akten und Urkunden) über den Fachübersetzer, literarischen Übersetzer und Experten für Untertitelung bis hin zum technischen Redakteur oder Terminologen (Untersuchung der begrifflichen Struktur eines Fachgebietes, Erstellung von Nachschlagewerken für Fachbegriffe). Von großem Aktualitätsbezug ist das sogenannte Community Interpreting, das unter den Schwerpunkt Dialogdolmetschen fällt und das zum Beispiel Jobs im Krankenhaus, bei der Polizei oder bei der Flüchtlingshilfe erschließt.

Seltene Kombinationen gefragt

Besonders gefragt sind dabei Dolmetscher mit seltenen Sprachkombinationen. Stets im Fokus des Interesses von Translatoren steht zudem die Tätigkeit des Konferenzdolmetschers, der zumeist im Bereich des Simultandolmetschens bei Vorträgen, Reden und Diskussionen eingesetzt wird.

„Wir wissen aus Erfahrung, dass dieser vermeintliche Traumberuf ein hohes Prestige genießt. Wir wissen aber ebenso, dass die Mehrzahl unserer Absolventen in anderen Berufen unterkommen“, sagt Alexandra Krause. Beim Masterstudiengang Translation an der Uni Wien habe man auch deshalb Konferenzdolmetschen bei den Schwerpunkten an die letzte Stelle gereiht.

Web:http://transvienna.univie.ac.at,

www.uibk.ac.at/translation,

.translationswissenschaft.uni-graz.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)

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